Kapitel 62

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"Was war das?" kommt es nun von Jonah, nachdem er mich zu sich gebracht hat und stillschweigend die Fahrt hinter sich gebracht hat. Wahrscheinlich war er die ganze Zeit genauso in Gedanken versunken, wie ich es war. Ich kann nicht glauben, dass er es so mitbekommen musste und vor allem kann ich nicht glauben, dass ich jetzt nicht mehr zurück nach Hause kann. Was mache ich denn jetzt?

In diesem Haus hat sich mein gesamtes Leben abgespielt, ich bin dort aufgewachsen und habe dort viele meiner schönsten und schlimmsten Momente durchlebt. Das kann doch jetzt nicht vorbei sein?

"Das waren meine Eltern." antworte ich schließlich einfach auf Jonahs Frage und er guckt mich besorgt an, bevor seine Hand zu meiner Wange wandert und vorsichtig drüberstreicht. Ich würde ihm gerne sagen können, dass er sich keine Sorgen um mich machen muss und das ich mit dieser Situation gut zurecht komme, aber das kann ich nicht. Ich weiß nicht wo ich jetzt hin soll, ich habe meine Eltern verloren und das tut weh, obwohl ich mich nicht mal gut mit ihnen verstanden habe. In diesem Moment wird mir klar, dass es vorbei ist. In diesem Moment akzeptiere ich, dass meine Eltern sich nie ändern würde und das ich es mit meiner Aktion nur noch schlimmer gemacht habe. Das Gefühl erfüllt mich, dass ich nicht mehr nach Hause gehen kann. Vor allem aber das ich es nicht will. Meine Eltern haben mir mein Leben versaut und ich trauere ihnen trotzdem hinterher? Bin ich eigentlich noch ganz normal?

Mein Blick trifft erneut Jonahs und ich würde gerne stark bleiben und würde ihm gerne nicht noch mehr Sorgen bereiten. Stattdessen aber spüre ich wie sich die Tränen langsam aber sicher in meinen Augen sammeln und ich realisiere erst jetzt richtig, was da eben passiert ist.

"Ich habe meine Familie verloren." flüstere ich fassungslos und gucke Jonah an, welcher sich nun neben mich aufs Bett fallen lässt. Ein Schluchzen entfährt meinen Lippen und die erste Träne löst sich aus meinem Augenwinkel, während mir tausende Gedanken wie Blitze durch den Kopf gejagt werden. Der Schock macht sich in mir breit und ich spüre ihn durch alle meine Knochen. "Dabei hatte ich nie eine."

"Es tut mir so Leid. Ich wusste das alles nicht." kommt es leidend von Jonah und ich spüre wie er mich vorsichtig in seine Arme zieht. Wie sollte er auch davon wissen, ich habe ihm ja nie etwas in der Richtung erzählt. Er hatte eindeutig genug eigene Probleme, da brauchte er nicht auch noch von der Sache erfahren. Das macht ihm das Leben nur noch schwerer.

"Es tut mir leid." entgegne ich stattdessen und kralle mich mit meinen Händen in seinem T-Shirt fest. Ich hätte ihn da nicht mit reinziehen dürfen, es belastet ihn, das merkt man deutlich.

"Hey." antwortet er daraufhin aber direkt und zwingt mich somit ihn wieder anzusehen. Vorsichtig legt er eine Hand auf meine Wange und fährt mit seinem Daumen über meine Unterlippe, was ein Kribbeln in meinem Bauch hervorruft. Unverzüglich schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ich bin ein Stück weit von meinen Sorgen befreit. Wie ich diesen Jungen liebe.

"Ich hab doch gesagt wir gehen zusammen unter." führt er seine Worte fort und lächelt mich leicht an, was ich nur erwiedern kann. Da hat er wahrscheinlich sogar Recht gehabt. Nur werden wir Beide das zusammen hinbekommen. Er wird für mich da sein, genau wie ich für ihn da sein werde. Ich weiß noch nicht, wie ich die momentane Situation lösen soll, aber mir wird schon was einfallen, da bin ich mir sicher. Bis dahin werde ich mich einfach darauf konzentrieren, was mich glücklich macht und vor allem was mir Halt gibt.

Durch das Klingeln meines Handys werde ich aus den Gedanken gerissen und sofort krame ich es aus einer Tasche, welche ich ihm Eifer des Gefechts zusammengepackt habe. Als ich den Namen von Louis auf dem Display aufleuchten sehe durchfährt mich sofort eine Art der Erleichterung. Ich weiß nicht wovor genau ich Angst gehabt habe, vielleicht davor das er sauer ist, weil ich die Situation so eskalieren lassen habe oder weil ich einfach abgehauen bin. Jetzt bin ich aber einfach nur froh über seinen Anruf.

Schnell nehme ich ab und führe das Handy an mein Ohr.

"Louis?" frage ich sofort.

"Wie geht es dir?" fragt er darauf hin und scheint mindestens genauso besorgt zu sein, wie Jonah vorhin.

"Ganz okay. Ich weiß nicht was ich jetzt machen soll." gestehe ich daraufhin sofort und er atmet einmal gequält ein und wieder aus. Man merkt wie nah ihm das hier geht, es macht ihn mindestens genauso fertig wie mich.

"Hör mir zu: Ich lasse mir was einfallen, okay? Wir kriegen das hin und es ist mir egal, was Mama und Papa dazu sagen. Ich bleibe bei dir." Seine Worte berühren mich und in diesem Moment bin ich mal wieder überglücklich, dass ich Louis habe. Ich bin glücklich, dass Jonah mich damals gerettet hat und ich bei Louis bleiben konnte. Wir brauchen einander.

"Danke Louis." flüstere ich mehr als dankbar und würde ihn am Liebsten direkt in die Arme nehmen, stattdessen aber nehme ich mir vor das wann anders nachzuholen.

"Bist du bei Jonah?"

"Ja bin ich, wieso?"

"Kann ich ihn kurz sprechen?" verwirrt gucke ich Jonah an, welcher ebenfalls verwirrt mit den Schultern zuckt, dann aber sofort nickt.

"Okay." sage ich also und gebe ihm das Handy.

"Hey." sagt dieser nur und schon höre ich Louis leise reden. Auch wenn das Handy keinen Lautsprecher an hat, kann ich mit etwas Mühe verstehen, was er sagt.

"Hey. Kann Lia für ein paar Tage bitte bei dir unterkommen? Ich schätze mal du hast jetzt alles mitbekommen und ich verspreche dir auch, dass ich so schnell wie möglich eine andere Lösung finden werde. Aber kann sie bitte vorerst bei dir bleiben?" fragt er schnell und ich merke, dass es ihm irgendwie unangenehm ist, vielleicht weil er bisher noch keine andere Idee ist. Trotzdem macht es mich überglücklich zu wissen, dass er hinter mir steht. Er tut wirklich alles, um zu wissen, dass es mir gut geht und das ich sicher bin.

"Klar. Lass dir Zeit." antwortet Jonah mit einem liebevollen Seitenblick zu mir und mein Herz schmilzt bei dieser Geste.

His smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt