Teufelskreis 3 (Alligatoah FF)

Duracell Hase

Der Abend schritt immer weiter vorran und die Stimmung wurde von Lied zu Lied besser. Vielleicht aber auch, weil es Elli schaffte, Steven komplett auszublenden. Er war einfach garnicht da für sie.
Sie beachtete nur die anderen drei, mit denen sie laut um die Wette sang.
Einige bedauernswerte Blicke sammelte Sudden von den anderen, außer Lukas, aber doch.
Innerlich kochte Steven, als sich Elli auf Lukas Schoß plumpsen ließ, doch trotz des ganzen Alkohols, blieb er ziemlich entspannt, wenn auch nur äußerlich.
Vielleicht provozierte Elli, ihren ehemals besten Freund, auch extra unterbewusst. Einfach um zu sehen, wie er reagiert und mit der Situation umgeht. Doch es passierte nichts.
Gott sei Dank. Wer weiß, wie das alles wieder geendet hätte, wenn Steven keine Ruhe bewart hätte.

Gegen vier Uhr morgens, ließ der Alkohol Elli so ermüden, dass sie sich mit Lukas auf den Weg in seine Neuköllner Wohnung machten.
Das Auto ließen sie natürlich stehen und gönnten sich den dreißig minütigen Heimmarsch. Frische Luft hat immerhin noch nie geschadet.
Nachdem sich alle verabschiedet hatten, der eine herzlicher, der andere weniger, zogen sie los.
Lukas zog seine Kapuze des Hoodies tief ins Gesicht, hatte er doch wenig Lust erkannt zu werden.
Hand in Hand ging es die ersten Meter, der Straße entlang, bis Lukas seine Elli dann Huckepack nahm und sie wild jubelnd alles genoss.

"So ein elender Bastard... Ich hasse ihn!", sprudelte es nun aus Steven raus, der die ganze Szene von Tim's Balkon aus beobachtete. Von diesem Balkon aus, hatte man eine gute Sicht auf die ganze Straße, die Lukas und Elli bestreiten mussten.
Steven war also immer noch nicht über alles hinweg, sonder kompensierte alles in Hass gegenüber Lukas. Weniger gegenüber Elli.
Außerdem erinnerte ihn die Situation mit dem Huckepack nehmen, sehr an die Zeit, in der er mit Elli unterwegs war. Gerade frisch nach ihrer Trennung und unmittelbar vor ihrem Kuss.
Plötzlich klopfte es ihm von hinten aufbauend auf die Schulter: "Ach komm, lief doch gut heute. Hast dich echt zusammen gerissen!", sagte Tim. Er hatte wirklich immer für jeden ein gutes Wort übrig, auch wenn ihn das ganze Thema schon ziemlich nervte.
Steven nickte nur und sah die beiden am Ende der Straße verschwinden.
Wie soll das bloß alles noch Enden? Wird es Steven jemals schaffen, Elli los zu lassen und den Hass gegenüber Lukas zu regulieren? Es muss einfach abgewartet werden.

Einige Zeit ging ins Land.
Lukas und Elli sind nach einem langen Schlaf, wieder vollkommen nüchtern in ihrem Domizil in Brandenburg angekommen und mussten mit erschrecken feststellen, dass ihnen der Alkohol schwer zu schaffen machte.
Komplett kaputt, von der Feier, gammelten sie einige Tage einfach so ab. Auch Lukas schien die Party Nacht, gut zugesetzt zu haben, denn ansonsten hätte er nie die Proben für die Tour ausgelassen.

Nun waren es nur noch drei Tage bis zur Auftakt Show in Bielefeld, die weit vor allen anderen Konzerten, statt fand.
Lukas hing im provisorischen Proberaum mit BattleBoi ab und Elli versuchte so gut es ging zu kochen und nebenher die Route für Bielefeld zu planen. Ein typischer Tagesablauf im Hause Strobel / Schmitz.
Manche würden das vielleicht als langweilig betiteln, doch so war es für Elli definitiv nicht. Denn immer mehr verstand sie die Welt der Soßen und wie eine kleine Zutat, eine Soße so binden kann.
Elli liebte plötzlich das Kochen und wurde von Tag zu Tag besser.
Sie erntete keine Grimassen mehr, wenn der erste Löffel im Mund landete und der Geschmack sich langsam ausbreitete.
Oma Strobel hat sicher einen großen Teil dazu beigetragen.

Einen Tag vor der Reise nach Bielefeld, besorgten Tim und Lukas einen Transporter, mit dem Elli das ganze Bühnenequipment und die beiden Herren zum Konzert transportieren sollte.
Lukas war schon sehr gespannt, wie seine Freundin mit dem großen Transporter umspringen würde, denn im Auto war es immer sehr aufregend. Er war froh, dass der Transporter, nicht annähernd so schnell fahren konnte, wie sein Auto.

Alles war eingepackt und die letzte Nacht zu Hause stand an. Zwar wäre am nächsten Abend lediglich die Anreise, trotzdem schien Lukas sehr nervös und fand keinen Schlaf.
Elli bemerkte das und versuchte ihn zu beruhigen:
"Schätzchen, alles wird gut! Die Leute sind wegen dir da, also egal was du machst, sie lieben dich eh!"

"Ach du hast leicht reden. Was ist, wenn der Text plötzlich weg ist oder Technik ausfällt?"

"Das wird schon nicht passieren und wenn doch, du bist ein Profi, was Improvisation angeht. Das wird alles gut und Basti haste doch auch noch dabei."

"Was soll denn Basti da richten? Wen ich raus bin aus der Alligatoah Rolle, dann bin ich raus."

"Jetzt red dir nicht das schlechte ein. Glaub mit doch einmal... Alles wird gut! Du bist der beste Künstler, den ich kenne. Du hast monatelang geprobt, du kannst die ganze Show im Schlaf abspielen..."

Es war garnicht so leicht, Lukas von sich selbst zu überzeugen. Elli kuschelte sich an ihn und begann ihm sanft die drei Brusthaare zu kraulen, die er vorweisen konnte. Er mochte das, dass wusste Elli auch. Zunehmend beruhigte er sich und irgendwann fanden beide den Schlaf, den sie benötigten, für die lange Fahrt in den Westen Deutschlands.

Der Wecker klingelte, doch als Elli sich in Lukas Richtung drehte, war dieser schon längst aufgestanden.
Total verschlafen, lief sie den Flur entlang und urplötzlich sprang er aus der Küche hervor.
"Guten Morgen Schildkrötchen, bald geht's los!", sagte er aufgeregt und rannte wie ein Duracell Hase in der Küche umher.
Elli kannte Lukas so garnicht. Völligst perplex stand sie im Türrahmen und schaute ihm hinterher, wie er von links nach rechts und wieder nach links huschte.
"Alter, bring mal die Ruhe rein! Du machst mich ganz nervös!", meinte sie leicht genervt. So etwas gut gelauntes am Morgen, konnte Elli nicht verkraften. Hatte er überhaupt noch lange geschlafen? War das nun Übermüdung, die ihn so aufdrehen ließen? Die Sache war noch unklar.
Elli wischte sich den Schlaf aus den Augen und lief kopfschüttelnd ins Bad, wo sie Ruhe vor dem aufgedrehten Kerl hatte.
Sie schlüpfte in ihr pinkes Crew Shirt und betrachtete sich im Spiegel. Sanft strich sie über ihren Namen, der auf dem Shirt ihr entgegen prahlte. Sie war stolz darauf und endlich begann ihr Job. Zwar noch nicht im Bus, aber immerhin im Transporter.
Doch war es richtig, wieder so aufzufallen in dem Shirt? Wiederum war es Elli mittlerweile egal. Immerhin gab es ein Statement und was Steven denkt, wenn er irgendwelche Bilder sieht, ging ihr auch herzlich am Arsch vorbei. Sie war einfach nur kalt gegenüber Steven geworden, was vielleicht auch nicht der schlechteste Umgang war.
Sie drehte sich schnell noch die Haare zum Dutt und dann konnte die Fahrt beginnen.

Lukas rannte immernoch aufgeregt hin und her, während BattleBoi die absolute Ruhe ausstrahlte und immer wieder gähnte. Solche Mitfahrer hatte Elli gern.
"Schatz, verdammt, jetzt beruhige dich, sonst bleibst du hier...", meinte Elli genervt, als Lukas anfing, auf seinen Oberschenkeln zu trommeln.
"Sorry, muss an den zwei Liter Kaffee liegen...", meinte er und versuchte sich zu zügeln.
Basti und Elli schauten sich an und verdrehten die Augen.
Das könnte ja eine heitere Fahrt werden.
Ein restlos überdrehter Lukas, ein müder Basti und Elli, die alles aushalten musste, gepaart mit einem wunderschönen November Regen, der seine Spuren auf der Autobahn hinterließ...