Kapitel 14
POV TIM
XIV
Alles wirklich Böse beginnt in Unschuld.
-Ernest Hemingway
Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse.
-Nietzsche
Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.
-Albert Einstein
Wie dichter Nebel umgab mich der tiefe, eindringliche Blick Jans. Seine Augen waren von tiefen Gräben durchzogen. Tiefe Gräben welche nicht überquert werden wollten. Vorsichtig trat ich auf ihn zu-den Schlüssel aus dem Schloss der soeben geöffneten Haustür ziehend.
Das Gebäck, welches ich gerade eben noch beim Bäcker an der Ecke für unser gemeinsames Frühstück gekauft hatte, ließ ich nun abwesend zu Boden sinken.
Seine leeren Augen durchlöcherten mich schmerzhaft und mein Magen verdrehte sich bei diesem Anblick, als wäre er nichts weiter, als ein sich im Sturm windendendes Blatt.
Nicht aufgrund der Plötzlichkeit, denn in meinem Studium hatte ich lernen müssen mit etwaigen überraschenden Handlungen umzugehen. Es war viel mehr und ganz alleine die Tatsache, dass ich noch nie diese Art von ihm entdeckt hatte. All die Jahre, welche durchtränkt waren von dem Glauben all seine Fasetten zu kennen stapelten sich mit einem Mal lastendschwer auf meinen Schultern auf.
"Tim, wir müssen reden.", diese vier kleinen Worte begannen abrupt gegen mein Trommelfell zu hämmern und meine Perspektive wechselte zu einem schwammigen schwarz-weiß-Filter.
"Ich kann da...",seine Worte stockten plötzlich, als hätte Jemand seinen Satz wie bei einem schlechten Horror-Film abgehackt.
Ein schlechter Horror-Film; so fühlte es sich an, als jeder epileptische Anfall, wobei ich Jan's steifen, von einem Muskelkrampf erfassten Körper gehalten und beruhigende Floskeln in sein Ohr geflüstert hatte-in der Hoffnung er würde somit diesem Krieg ein Ende setzen-sich in diesem Augenblick in mein Gedächtnis einbrannte.
Ich trat so behutsam auf ihn zu, als würde ich ein Mienenfeld überqueren und legte meine Hände so vorsichtig auf seine Wange, als wäre er eine zum Zerbrechen verurteilte Vase.
"Ich denke da gibt es etwas, dass ich dir sagen muss. Am Besten gleich jetzt.", ich verlor mich in seinen dunklen Augen. Versuchte mir jedes, noch so kleine Detail einzuprägen. "Ich habe das Gefühl, dass du mir gegenüber Gefühle aufgebaut hast, welche ich nicht erwidern kann. Es tut mir leid, aber... ich bin nicht fähig dich zu lieben. Es ist besser, wenn du es jetzt gleich erfährst.", jedes seiner Worte war klar und abgeklärt, als würde er sie aus einem Drehbuch vorlesen. Und während diesen Worten passiert so viel in mir; ich versuchte sie gerade noch zu unterdrücken, da strömten die Tränen auch schon meine Wangen hinab. Wie ferngesteuert zog ich meine Hände zurück. Ich wollte am liebsten verschwinden, doch fühlte mich wie gelähmt, war ihm restlos ausgeliefert und gerade hat er mir ein Messer mitten in mein Herz gerammt.
Ich presse meine Augenlider aufeinander. Kann diesen Anblick nicht länger ertragen. Wollte sie wieder aufreißen und dieses Szenario als Albtraum entpuppen.
Doch ich öffnete sie und nichts geschah.
Der schwarz-weiße Vorhang, welcher sich über uns gelegt hatte, hatte immer noch an jeglichem Farbspektrum verloren. Und ich befand mich nach wie vor in dem selben Horrorfilm, anstatt neben ihm schweißgebadet zu erwachen-aus diesem furchteinflößendem Traum gerissen. Ihn glücklich zu mustern, zu küssen, mich an ihn zu schmiegen.
"Das meinst du nicht ernst.", die imaginären Schlinge um meinen Hals zog sich immer enger und verlieh meiner Stimme eine raue und atemlose Art. Ich suchte seinen Blick, welcher starr auf die hinter mir liegende Wand gerichtet war, welche er schon die gesamte Zeit durch mich hindurch blickend zu beobachten schien. Vorsicht nahm ich sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte es behutsam in meine Richtung. Jans Haut war eiskalt und ein Tropfen fiel aus seinen nassen Haaren auf meinen Handrücken. Seine Augen waren stets verlassen von jener Ausdrucksstärke, Farbkraft, Tiefe; schienen stets verlassen von ihm während sie mich erneut zu durchlöchern schienen.
Sein Blick senkte sich und mich überrollte das Gefühl, als hätte man mir einen, bis in die Weichteile vordringenden Schlag inmitten meines Magens versetzt. Wieso konnte er mir nicht in die Augen sehen?
"Es tut mir leid.", Jans Blicke regte sich kein Stück bei seinen trockenen, kalten Worten, als hätte ihn die Fernen einer Landschaft verschluckt.
Ein Schauer erfasste meine, nun kalt werdende Haut. Ich versuchte zu schlucken, doch die Korpulenz meines Rachens schien ausgetrocknet und zugeschnürt. Mein Magen fühlte sich in diesem Augenblick wie entzweit an, die anfänglichen Schmerzen wirkten non existent im Äquivalent zu dem jetzigen Szenario.
Ohne Kontrolle bahnten sich Tränen wie ein reißender Fluss den Weg meine Wangen hinab.
"Das kannst du nicht ernst meinen, Jan.", meine Augen brannten unter der Konfrontation der salzigen Tränen und meine Kehle fühlte sich wie ertränkt an. Als hätte die Flut einen rauen, spitzen Kalkstein in meine Lunge getragen, welcher nun, auf die doppelte Größe angeschwollen, kratzend und blutige Spuren ziehend den Weg hinab suchte.
Ein motorischer Tic erfasste den Körper meines Gegenübers.
"Sieh mich an. Bitte sieh mich an.", mein gesamter Körper schmerzte bei jedem Wort. "Du kannst mir sagen, dass ich gehen soll. Du kannst mir sagen, dass es keinen Sinn hat. Du kannst mir sogar sagen, dass das die Wahrheit ist; dass du mich nicht liebst. Aber du siehst mich jetzt an. Bitte.", meine Stimme wurde immer leiser und die Stille um uns herum wirkte plötzlich erdrückend laut.
Und tatsächlich regte sich sein Kopf in meine Richtung und in diesem einen Blick steckte so viel. All das, was seine Augen schon seit so vielen Jahren bargen. Seit der Zeit, in welcher wir als Kinder an sonnigen Nachmittagen Märchen nachgespielt hatten, ala. der Prinz besiegt den Drachen um das zu retten, was er am Meisten liebte. Und in diesem einen Moment, in diesem Blick waren wir wieder Kinder. Kinder, die um das kämpften, was sie am meisten liebten.
Ich spürte seine Lippen auf Meinen und es war, als würde ich zum ersten Mal fühlen können. Als würde ich den Verstand verlieren bei dem Versuch diesen Moment für immer fest zu halten. Doch er wickelte sich in diesen Atemzug, wie die Wolken die Abendsonne und verschwand mit ihm.
Jan sah mich an und zum ersten Mal an diesem Morgen war ich es, welchen sein starrer Blick wirklich traf. "Tim, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du Gisela kein Wort glauben sollst. Aber ich würde dich nie anlügen. So auch jetzt nicht. Es tut mir leid."
Der, sich schürfend und kratzend den Weg meine Lunge hinabsuchende Kalkstein zerriss meine Atemwege und machte jede Antwort unmöglich.
Ich wandte den Blick ab. Ertrug nicht noch eine Sekunde länger den Seinen.
Mein Kopf fühlte sich an, wie von einem nebligen Gewitter durchzogen. Blitz und Donner schlugen schmerzaufreibend an meine Schädel-Innenwand.
Das in meiner Brust rasende Herz war wie von Nadeln durchzogen. Mein narbendeckendes Blut war Garn und Wolle und all die Schmetterlinge in meinem Bauch wurden zu Rasierklingen.
Jene über meinem Kopf zerbrochene Flut schien mich in die leeren Tiefen ihres unendlichen Ozeans hinabgerissen zu haben. Ich war erneut kraftlos an die Oberfläche getaucht. Mein Leichnam ritt auf den harten Wellen. Meine salzwasserertränkte Kehle zeigte gen Grund.Hey, total schön zu sehen, wie gut die Story momentan bei euch ankommt und wie süss ihr immer alle mitfiebert. Das freut und motiviert mich riesig:)
Hoffentlich hör ich mich, hört ihr mich,wir hören uns alle gegenseitig beim nächsten Mal wieder;))
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Thunderstorm daydreams|Gewitter im Kopf
FanficAm Anfang erschuf Gott die Welt. Am zweiten Tage schöpfte er den Himmel, von dem Donner und Blitz in ohrenbetäubenden Lichtern auf unsere Erde hinabprasseln. Eines Tages fanden Donner und Blitz den Weg in meinem Kopf und ein riesiges Gewitter entsta...