18|| Prächtiges Helheim

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P.O.V. Thalia:

Mey atmete tief durch und schaute in die Ferne. Dann, als wäre nie etwas gewesen stand sie auf und klopfte den Staub von ihrer Hose.
,,Und da sind wir."
Sie streckt ihre Arme zur Seite und zeigte nach vorne. Nun hob ich auch meinen Kopf und blickte einer riesigen Stadt entgegen.
Wir standen auf der Spitze eines Berges und hatten damit die beste Aussicht auf die Unterwelt. Die Stadt lag am Fuß des Berges, der sich bis in den Horizont ausbreitete und die Unterwelt wahrscheinlich umrandete. Hinter uns war die endlose Wüste zu erkennen, durch die wir gelaufen sind und was die Stadt selbst anging: Wow. Einfach nur wow.
Ich könnte die Größe dieser Welt mit nichts anderem vergleichen. Sie schien unendlich zu sein. Die Gebäude schienen eine Mischung aus vielen verschiedenen Architekturstilen zu bestehen aus vielen verschiedenen Zeitepochen.
Hochhäuser, Höhlen, Hütten, Schlösser.
In Worten beschrieben klang das nach Choas, aber diesen Ort persönlich zu sehen machte etwas mit einem. Es war als würde man der personifizierten Schönheit entgegen sehen. Ich lernte plötzlich die Wunder der Architektur zu schätzen. Ein Zeppelin schwebte im klaren Himmel. Sehr wahrscheinlich die Hindenburg. Propellerflugzeuge hielten Plakate hoch und eines ohne Werbeschild flog knapp an uns vorbei. Alles was ich erkennen konnte war ein Rotschopf am Steuer.
,,Willkommen in der Unterwelt."
Meys Satz riss mich aus dem Staunen. Sie betrachtete mich wissend. ,,Ist wirklich dein erstes Mal, oder?"
Ich lächelte. Hier konnte ich zusammen mit Gwen leben. Für immer.
Wir waren gute 500 Meter vom Fuß des Berges entfernt, das hieß erst einmal Treppen runter laufen. Zum Glück hatte jemand daran gedacht, Steintreppen hier einzumeiseln. War zwar ein wenig anstrengend runterzulaufen aber immer noch besser als all die Treppen hochzulaufen. Eine Rutsche wäre jedoch besser gewesen.
,,Ok, der Plan sieht so aus.", meinte Mey hinter mir. Dass sie direkt hinter mir lief gefiel mir nicht besonders, schließlich war es unser Ding, plötzliche Launen zu bekommen, wo wir den jeweils anderen aus großer Höhe runterschmissen. ,,Ich habe auch jemanden, den ich besuchen möchte. Das heißt wir gehen in die Stadtmitte - falls es hier überhaupt eine Mitte gibt - und teilen uns dann auf. Wir treffen uns dann fünf Stunden später."
Ich dachte, dass wir uns wieder treffen würden, damit ich mich von Mey verabschieden konnte. Schließlich wollte sie bestimmt wieder ins Land der Lebenden.
,,Dann machen wir das so!", meinte ich euphorisch und blickte nochmal runter auf die Stadt um eine Art Zentrum zu finden.
,,Da!", meinte Mey und zeigte auf ein Rathaus. ,,Das muss das Zentrum sein."
Wieso die Welt hier unten auch demokratisch war wusste ich nicht, aber interessieren tat es mich auch nicht sonderlich.
Gerade wollte ich antworten, als die Erde auf bebte und ich fast die steilen Treppen runterstürzte, hätte mich Mey nicht am Kragen gepackt. Ein paar Sekunden vergingen, dann war alles wieder ruhig.
,,Was war das?"
,,Das war Helheim."
Ich zog die Augenbrauen zusammen. ,,Hat er Hunger?"
,,Nein.", Mey blickte mich genervt an. ,,Es liegt an uns. Es ist ungewohnt für Helheim lebende Menschen in einem Reich zu haben, das für tote Menschen gedacht ist."
,,Ahhh.", meinte ich, in der Hoffnung, sie würde denken, dass ich das verstanden hatte. ,,Verstehe."
Es war ein weiter Weg zum Rathaus. Fast eine Stunde liefen wir die belebten Straßen entlang. Manchmal konnte ich schwören, dass ich bekannte Gesichter erkennen konnte, aber vielleicht war es einfach nur Einbildung. Sie liefen alle ihren Tätigkeiten nach, ganz wie in jeder anderen Stadt, nur dass in dieser Welt tote Menschen waren. Das Beben war immer wieder mal zu hören und ich vermutete, dass es mit der Zeit nachlassen würde, sobald sich Helheim an uns gewöhnt hatte.
Irgendwann kamen wir am Rand des Rathauses an. Mey winkte mir nochmal zu und ging dann in irgendeine Seitengasse. Und ich stand vollkommen lost rum.
Ich versteckte mich hinter der Säule am Eingangsbereich des Rates. Mein Herz fing an zu pochen, ich wusste nicht wie ich Gwen finden könnte, es war zum verrückt werden. Die kleine Menge vor dem Rathaustor, welche sich versammelt hatte löste sich langsam auf. Wahrscheinlich hatten die sich wegen dem Beben versammelt. Ich atmete tief durch und versuchte einen Plan zu entwickeln.
,,Ich will doch nur meine Ruhe! Wieso bebt es hier?", rief ein Mann mit rauer Stimme.
Wegen mir, du Schwachkopf, ging es mir durch den Kopf, aber ich konzentrierte mich weiter auf den Plan, als ich eine bekannte Stimme hörte.
,,Ich denke, jemand hat sich in die Unterwelt geschlichen. So ein Idiot."
Meine Ohren zuckten leicht und mein Herz hörte für eine Millisekunde auf zu schlagen als ich die Stimme wieder erkannte. Ohne auch nur auf meine Deckung zu achten lief ich heraus aus meinem Versteck und suchte nach dem Ursprung der Stimme.

My aunt - Das Leben geht abwärts!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt