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In dem Augenblick, bei dem Reed von Caleb in die Halsbeuge gebissen wurde, brach sein Wolf mit einer Gewalt hervor, mit der Reed nicht gerechnet hätte. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen drückte er Caleb von sich und krümmte sich auf dem Bett zusammen. Er lag auf der Seite und zog die Beine an, die er mit seinen Armen umschlang. 

Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Eine Flut an Bildern blitzte vor seinem geistigen Auge auf und Reed hatte das Gefühl, er müsse sich erbrechen, so heftig war der Schwindel, der ihn überkam. Er sah Bilder, wie er mit Caleb in jungen Jahren Streiche ausheckte. Dann, wie er den jungen Alpha dabei beobachtete, als er ein Mädchen küsste. Er erkannte die Gasse, wo sie sich das erste Mal geküsst hatten. 

Als Nächstes waren da Gefühle der Enttäuschung und der Angst, als er im Wald seines Onkels auf seinen Tod wartete. Die Erleichterung, nachdem er zu sich kam und Caleb tief in ihm steckte und kurz darauf endlich markierte und damit sein Leben rettete. Weitere Bilder, bei denen sie miteinander schliefen. Bilder vom See, in der Schule, wie sie sich küssten. Dann der Unfall. Wimmernd ließ Reed alles zu, ohne sich dagegen zu sperren. 

Caleb hingegen, der beinahe auf dem Boden gelandet wäre, beugte sich besorgt über den auf dem Bett liegenden, der zusammen gekrümmt neben ihm lag und sich scheinbar mit etwas quälte. 

„Reed?“, fragte er vorsichtig und berührte ihn am Arm. „Was ist mit dir?“ Unsicher blickte er auf seinen Gefährten hinunter, der leise wimmernd neben ihm lag.

Reed blickte ihn mit Tränen in den Augen an. „Cale, ich erinnere mich. Fuck, aber warum tut es nur so unglaublich weh?“ Keuchend lag er da und bekämpfte die Übelkeit, die ihn befallen hatte. 

Caleb wusste nicht, was er tun sollte und strich Reed besorgt über den Rücken. Bis zu einem gewissen Grad spürte auch er etwas von dem, was in seinem Gefährten vor sich ging und das verunsicherte ihn. Er machte sich Vorwürfe, da ihm bewusst wurde, dass sein Biss der Auslöser dafür war. 

Reed stöhnte leise und drückte sein Gesicht in das Kissen. Vor Anstrengung, seine Erinnerungen zu verarbeiten, zitterte er am ganzen Körper und fing gleichzeitig an, dabei zu schwitzen. 

„Kann ich dir irgendwie helfen?“ Caleb schob sich näher, doch Reeds nächste Worte ließen ihn enttäuscht innehalten. 

„Fass mich nicht an. Ich ertrage das im Augenblick nicht!“ Reed meinte es nicht so, wie es gleich von zwei Seiten verstanden wurde. Er hatte nur Probleme damit, das alles zu verarbeiten. Zu viele Bilder und Gefühle stürmten auf ihn ein, sodass er sich nicht auch noch auf äußerliche Eindrücke konzentrieren konnte. Reed war kurz davor, ohnmächtig zu werden, da hörte er seinen Wolf in sich, der ihm voller Zorn unter die Haut fuhr.

„Du stößt ihn nicht noch einmal von dir!“, hörte er Larks wütendes Knurren. „Das werde ich nicht zu lassen! Du hältst mich damit von Zero fern. Weißt du eigentlich, was du mir damit antust?“ 

Reed stöhnte gepeinigt. Nicht nur, dass er gerade die Bilder seines Unfalls verarbeiten musste. Nein, jetzt arbeitete auch noch sein Wolf gegen ihn! „Lark, bitte ...“, flüsterte er. „Tu das nicht.“ Doch sein Wolf hörte nicht auf ihn. Zu lange hatte er sich von Reed unterdrückt gefühlt, auch wenn er nie etwas dagegen sagte, hatte es ihn mehr als nur beschäftigt. In diesem Moment war es ihm egal, dass Reed litt. Er wollte endlich seinen Gefühlen freien Lauf lassen und begann langsam damit, Reed zu unterdrücken, was ihm in dessen derzeitigen Zustand erstaunlich leicht fiel. „Bitte, Lark“, bettelte Reed, denn er spürte, dass er kurz davor stand, die Kontrolle zu verlieren und sich zu verwandeln. 

Caleb erkannte, dass Reed mit sich kämpfte. Er würde gerne helfen, doch Reeds Worte hatten ihn zutiefst verletzt. Darum saß er einfach nur schweigend neben dem jungen Mann, der sich voller Qualen auf dem Bett wälzte. 

Alpha x Alpha - Das Schicksal hasst mich! 🐺Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt