Teufelskreis 3 (Alligatoah FF)

Krummes, grünes Ungetüm

Die Show ging los und wie es auch schon Elli erwartete, fanden ihre Eltern die Musik abschreckend. Naja was sollte man auch erwarten von einem Pur Fan und einer Frau, die ständig Billy Idol anhimmelte.
Während Elli wieder am Bühnenrand rum turnte, konnte sie sich bereits denken, wie ihre Eltern wohl reagierten. Wahrscheinlich würden sie auf dem Sofa sitzen und sich gegenseitig Recht geben, dass ihr Kind schon immer einen komischen Musikgeschmack hatte.
Aber Mal ehrlich, anders waren sie es auch nicht gewohnt. Schon damals schallte diverse Musik durch das ganze Haus, die keiner leiden konnte, die mittlerweile auch Elli im Nachhinein einfach nur noch ätzend findet.
Doch wirklich jeder hat ja diese Lieder, die einem im Nachhinein peinlich sind.

Mittlerweile hatte das Konzert ein Ende gefunden und der obligatorische Kuss landete auf Elli's Lippen. Zwar war Lukas immer total verschwitzt, doch so einer Liebe war das egal.
Ihre Eltern rissen sich nun auch wirklich zusammen, keine falschen Worte zu benutzen. Aber Elli und Lukas wussten genau, wie sie das "interessant" deuten mussten, welches sie sich anhörten.

"Aber irgendwann kommst du uns auch wieder besuchen, einverstanden?", flüsterte ihre Mutter ihr entgegen und was sollte sie schon sagen, außer einem nicken kam nicht viel dabei heraus.
So hatte sie es endlich hinter sich gebracht. Es war vorbei. Obwohl sie nicht viel von ihren Eltern hatte, reichte ihr das schon.

Die Tour ging weiter über Augsburg, Ingolstadt und Dresden am 22.12., also zwei Tage vor Weihnachten. Ab nun war sechs Tage Ruhe angesagt, oder auch nicht?

Heilig Abend stand in den Startlöchern und noch am Abend des 23.12., wirkte Elli bedrückt.
"Was ist los Schildkrötchen?", fragte Lukas. Auch der Kosename zog sich mittlerweile durch ihr Leben, wie ein rotes Band.
"Ach alles gut, ist nur ein wenig komisch Weihnachten ohne Deko und so. Kenn ich so nicht... Vorallem bei Sarah stehen noch unzählige Kisten an Deko Krempel von mir... Egal nächstes Jahr wird der Weihnachtsmann platzen vor Neid, wenn er dein Haus sieht.", grinste ihn Elli tapfer entgegen. Auch Lukas wusste, dass es Elli wichtig war, dass einiges an Deko herum steht, das hatte sie schließlich oft gesagt.
Doch bei dem straffen Zeitplan war es quasi garnicht möglich, sich richtig auf Weihnachten einzulassen.
Schon einige Monate vorher hatten sich beide verständigt, dass sich gegenseitig nix schenken wollten. Nicht zu Weihnachten und auch nicht zu Geburtstagen. Beide waren so gestrickt, dass, wenn sie etwas wollten, sie es sich einfach gekauft haben.

Der Weihnachtsmorgen stand bevor und Elli erwachte sanft, durch den Sonnenschein, der durch das Fenster auf ihrer Nase kitzelte. Sonne an Weihnachten, so garnicht ihr Ding. Aber mit Schnee war schon die letzten Jahre nie zu rechnen. So war es also das gewohnte Übel.
Gut gelaunt, an ihrem zweit liebsten Tag im Jahr, drehte sie sich im Bett rum und schaute auf die leere Bettseite, in der sonst Lukas nächtigte.
Verwunderte schaute sie auf die Uhr, die auf seinem Nachttisch stand. Bereits elf Uhr Mittags, kein Wunder, dass der Herr des Hauses nicht mehr in Bett lag.
Nach einigen kleinen Dehnungen, welche beim besten Willen kein Sport darstellten, erhob sich das Schildkrötchen und watschelte in ihrem, wie immer peinlichen Schlafanzug, aus dem Schlafzimmer hinaus.
Wie angewurzelt blieb sie plötzlich stehen. Sie rieb sich die Augen und konnte garnicht glauben, was sie da sah. Das funkeln in den dunkeln Augen wurde stärker und es machte Konkurrenz mit dem, was sie sah. Lukas hatte anscheinend die ganze Nacht, das halbe Haus auf den Kopf gestellt, um seiner Liebsten das Weihnachten zu bereiten, was sie sich wünschte.
Langsam, wie es ihr Kosename verlauten ließ, schlich sie durch den Flur und bestaunte die ganzen Weihnachtssachen, die ihr zum Teil sehr bekannt vorkamen. Doch das konnte nicht sein, wie sollte er an ihre Deko kommen, wenn diese doch bei Sarah eingelagert war?
Doch immer mehr erkannte sie. Es konnte ja nicht sein, dass dieser Elch mit angeklebten Geweih plötzlich da stand. Es war ihre Lieblingsfigur und nur deswegen hatte Elli damals versucht, es wieder halbwegs zu reparieren. So viel Zufall konnte nicht sein. Es mussten ihre Sachen sein.
Langsam kam sie in das große offene Wohnzimmer und ihr Atem blieb ihr fast weg.
Ein großer echter Baum stand in der Mitte des Raumes, geschmückt mit einem wilden Mix aus sämtlichen Kugelfarben, die Elli auch sehr an ihre eigenen erinnerten.
Sie hatte ein Set mit grünen - silbernen Kugeln und ein Set in Rot - weiß. Doch alle hingen nun an einem Baum.
Hinter diesem grünen und duftenden, leicht schiefen Ungetüm, raschelten die Verpackungen der Weihnachtsbaumkugeln.
"Hase, was hast du getan?", fragte Elli zarghaft und ihre Blicke konnte sie garnicht mehr vom Baum ablassen.
"Überraschung!", brüllte er und sprang hinter dem Baum hervor.
"Hättest du nicht ein wenig länger schlafen können? Dann wäre alles fertig gewesen...", sagte er und begrüßte Elli mit einem Kuss im Tag.
"Noch länger? Ist doch schon um elf ...", sagte sie und schüttelte wieder ungläubig den Kopf. "Das wäre echt nicht nötig gewesen..., Wir müssen doch bald eh wieder los...", schob sie hinterher.
"Das ist doch egal, wenn meine Schildkröte nen Weihnachtsbaum will, dann kriegt sie auch einen, auch wenn das echt nen hässliches Ding ist... Naja was will man heilig Abend auch erwarten? Aber günstig war er...", grinste er Elli an.

Nachdem Elli endlich ihre Blicke vom Weihnachtsbaum lösen konnte, erblickte sie auch die anderen Stellen des Hauses, die liebevoll dekoriert waren. Ihr fiel auf, dass es wirklich nur ihr Dekozeug war und kein bisschen neues dabei war.
Wahnsinn... Lukas schmückte ein ganzes Haus mit den Sachen, die Elli sonst in der 3 Raum Wohnung verteilte. Da kann sich sicherlich jede denken, was das für eine Weihnachtshölle gewesen sein muss.
"Wo hast du meine Sachen her?", fragte Elli, während Lukas die letzen Kugeln platzierte.
"Naja von Sarah... Woher denn sonst? Hab sie gestern noch angeschrieben und da haben wir uns, als du eingeschlafen bist, kurz getroffen und tada... Alles da...", erklärte der Mann in der schwarzen Jogginghose.
Elli konnte nicht glauben, was die beiden taten, nur um sie glücklich zu machen. Sie hatte den absoluten Jackpot mit ihnen getroffen.
Elli erlebte nun ihren Weihnachtstraum, eingebettet in kleinen Weihnachtsmännern, glitzernden Sternen, die auch den Fußboden durch Glitzerflocken, die abfielen, zu einem Hingucker machen ließen. Die Lampen am Baum leuchteten und alles war einfach herzlich und warm. Auch wenn der Baum, nicht der schönste war, so steckte doch ganz viel Liebe drin und machte ihn deswegen zu etwas ganz besonderem.
Doch sollte der Traum wirklich ein guter sein? Oder sollte noch ein Alptraum daraus werden?
Leider kam es zu dem zweiten, doch das konnte noch keiner ahnen, denn erstmal wurde in Ruhe gefrühstückt, zu einer Zeit, zu der andere schon das Mittagessen auf den Tisch stellten. So war hat das viel zitierte Rockstarleben. Schlafen bis in die Puppen und dann die Nacht zum Tag machen.
Doch was hatte der Tag noch zu bieten? So viel sei gesagt... Es waren keine grausamen Geschenke. Oder doch?