zweifel

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Kapitel 18
Luna
Sie waren nicht gekommen. Selbst zwei Wochen nach ihrem Treffen mit Cole im Kunstladen hatte sie keinen von den Männern gesehen und das bestätigt mit schmerzhafter Präzision genau das, was sie befürchtet hatte: Es ging nicht um sie selbst, es ging um Sex. Das hatte sie natürlich gewusst, aber dennoch hatte ihr naiver Verstand die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass Cole und Zed sie wiedersehen wollten. Und Veronika hatte sie darin bestärkt.
>>Solche Männer akzeptieren kein Nein", hatte sie gesagt.
>>Sie kommen und holen dich", hatte Veronika mit einem schiefen Lächeln gedroht, als die Wochenfrist sich dem Ende näherte.
So wütend wie Luna auf ihre Mitbewohnerin gewesen war, so sehr hatte sie sich heimlich gewünscht, sie würde recht behalten. Es war zwar nicht gelogen, dass Luna es eigentlich nicht wiederholen wollte, aber sie wäre damit einverstanden gewesen wenn die beiden sie verführt hätten. Denn irgendwie wollte sie durchaus eine Wiederholung und wenn man sie entführte und wieder so überrumpelte, müsste sie hinterher zumindest nicht die Verantwortung tragen. Irgendwie. Sie wollte das die Männer ihr die Entscheidung abnahmen, denn ihr Stolz würde es nicht tolerieren wenn sie freiwillig zurückkehrte wie eine angefixte Drogensüchtige, sich den Männern hingab und ihre Feigheit hätte das selbst dann nicht zugelassen, wenn sie es geschafft hätte ihren Stolz herunterzuschlucken.Zu dieser Einsicht war sie in den letzten Tagen gekommen und hatte damit, vor allem vor sich selbst, eine Begierde eingestanden die sie nicht haben sollte. Das war schwer gewesen, auch wenn Veronika sie dabei nur belächelt hatte.

>>Dir fällt nur der Stock aus dem Hintern!<<, hatte ihre Mitbewohnerin gelacht, als Luna ihr von ihren Sorgen berichtet hatte. Dennoch hatte Veronika zugehört und sie beruhigt so weit es ihr möglich war. Das ständige Aufziehen gehörte wohl bei einer Freundschaft mit dazu und Luna hatte das auch akzeptiert. Doch diese Neckereien hatten schon vor einer Weile aufgehört und mit dem Grund dafür kam Luna nicht so wirklich klar, denn es war Mitleid.

Luna war zuerst wütend auf Zed und Cole gewesen, weil sie nicht kamen, dann kurz auf Veronika die ihr anfangs Hoffnung gemacht hatte und nun? Nun war sie so verzweifelt und tief betrübt, dass sie sich bei Phil tatsächlich entschuldigt hatte um nicht alleine zum Feuerwerk auf dem Campus gehen zu müssen.
„Erklär mir nochmal, warum er so selbstgefällig wirkt?", fragte Veronika, während sie gemeinsam die Treppe im Hausflur hinuntergingen wo vor der Tür bereits ihre Abendbegleitungen warteten. Phil war schon bei ihnen oben gewesen um Lunas Outfit abzusegnen, schließlich war sie erst vor kurzen in einem Sex-Club gewesen und er befürchtete anscheinend, dass sie in Lack und Leder zu dem Event gehen würde. Als er aber bemerkte, dass sich seine Befürchtungen nicht bewahrheiten hatten, war er wieder heruntergegangen um den Typen in Augenschein zu nehmen den Veronika sich als Begleitung erwählt hatte um das Feuerwerk des Semesterbeginns zu bestaunen.
„Ich habe mich bei ihm entschuldigt das ich ihn versetzt habe. Jetzt fühlt er sich uns moralisch überlegen, in ein paar Tagen ist das vorbei. Bis dahin ist er eben etwas selbstgefällig", erklärte Luna noch einmal. Das war eine Seite an Phil, an die man sich erst einmal gewöhnen musste.
„Aha. Und du hast ihm natürlich nicht gesagt, dass du ihn versetzt hast weil er sich wie ein Arsch benommen hat?", fragte Veronika, die ebenfalls nicht zum ersten Mal und bei jedem weiteren Mal wurde ihr Blick dunkler und ihre Lippen pressten sich missbilligend zusammen.
„Bitte, V. Heute Abend keine Vorwürfe, ich will einfach nur das Feuerwerk genießen und die letzten Wochen einfach vergessen.", flehte Luna und sofort wurde der Blick ihrer Freundin etwas weicher. Sie freute sich zu sehr darüber, dass Luna dazu übergegangen war sie V zu nennen und wirkte danach immer sehr zahm.
„Ich mache dir keine Vorwürfe. So bist du eben. Aber das bedeutet nicht, dass ich diesen Arsch nicht anzicken darf!" beschied Veronika.
„So bin ich eben?", fragte sie stutzig und da nahm Veronika sie bei der Hand und lachte kurz auf.
„Ja. Eine kleines, niedliches Häschen, dass ganz dringend ein Raubtier an ihrer Seite braucht damit es sie beschützt", erklärte sie und Luna verdrehte die Augen.
„Auch Häschen können beißen!", drohte Luna kichernd, widersprach ihr aber nicht weiter. Sie hatte nie geglaubt, dass man sich in der passiven Position so wohlfühlen könnte. Ihre Erziehung hatte ihr eingebläut, dass es etwas schlechtes war kein Alpha zu sein. Aber sie selbst hatte sich in der Nacht mit Zed und Cole, wo ihr alles aus der Hand genommen wurde, so sicher und geborgen gefühlt wie schon lange nicht mehr. Sie war frei gewesen.„Sicherlich. Aber dich wieder mit ihm abzugeben tut dir nicht gut!"
„Das hat nichts zu bedeuten. Ich will nicht alleine gehen und er lässt sich als Begleitung benutzen, wenn man ihm ein wenig den Bauch pinselt", meinte Luna verschwörerisch.
„Ich und Max sind doch da! Du wärst nicht allein gewesen!", widersprach Veronika, aber Luna zog wieder einfach eine Augenbraue nach oben.
„Ja klar. Als fünftes Rad am Wagen. Nein, danke. Phil wird mir den Eintritt und meine Getränke bezahlen, das gefällt mir besser!"
Veronika grinste breit und nickte anerkennend.
„Ich merke schon, das Häschen ist listig. Sehr gut. Buddel den Typen aus wenn er dir nützlich ist und sonst halt ihn auf Abstand!" Als Luna dabei gehorsam salutierte, lachte V und sie gesellten sich zu den Männern auf dem Bürgersteig. Zu ihrer und sichtlich auch zu Veronikas erstaunen lachten Phil und Vs Begleitung Max gerade auf als die Frauen endlich aus dem Haus kamen.
Doch das Gespräch zwischen den beiden Männern verstummte und kam nicht wieder in Fahrt während sie durch die Straßen von Seattle streiften und den Campus voll beleuchtet vorfanden, auf dem sich kleine Stände befanden die für einen überhöhten Preis Drinks und Snacks anboten. Sie war froh Veronika letzendlich doch zugestimmt zu haben an sie zur der jährlichen Feuerwerksnacht begleitet zu haben. Es war gut dass sie einmal herauskam und etwas Ablenkung erfuhr. Hinter dem Campus lag dann die Brücke von der aus man das Feuerwerk der Universität am besten beobachten konnte und die nur gegen Eintrittskosten zu betreten war.„Kannst du mir eine Cola bringen?", fragte Luna Phil, der erschrocken zusammen zuckte und plötzlich hektisch nickte und zu einem der Stände huschte.
„Wow, den hast du aber gut abgerichtet", lachte Max und drückte Veronika fester an sich, als hätte er angst sie könnte verschwinden. Diese aber verschaffte sich schnell wieder etwas Freiraum und lächelte zu ihm hinauf.
„Vielleicht weiß Phil auch einfach nur wie man eine Frau beeindruckt, mit der man Sex haben will", murmelte sie unverblümt, sodass seine Wangen ganz rot wurden und er sich etwas verlegen umsah, als befürchtete er, jemand könnte Veronika gehört haben.„Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl, Max! Geh mir auch eine Cola holen!", befahl Veronika wesentlich unfreundlicher als Luna zuvor und stöhnte dann genervt auf als er sich endlich trollte.
„Gott, hätte nie gedacht, dass der Kerl so schnell seine Anziehungskraft verliert", murmelte sie. Luna sah sie schief an und dachte daran, wie absolut bindungsängstlich Veronika war.
„Weil er anhänglich geworden ist oder weil er rot wurde?", fragte Luna und wollte gerade Luft holen und die Tatsache mit ins Spiel bringen, dass er ein Mann war und nicht Charly, beschloss aber es sein zu lassen. Veronika schnaufte allerdings etwas verzweifelt und sah Luna so hilflos an, wie normalerweise sie es gegenüber Veronika tat.
„Nein, Süße. Also doch schon, aber er ist mir in dem Moment unsympathisch geworden als er mit diesem Phil-Arsch gelacht hat!", meinte sie ernst und nachdem sie weitere Sekunden in ein Schweigen verfallen waren und darauf warteten, dass ihre quasi unerwünschten Begleitungen ihnen etwas zu trinken mitbrachten, griff Veronika irgendwann nach Lunas Hand und zog sie mit sich fort.
„He! Moment! Was soll das?", fragte Luna und sah wie V die Brücke ansteuerte. Diese aber grinste ihr nur frech über die Schulter zu.
„Ich rette uns den Abend. Scheiß auf Männer!", murmelte sie, reichte einer dralligen, missmutig dreinblickenden Studentin an einem Tisch einen fünfzig Dollarschein, riss ihr die zwei Papierschnipsel aus den Händen die als Eintrittskarten dienten und schleifte Luna auf die alte Brücke ohne auf das Wechselgeld zu warten.
Luna lachte noch, bevor sie auf der Brücke ankamen und durch die Menge einen kurzen Blick auf Max und Phil erhaschte die sich panisch nach ihren Begleitungen umsahen. Natürlich war ihr Verhalten kindisch, unreif und vielleicht ein wenig fies aber sie war froh Phil los zu sein. Irgendwie zumindest. Aber ihr Lachen verklang, denn als sie ihren Blick weiter durch die Menge schweifen ließ entdeckte sie Zed und Cole, die ihrerseits nach etwas zu suchen schienen und als sich ihre Blicke kreuzten, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Das hier hatte sie sich gewünscht und nun wollte sie wieder davon laufen.


Beta: Geany

Take it Deep, Babygirl - Seven SinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt