Weihnachtshass

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Trier, Koblenz, Konstanz und Heidelberg waren ein voller Erfolg. Lukas' Aufregung schwand von Show zu Show. Er bemerkte, dass ihn alle liebten, die seine Tickets kauften und er nix zu befürchten hatte.
Elli rockte jeden Abend wie wild hinter der Bühne mit ab, obwohl sie nur alleine vom Beifahrer-Dasein, sehr müde war.
Jede Nacht ging es von Stadt zu Stadt, auch wenn die Entfernungen nicht groß waren zwischen den Städten, fiel Elli immer wieder in einen Sekunden-Schlaf. Ihr war allerdings bewusst, dass ihr das nicht passieren würde, wenn sie irgendwann hinter dem Steuer sitzt, denn dann hat sie was zu tun und sitzt nicht nur regungslos irgendwo daneben.
"Naaaa... Müde? Vielleicht solltest du dich vor den Konzerten noch ein wenig hinlegen... Oder Währenddessen...?", fragte Peter grinsend, als er nach rechts zu Elli schaute, als diese wieder ihren Kopf nach vorne fallen ließ.
"Ich Schlaf doch garnicht...", sagte Elli beschämt und grinste, weil sie sich selber erwischte beim einnicken.
Die Fahrt ging weiter nach Magdeburg. Anders als geplant, ging es sofort dahin, um dort ein paar Tage in einem Hotel zu entspannen, bevor es weiter gehen würde.
Immerhin stand nun auch das Treffen mit Elli's Eltern auf dem Plan. Große Lust drauf hatte sie allerdings nicht. Hatten ihre Eltern gewusst, dass Lukas und sie bereits zwei Tage vor dem Konzert in Magdeburg residieren, hätten sich alle schon vorher getroffen. Doch wie gesagt war die Lust darauf nicht sonderlich groß, sodass die Ankunft in Magdeburg Elli's Geheimnis blieb.
Die nächsten Tage brauchte sie mit Lukas alleine. Ständig dieses nicht nebeneinander schlafen, machte sie fertig. Sie brauchte Nähe und Zuneigung, genauso wie auch ihr Freund. Basti und Tim hatten nur Party im Kopf, doch ob sie damit in Magdeburg weit kommen würden, stand in den Sternen.
Zwei Tage lang verschanzten sich Elli und Lukas in ihrem Hotelzimmer. Sie waren für keinen zu erreichen. Einfach Zweisamkeit, mehr wollten sie nicht. Lediglich zum Frühstück konnte man die beiden schüchternen Lebewesen bei ihrem natürlichen Drang zum Essen beobachten.
Doch dann stand er an, der Tag, auf den Elli keine Lust hatte. Oder hatte sie doch einfach nur Angst, wie ihre Eltern auf ihren neuen Freund reagieren?

Der Probedurchlauf für das Konzert in Magdeburg war abgeschlossen und nach einer kleinen Dusche im Hotel war es soweit.
Bei einem Asia Buffet warteten bereits Elli's Eltern und während Lukas und sie Hand in Hand dahin liefen, bemerkte er, wie Elli's Hände immer kälter und feuchter wurden. Natürlich war es kurz vor Weihnachten, mitten im Dezember, doch aus Erfahrung wusste Lukas, dass Elli selbst im kältesten Winter, die wärmsten Hände von allen hatte. Es war einfach ihre Jahreszeit.
"Was los Schatz? Hast Panik?", fragte er und steckte ihre Hand mit in seine Jackentasche. Gut, dass diese so groß waren. Ja auch ein alter Parka hatte einmal Vorteile.
"Neeee, keine Panik, aber meine Eltern können schon peinlich sein. Bitte lass dich von Papa nicht irritieren, der mag keinen Mann, der mit seinem kleinen und einzigen Mädchen was hat.", sagte Elli und kaum hatte sie es ausgesprochen, fielen ihr in der Ferne schon ihre Eltern auf, die wild hin und her tänzelten, vor dem Rastaurant, damit sie die Kälte abwehren könnten.
"Mach dir keinen Kopf, ich bin da entspannt. Eigentlich heißt es nur diese paar Stunden überleben und dann haben wir uns wieder...", sagte er in seiner ruhigen Art, die er immer an den Tag legte und kaum hatte er seinen Satz beendet, wedelte Elli's Mutter schon wild mit ihrem Arm in der Luft rum. Ein spontaner Umentscheid, mit einer doofen Ausrede, dass die Proben länger dauern, oder so, war nun nicht mehr möglich. Also hieß es Augen zu und durch.

Der Eindruck, den ihre Eltern verbreiteten, täuschte schon sehr. Sie waren verdammt freundlich und ihr Vater sehr redefreudig, was er sonst nie war. Doch Elli roch den Braten. Nicht nur Lukas und sie, spielten eine gewisse Freundlichkeit vor, sondern auch die beiden. Ihre Mutter hatte bestimmt wieder ihren Vater ins Gewissen geredet, freundlich zu sein. Er biss sich bestimmt gerade auf die Zunge, ja nix falsches zu sagen, denn dann wäre wieder Party im Hause Schmitz am Abend gewesen. Elli's Mutter hatte definitiv die Hose an und alles lief so, wie sie es wollte.
Alle saßen sich gegenüber und nur die üblichen Themen, wie Wetter und der Beruf, kamen auf den Tisch. Man merkte die Anspannung. Nur ein kleiner Tropfen und das Fass würde überlaufen.
Elli schlung ihr Essen einfach nur so runter, sie wollte alles beenden. Zwar wären ihre Eltern am Abend auch bei dem Konzert, doch da hatte Elli immer andere Sorgen und kaum Zeit für die beiden, was ihr sehr in die Karten spielte.
"Ihr kommt doch bestimmt Weihnachten, oder?", durchströmte die Stimme ihrer Mutter, die Ruhe.
Elli war irritiert. Sie wusste, dass Weihnachten immer etwas ganz heiliges für ihre Mutter war und die ganze Familie da zu sein hatte. Doch was dachte sie sich dabei? Monatelang Sendepause, Vorwürfe und dann gleich wieder einen auf heile Welt machen? Nein das ging so nicht.
Mit einem lauten klirren fiel Elli die Gabel aus der Hand. Sie war gereizt. Lukas wusste, dass das nicht gut ausgehen konnte. Mit flinker Hand, fasste er unterm Tisch auf Elli's Oberschenkel, damit sie sich entspannt. Doch ob das so viel Erfolg haben würde?

Innerlich riss sich Elli zusammen, atmete tief durch. Und mit ruhiger Stimme sagte sie: "Nein, keine Zeit..."
Nun war auch ihre Mutter irritiert, denn so ein klares Nein hatte sie noch nie von ihrer Tochter gehört. Elli war immer auf das Wohl aller bedacht und stellte sich selbst oft in den Hintergrund, doch damit war Schluss. Es war ihr Leben und sie entschied, was sie damit anfangen würde.
"Wieso denn nicht? Ihr habt doch ein ruhiges Leben, da kannste doch mal ein paar Tage zu deinen Eltern kommen...", sagte sie enttäuscht, mit einem Unterton, der Elli schon fast zwingen wollte, auf ihren Wunsch einzugehen. Doch damit kam sie schon zu lange durch.
Wenn man genau hin sah, sah man nun Ellis Hauptschlagader pulsieren. Und der schwarze Pullover bebte auf und ab, da ihr Herz wild schlug.
"Akzeptiere es doch einfach mal, wenn ich nein sage. Was zum Teufel erwartest du? Das ich jetzt wieder auf heile Welt spiele? Nein - beim besten Willen nicht. Was sollen wohl die Nachbarn danken, wenn ich jemand neues mitbringe? Wäre dir das nicht schrecklich peinlich? Und ruhiges Leben? Du hast wirklich den Knall noch nicht gehört...", sagte Elli immer noch relativ ruhig, aber dennoch leicht aggressiv.
Ihre Mutter steckte die nächste Gabel mit Ente und gebratenen Nudeln in den Mund und ließ einfach alles so im Raum stehen.
Ja schweigen, schweigen war ihre Waffe. Elli konnte es nicht leiden, wenn ihre Mutter schwieg und brach dann zu gerne ein und machte das, was sie wollte. Doch auch damit war Schluss.
Auch Elli löffelte ihren Teller leer und kaum hatte das auch Lukas getan, sagte sie in seine Richtung: "Wir werden dann los, oder?"
Er wollte seine Freundin nicht reizen und nickte.
"War schön euch kennenzulernen, wir sehen uns ja nachher auf dem Konzert!", grinste Lukas quer über den Tisch und reichte den verduzten Eltern von Elli die Hand.
In der Zwischenzeit zog sich Schildkrötchen schon einmal die Jacke an und sagte nur beiläufig: "Wir sehen uns ja nachher."
Damit hatte sich der Fall für sie erledigt. Innerlich war es ihr auch egal, ob die beiden da erscheinen würden oder nicht...

Teufelskreis 3 (Alligatoah FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt