Gleiche Kneipe

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"Lass uns doch Elli und Sarah abholen...", sagte Lukas zu Tim, als sie kurz vor den Mauern Berlins waren.

"Neee, lass die mal in Ruhe. Sie geht ja nicht umsonst weg von hier. Sie hat versprochen, sie ist morgen da und dann wird sie es auch. Lass uns doch mal einen gemütlichen Männerabend machen."

Lukas hatte zwar keine große Lust darauf, denn er wollte seine Freundin in seiner Nähe haben. Seitdem sie offiziell ein Paar waren, waren sie nie getrennt voneinander. Das würde heute die erste Nacht sein, in der sie sich nicht gegenseitig Liebe schenken könnten.

Währenddessen in Marzahn:
"Was soll ich denn anziehen?", fragte Sarah aufgeregt, denn schon lange hatten die beiden keinen Mädelsabend mehr. Zwar begann dieser mit einem ernsten Gespräch, doch so langsam taute alles auf und die Nacht wartete auf die beiden.

"Keine Ahnung... Zieh deinen schwarzen Klamotten an, wie immer. Was anderes hast du ja garnicht. Aber eigentlich ist das auch nicht schlecht. Groß Wäsche trennen musst du nicht.", grinste ihr Elli entgegen und erntete ein Lachen.
Die beiden waren bereit für eine Nacht, die sie lange nicht erlebten. Vielleicht sogar eine Nacht, über die sie mir wieder reden würden, weil sie einfach zu heftig werden würde. Denn Elli durchschoss die Lust zu feiern. Alles zu vergessen, alle Sorgen der letzten Stunden, Wochen, Monate.
Auch ohne Alkohol konnte Elli ordentlich feiern, sodass sie es sich nicht nehmen ließ, mit dem Auto zu fahren. Es war einfach bequem und auf Straßenbahn hatte eh keiner der beiden Lust.
"Mädelsabend, Mädelsabend, hey hey...", schreiten beide im Chor, als sie den Parkplatz verließen.

"Männerabend, Männerabend, hey hey...", brüllte im gleichen Atemzug Tim, in einem ganz anderen Auto in eine völligst anderen Ecke der Stadt. Lukas begab sich nicht auf dieses Gesangsniveau hinunter und grinste nur bei der Situation. So hatte er Tim noch nie erlebt. Irgendwie eigenartig.
Nach einigen Minuten parkte Tim genau vor der Kneipe, in der sie immer waren. Normalerweise platzte die Straße in Sachen Parkplätzen komplett aus den Nähten, doch heute war es anders. Alle waren bei ihren Familien, außer ein paar leere Seelen, die sich ihren Frust von der Seele spülten mit ordentlich viel Prozenten.

"Mein Gott, ich komm mir vor, wie ein Versager, wenn ich die anderen Leute hier so sehe...", sagte Lukas besorgt, als er sich die anderen Kneipengäste so anschaute. Es waren wirklich nur Leute, die ihr Leben nicht mehr im Griff hatten und dieses sie schon gezeichnet hatten.

"Was soll dass den heißen, du Vogel?", hörte Lukas plötzlich eine Stimme hinter sich sagen. Er wusste, dass es kein Stress geben würde, denn die Stimme kam ihm sehr bekannt vor.
Er drehte sich Rum und Basti stand vor ihn.
"Ich schwöre dir, damit habe ich nix zu tun...", versprach Tim, der eigentlich immer alle zu irgendwelchen Events einlud. Doch der unschuldige Blick, den er sonst nicht beherrste, verrut Lukas, dass es sein voller Ernst war.
Mit lauten einschlägen begrüßten sich die Jungs.
"Was los, heute ohne Haustier unterwegs? Hast hoffentlich einen Schildkröten Sitter gefunden?", scherzte Basti, der sich nun seiner Jacke erledigte und sich zu den beiden setzte.
"Ganz schlechtes Thema heute...", flüsterte Tim zu Basti rüber, doch durch die Laute Musik, verstand er es kaum, konnte aber hinein interpretieren, dass irgendwas vorgefallen sein muss.
"Was los? Unsere neue Angestellte in Gefahr?", fragte er neugierig weiter nach. Lukas verdrehte die Augen. Die Geschichte musste nun nicht jeder wissen.
"Lass gut sein...", sagte Tim laut und bestimmt. Selten hatte man ihn so gesehen. Lukas verstand, dass er in Tim mittlerweile einen richtig guten Freund gefunden hatte, der ihn auch in Schutz nahm. Anfangs tat er sich mit den Jungs noch schwer doch allmählich entwickelte sich so etwas von besten Freunden.
Basti ließ nach der Ansage das Thema auch fallen und kümmerte sich um das leibliche Wohl der Band.
"Meister, bringste uns drei Bier und drei Korn?", brüllte er quer durch die Kneipe und ein nicken des Herren, bestätigte die Bestellung.
"Neee, mach mal vier.", erhob sich wieder eine Stimme und auch das letzte Mitglied Trailerparks stand nun vor dem Stammtisch.
Alle begrüßten sich und auch Lukas war mehr als freundlich. Doch wahrscheinlich lag es nur daran, dass sein Kopf voll anderer Sachen war und er keine Kraft hatte, sich wieder künstlich über Steven aufzuregen. Die letzte Zeit war da auch alles ruhig, sodass nun vielleicht Besserung in Sicht war.

"Und auf was hast du Bock?", fragte Elli Sarah, als beide ziellos durch die Gegend fuhren.

"Häh? Weiß ich doch nicht, du wolltest doch raus, feiern gehen..."

"Jaaa schon, aber wo? Disco muss nun nicht so wirklich sein. Einfach irgendwo entspannt was trinken..."

"Mhhh ich weiß nicht... Lass einfach die Augen offen halten, wo was geht.", schlug Sarah vor und Elli befolgte den Plan.

Die Straßen Berlins waren tot, es wäre schön, wenn es immer so wäre. Scheinbar Weihnachten eine gute Zeit, um sich die Stadt anzuschauen vom Auto aus, ohne dass man groß auf den Verkehr achten musste.
Die meisten Szenekneipen waren bis unters Dach gefüllt, dass sogar die Leute draußen anstanden. Die Mädels hätten es nicht für m8gkichn gehalten, dass sowas passieren würde. Eher waren sie der festen Überzeugung, dass sie irgendwo alleine die Zeit verbringen würden, doch da hatten sie sich getäuscht.
Ihre Fahrt ging Kreuz und Quer durch Berlin und alle Kneipen, die einen guten Ruf besaßen, waren knüppelvoll.
"Eigentlich bleibt jetzt nur noch eine Option...", sagte Sarah und Elli wusste, was das heißen sollte. Sie nickte rüber und steuerte mittlerweile zielsicher Lukas' Auto durch die kalten Straßen.
Auch die beiden zog es vor die altbewährte Kneipe und beide stiegen aus.
Plötzlich erstarrte Elli.
"Was ist denn los? Komm schon, es ist kalt...", meckerte Sarah und tippelte umher, um sich aufzuwärmen.
"Ich weiß nicht... Da steht Tim's Auto. Darauf hab ich jetzt keine Lust. Was soll ich ihm sagen, wo Lukas ist? Ich kann ihm nicht die Wahrheit sagen. Sowas mache ich nicht, ohne das Lukas auch weiß, wen ich es erzähle.", sagte Elli und versuchte durch die Milchglasscheibe irgendwas zu erkennen.

"Du weißt doch garnicht, ob er hier ist, vielleicht besucht er nur jemanden in der Nähe... Wohnt hier nicht auch Steven irgendwo?", Versuche Sarah zu beruhigen.

"Ja, schon... Aber das ist doch die Stammkneipe, es ist schon sehr wahrscheinlich, dass er hier ist..."

"Los, lass jetzt rein gehen... Dann sagen wir halt, dass der erste Weihnachtsfeiertag traditioneller Mädelstag bei uns ist..."

Elli sträubte sich noch ein wenig, doch dann verschlug es sie doch mit hinein. Denn nach dem ganzen gefahre, wollte sie nun doch nicht wieder heim, sondern endlich einen Platz finden, an dem die Mädels ihren Abend genießen konnten.
Ihre Jacken wanderten an den Kleiderständer direkt an der Tür und dann machten sie es sich an der Bar bequem, eine Ecke, die von dem üblichen Stammtisch nur schlecht einsehbar war.

Teufelskreis 3 (Alligatoah FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt