Kapitel 2
POV TIM
4 years later
II
Immer wieder aufs Neue,schlug Jan seinen zuckenden Körper unkontrolliert gegen die Lehne,der Couch,ehe er erneut nach vorne gerissen wurde und sich das Ganze,wie bei einem defekten Filmband wiederholte.
Meine Augen klebten leer und ausdruckslos an seinen Bewegungen.
Ich fühlte mich so unbeholfen,wie ich dort saß und dabei zu blicken musste,wie er immer wieder von seinen Tics zerissen wurde,wie ein Blatt im Winde.
In den vergangenen vier Jahren,hatte ich jegliche Arten von Tics und epileptischen Anfällen hautnah,wie einen gewaltigen Sturm,über den Körper meines besten Freundes ziehen sehen,als wäre er nicht mehr als eine sich dahinstreckende Landschaft.
Vier Jahre hatte ich damit umzugehen lernen müssen.
Vier Jahre bin ich nicht von seiner Seite gewichen und hatte ihm beruhigende Floskeln ins Ohr geflüstert,während ein ballender Krieg des Himmels,in seinem Körper wütete,über welchen ich behutsam strich.
Seit vier Jahren können und wollen wir keinen einzigen Augenblick mehr ohne einander.
Vier Jahre ist es her,dass uns das Schicksal,auf so wundersam perplexe Weise zusammengeführt hat.
Ein Geschehnis,das so unbedeutend monoton,zum vergessen leicht wäre,so wäre es mit dem Falschen passiert.
Vier Jahre standen wir uns in jeder Lebensphase bei,kannten den Anderen besser,als sich selber und trotzdem zerreißt es mich jedes Mal gleichermaßen aufs Neue,wenn das Gewitter über die einsame,adäquate Landschaft zieht.
Vor Vieren Jahren,hatte ich die unglaubliche Stärke,meines Freundes, zum ersten Mal erfahren dürfen und trotzdem ähnelt er,für mich immernoch viel zu sehr,einem zarten Porzellangefäß,dessen ich jedem Moment,das Zerbrechen fürchtete.Immernoch kaum merklich zuckend, saß mein bester Freund neben mir und versuchte seinen,durch den kurzatmigen Gewitterschauer unterbrochenen Satz zu vervollständigen,ehe ein weiterer Schwall,wüster Satzgerinsel und Beschimfungen unkontrolliert,wie eine Fontäne aus seinem Mund sprudelte.
In diesem Augenblick musterte ich Jan,welcher sich mittlerweile wieder gefangen und seinen Satz unbeirrt zu Ende gesprochen hatte,nun doch etwas besorgt.
Nach einigen weiteren,zu meiner Erleichterungen nicht von motorischen Tics übersäten Augenblicken,war das Video,welches wir in der Zwischenzeit für unseren gemeinsam Kanal gedreht hatten,im Kasten.
Für einen Moment durchstieß mich die unerbittliche Frage,ob es Jan gut ginge,doch ich schob diesen,mich immer begleitenden Gedanken zur Seite.
Ich wusste,dass ich Dinge nicht zu dem modifizieren durfte,was sie nicht waren.
Tics waren Tics,nicht mehr und auch nicht weniger.
Zudem wusste ich,dass Jan sich in diesem Falle sofort an mich wenden würde und konnte,aber wusste er das auch?
Aprupt unterbrach Jan meinen Gedankengang und verhinderte ihm jede weitere Fortführung.
,,Tim,wollen wir was zu Essen machen?Ich verhungere beinahe.Im Kühlschrank habe ich noch..",er räusperte sich lautstark und riss seinen Kopf gefährlich schnell nach hinten,wobei im Anschluss,in überspielt tiefer Tonlage die Worte, "Menschenfleisch ey!..",unkontrolliert aus seinem Mund sprudelten.
,,Sehr gerne,Dr. Lecter.",unterbrach ich meinen Gegenüber,gefolgt von lautem Gelächter,in welches Jan mit einfiel.
Aus reinem Automatismus lehnte ich mich,wie so oft,wenn wir gemeinsam lachten,zu Jan hinüber und meine Stirn suchte Halt,auf seinen standhaften und mir auf eine fesselnde Weise Schutz einhauchenden Schulterblättern.
Man konnte dieses Ritual schon beinahe eine Marotte nennen,doch ich wollte diese konstant wunderschöne,Geborgenheit schenkende Marotte niemals missen.
Ich wollte für immer seine Nähe und Wärme spüren und mich in diesem unzerstörbarem Halt verlieren,nur für einen Wimpernschlag.Mit einem gedämpften Klirren platzierte ich das Besteck neben den,mit dampfenden,frisch zubereiteten Nudeln,gefüllten Tellern,ehe ich Platz nahm.
Jan tat es mir gleich.
Mit einer angenehmen,den Raum hüllenden Stille aßen wir.
Hin und wieder wurden einsame Floskeln,begleitet von einzelnen Lachern,sowie diverse Tics von meinem Gegenüber in den Raum geworfen."Ich bin wirklich immer wieder begeistert von unseren ^Kochkünsten^",kommentierte Jan unser Abendessen,während wir gemeinsam den Tisch abräumten.
Die Tatsache,dass Spaghetti Bolognese eine solches Œuvre für uns war brachte mich zum Lachen.
"Man muss sich eben auch über die kleinen Dingen des Lebens freuen"
"Deshalb bist du also so euphorisch,wenn es um deinen Schwanz geht.",sprudelte es unkontrolliert aus Jan's Mund heraus und unsere Marotte wiederholte sich erneut.
"Ich kann dich gerne vom Gegenteil überzeugen.",raunte ich ihm sarkastisch,immernoch an seine Schulter gelehnt,zu.
"Vergewaltigung!",stieß es exzessiv aus Jan heraus.
Wir tauchten den Raum in lautes Gelächter und ich weiß nicht,aus welchem Grund,aber auf eine Art und Weise,bringe ich diesen Moment mit einem hellen Aquamarinblau in Verbindung,jedes Mal,sobald ich an ihn zurückdenke.Im Laufe des Abends,hatten wir uns dafür entschieden,ihn mit einem Film ausklingen zu lassen.
Aus welchem Grund auch immer,habe ich diesen Abend nur noch lückenhaft und verschwommen in Erinnerung,wenn ich mich an ihn erinnern möchte.
Doch an einen Augenblick,dieses aquamarinblauen Nachtanbruchs erinnere ich mich stets glasklar,als würde ich ihn auf einer endlos riesig erscheinenden Kinoleinwand mitansehen.
Ich erblicke Jan,wie er im Laufe des Films,sein Name ist viel zu irrelevant,als sich an ihn erinnern zu können,in meine Arme sinkt.
Zu erschöpft vom Alltag,um seine Augen einen Moment länger offen halten zu können,versinkt er immer tiefer,in einem traumgeladenen Schlaf,wie in ein schwarzes Loch,welches ihn wie Alice ins Wunderland geleitet.
Kurz,bevor er sich gänzlich,dem freien Fall hingibt und unkontrolliert,den nach ihm greifenden Händen,der Realität entflieht,frage ich ihn die seit dem Nachmittag,auf meinen Lippen brennenden Worte.
"Jan,du weißt,dass du immer zu mir kommen und mit mir über alles,ganz egal um was es sich handelt,reden kannst,nicht wahr?"
Er nickte wortlos und der Hauch eines Lächelns erstreckte sich auf seinen Lippen,während er in meinen Armen friedlich jeglicher Realität entfloh.
Ich spürte,wie die Müdigkeit nun ebenfalls Part von mir ergriff und mich immer mehr in ihre unendlichen Weiten zog,wie ein einfaches Sandkorn von der Ebbe.
Ich gab mich ihr hin und konnte förmlich spüren,wie mich der blassblaue Ozean in seine unermesslichen Tiefen verschlung.Hey,vielen Dank für eure ersten Reads:)
Die Story kostet mich zwar einige Stunden,doch bringt mir auch viel Spaß und ich hoffe natürlich auch,dass sie euch gefällt.
Das Lied "Ozean" von AnnenMayKantereit hat mich übrigens zum Ende dieses Kapitels motiviert,dabei beziehe ich mich nicht auf die Lyrics des Songs,sondern eher der Titel hat mich auf die Idee gebracht,da ich dieses Wort schon immer unglaublich idyllisch fand.
Aber eventuell fasse ich die Pointe dieses Liedes mal in einem anderen Kapitel auf.
Ich hoffe ich hör' euch,ihr hört' mich,wir hören uns alle gegenseitig im nächsten Kapitel wieder<3
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Thunderstorm daydreams|Gewitter im Kopf
FanficAm Anfang erschuf Gott die Welt. Am zweiten Tage schöpfte er den Himmel, von dem Donner und Blitz in ohrenbetäubenden Lichtern auf unsere Erde hinabprasseln. Eines Tages fanden Donner und Blitz den Weg in meinem Kopf und ein riesiges Gewitter entsta...