The Girl

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The Girl

Lavinias POV:

Zitternd umschlang ich meinen kleinen Körper mit meinen dünnen Armen. Meine Finger fuhren über den auf gerippelten Stoff des Kleides, das ich am
Körper trug. Darunter konnte man die Rippen erahnen. Hier sitze ich nun, im Dreck meines Lebens und zittere wie Espenlaub.
Die Wolken hingen heute sehr tief, verfingen sich in den Gassen Londons und überdeckten alles mit einer Decke aus kalter,
undurchsichtiger Luft. Nur sehr wenige Leute verirrten sich in die Gassen von London, in denen ich mich befand. Nie fiel ich jemandem auf. Nie hielt jemand an. Nie. Krampfhaft biss ich mir auf die Lippe um sie am Zittern zu hindern. Heute war
ich wieder dran mit betteln. Tony, ein Junge, der wie ich durch eine undurchsichtige Sache in den verschlungenen Gassen Londons landete, fand mich vor zwei Jahren. Er nahm mich mit und unterrichtete mich in den Regeln des Slums. Er brachte mir alles bei. Sagte mir, von wem ich mich fernhalten sollte und wem ich vertrauen durfte. Doch wusste ich nicht einmal, ob ich
ihm vertrauen konnte.

Er sagte immer, dass ich den Körper einer 7 Jährigen hätte und das Gehirn einer 12 Jährigen. Er war zufrieden mit mir, doch sah er mich auch nicht sehr oft. Immer ging er morgens und kam nur spät abends wieder. Deswegen sitze ich hier alleine, in den Scherben meines
jungen Lebens und denke an früher, als ich noch eine Familie hatte. Nur schleierhaft erinnere ich mich an die Gesichter meiner Eltern, die vor
2 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kamen. Ich hatte noch eine Schwester, doch war die auch schon lange tot. Meine Eltern meinten, dass sie gestorben
war, als ich noch nicht einmal geboren war. Mum hatte immer einen Sehnsüchtigen Blick aus dem Fenster geworfen, als wie ihren Geburtstag feierten.
Doch verstand ich damals den Schmerz nicht, den meine Eltern verspürten. Die Sehnsucht nach ihrer Tochter. Mittlerweile müsste sie 18 Jahre alt sein.
Doch lebte sie ja nicht mehr.

Als Mama und Papa starben, übergaben sie das Sorgerecht für mich an Tante Magret. Magret war eine rundlichere Frau in den 50- gern und sie hasst Kinder.
Auch mich hat sie gehasst, weil ich sie an Mama erinnerte. Sie konnte mich nicht ausstehen. Immer machte ich alles falsch. Ich glaube, dass diese Frau
nicht zum Lieben gemacht war. Sie war der Teufel selbst. Dann, vor 2 Jahren geschah es dann. Ich war gerade mal 5 Jahre alt.

//Flashback//

Traurig knetete ich meine Hände, während ich aus dem Autofenster sah. Doch konnte ich nichts sehen, außer die Tränen, die der Himmel vergoss. Mama meinte
immer, dass wenn der Regen fällt, die Engel weinen. Vielleicht war meine Schwester ja auch ein Engel und meine Eltern nun auch. Vielleicht weinen sie ja, weil es ihnen Leid tut, mich allein gelassen zu haben. Wie hypnotisiert stierte ich die Tränen des Himmels an und sah zu, wie sie ihre Spuren über das
klare Glas, des Fensters zogen. Unwillkürlich streckte ich die Hand aus und wollte mit dem Finger, die Bahnen nachzeichnen, doch kam ich kaum dazu denn
Tante Magret zischte von vorne: "Wehe du fässt auch nur eine Sache an, mit deinen fettigen, klebrigen, schleimigen Fingern."
Verängstigt sank ich noch tiefer in den Ledersitz, umklammerte meinen zitternden Hände. Draußen wurde es stetig dunkler.
"Wo sind wir hier, Tante Magret?", piepste ich und sah sie aus angsterfüllten Augen an. Ein gehässiges Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
"Tja mein "Schatz"!", dieses Wort spuckte sie mit einer solchen Wut aus, dass ich noch tiefer in den Sitz rutschte, "wir sind hier in der Gosse, dem Slum.
Nenn es wie du willst!"
Damit wandte sie sich wieder nach vorne und pfiff erfreut durch die Zähne. "Und was machen wir da?", fragte ich weiter.
"Wir? Gar nichts! Du, wirst dich dort häuslich einrichten. Ich bin fertig mit dir!", das gehässige Grinsen verwandelte sich zu einem teuflischen und Tränen
bildeten sich in meinen Augen.

Plötzlich trat Tante Magret mit voller Wucht auf die Bremse und ich wurde aus dem Sitz geschleudert, nur der Sicherheitsgurt verhinderte Schlimmeres.
Tante Magret verfrachtete ihren Tonnenkörper aus dem Wagen und knallte die Fahrertür mit voller Wucht zu. Dann öffnete sie den Kofferraum und zog meinen
pinken Kinder- Trolley heraus und schmiss ihn in den aufgeweichten Dreck. Dann knallte sie auch den Kofferraum zu und kam auf meine Seite. Ich saß hinten
auf der Rückbank, weil sie meine direkte Nähe nicht ertrug.

Sie riss auch diese Tür auf, ergriff mein Handgelenk und zog mich mit so einer Gewalt aus dem Wagen, dass ich förmlich aus dem Wagen geschleudert wurde.
Ich fiel in den Matsch, dreckiges Wasser spritzte auf und Tante Magret ließ mich angewidert los. "Sieh selbst zu, wie du klar kommst, umgezogenes Gör.",
damit war sie, mit quietschenden Reifen, aus meine Leben verschwunden.
Die Tränen des Himmels vermischten sich mit denen von mir. Das Kleid, welches meine Mutter mir strickte, hing schwer an meinen Schultern und war verklebt von dem
Matsch. Neben mir lag der pinke Trolley. Warum ich?

//Flashback Ende//

Damals fand mich Tony. Er war zu dem Zeitpunkt 10 und hatte dadurch die doppelte Lebenserfahrung als ich. Wie gesagt, er nahm mich auf, bildete mich aus
und nun bin ich hier. Schlotternd erhob ich mich von dem Dreckboden, doch hielt ich mich immer noch umklammert, als müsste ich mich selbst noch spüren.
Spüren, dass ich nicht tot war.

Langsam trottete ich zu einer vielbevölkerten Straße, an der wir immer bettelten und geschickt griff ich in den Schatten einer Häuserwand und zog eine alte Konservendose aus dem Dunkel. Ich setzte mich und stellte sie vor mich auf dem Boden, was ihr ein leises Klong entlockte.

Mein Blick wanderte zum Himmel und ich beobachtete die weiße Suppe, des Himmels. Ich merkte kaum, wie die Menschen an mir vorbei gingen. Ich spürte schon
lange ihre Blicke nicht mehr. Spürte nichts außer die innerliche Aussichtslosigkeit. Ich war allein und würde es auch für immer sein. Hin und wieder hörte ich das vertraute klirren von den Geldstücken, die in meine Konservendose sprangen.
Doch plötzlich verspürte ich einen Drang in eine besondere Richtung zu sehen. Dort stand ein Mädchen in Pully und Jogginghose. Sie hatte braune Haare, die ihr
bis zur Brust reichten. Neben ihr stand ein Typ, der zugegeben, ziemlich gruselig aussah. Sie unterhielten sich und immer wieder zeigte einer von ihnen
in meine Richtung. Dann schien die braunhaarige einen Entschluss gefasst zu haben, denn sie griff nach dem Handgelenk des Typen und zog ihn hinter sich her.
Genau auf mich zu.

Ich bekam Panik, sprang auf und schnappte mir die scheppernde Konservendose. Dann sprintete ich los.
Sie verfolgten mich, riefen mir zu, dass ich stehen bleiben solle. Die wollen mich doch nur einbuchten. Ich beschleunigten meinen Schritt. Hier hatte ich den
Heimvorteil. Ich versteckte mich in einer dunklen Nische und hörte wie sie an mir vorbei liefen, doch dann wurde ich am Kragen gepackt und aus der Nische gezogen. Ich schaute direkt in die eisblauen Augen eines Jungen. Er trug schwarze Kleidung. Leise schluckte ich.
"Ein neuer Angel- Rekrut.", dann zog er mich mit sich.

Angel in Sneakers 2- Still alive!Where stories live. Discover now