Thunderstorm daydreams|Gewitter im Kopf

Ruhe vor dem Sturm

Kapitel 8

POV JAN

VIII

The day 4 years ago

Ein weiterer Schwall Kotze bahnte sich, wie eine Fontäne schlagartig den Weg aus meinem Mund.
Spätestens jetzt, wie ich hier völlig kraftlos über der Toilette, eines mir fremden Mannes hing, merkte ich, dass es nicht zu meinen erfolgreichsten Entscheidungen gehörte, die Einladung eines neuen Nachbarns aus gutem Glauben und mich zerfressender Einsamkeit an zu nehmen.
Nachdem ich mich, immernoch mit wackligen Beinen und am ganzen Leib zitternd, nach einer unendlich erscheinden Ewigkeit wieder aufgerichtet hatte und mit leeren Augen, das Elend, welches ich fabriziert hatte und anschließend das, meiner Selbst, im Spiegel betrachtet hatte und mich nun erneut, mitten im Getümmel, umgeben aus einer endlos wirkenden Menschentraube, aus mir unbekannten Menschen wiedergefunden hatte, merkte ich, dass ich mich noch nie so Fehl am Platz gefühlt hatte.
Als wäre der Abend und das unbeschreibliche Gefühl in meinem Magen nicht schon mehr als genug, steuerte nun, kaum hatte ich mich aus lauter Erschöpfung und Haltlosigkeit auf dem Sofa niedergelassen, auch Jasper wieder auf mich zu.
Gatsby-mäßig begrüßte er, welchem ich dieses ganze Durcheinader zu verdanken hatte, mich samt erhobenem Sektglas.
Als hätte ihn plötzlich die Schwerkraft in die Knie gezwungen, lässt er sich träge, wie ein Stein ins Wasser, neben mich fallen.
Er greift ungestüm nach zwei vor uns auf dem Glastisch stehenden Kurzen, und reicht mir einen davon.
Infolge, seines auffordernden Nickens, hielt ich mir das, nach Mundspülung und billigen Kräutern riechende Gemisch, unter die Nase und kippe es auf seine Aufforderung hin un einem ungeübten, von meiner Karriere als Nicht-Trinker gezeichneten Schluck hinunter.
Fest presste ich die Augen zusammen und die bebenden Lippen aufeinander, als das brennende Gefühl meine Lunge hinaufstieg.
Vorsichtig ließ ich meinem Blick nach einiger Zeit, mit dem Dröhnen der Musik, und dem Ozean aus Wortgerinseln, im Ohr klingend, wieder schweifen und erblickte ein zweites Alkoholgemisch, welches Jasper mir grinsend unter die Nase hielt.
Der Geruch von Mundspülung brannte in mir und mein Magen zog sich dabei schmerzhaft zusammen.
Ich wollte hier nicht bleiben.
Nicht eine Sekunde länger.
Und ich wollte keinen winzigen Schluck dieses widerlich,billigschmeckenden Gemisches weiter in mir dulden.
Doch ebenso wenig, wie ich heute morgen Jasper's erbärmliche Anfrage ablehnen konnte, konnte ich nun diese Feier verlassen, geschweige denn sagen, was mich hier überhaupt noch hielt.

Erneut breitete sich dieses brennende Gefühl in mir aus, als, auf Jasper's Appell hin,dass ein Shot ohne Anstoßen, geschweige denn Blickkontakt ungültig und somit nichtig sei, auch das zweite Glas, dieser abartigen Kräuter-Minz-Mische, den Weg meinen Rachen hinab fand.
Es fühlte sich so an, als hätte meine Würde, bei eben jenem Schluck, mit aller Kraft den Weg meinen Hals hinauf und in den ertränkenden Tod,des Alkohols gesucht

Abermals schmerzte die ohrenbetäubende Musik, in Kontakt mit dem Übermaß an Satzstummeln in mir und mein Tourette arbeitete auf Hochtouren, was jedoch, der Ozean aus Noisetät, in seinem tiefen Blau verschluckte.
Irgendwie fanden die Wortfetzen Jaspers doch den Weg in mein Gehör, wenn auch nur halbherzig.
"Jan,richtig?",ich nickte,bloß von körperlicher Anwesenheit gesteuert.
"Hast du eigentlich 'ne Freundin?",klang die Monotonie seiner Frage in mir nach.
Doch bevor ich auch nur ein Wort zur Atwort geben konnte, spürte ich, wie sich ein weiterer Schwall Kotze fontänenartig, den Weg meine Speißeröhre hinauf bahnte.

"Alkohol ist ein falscher,hässlicher Freund.",schallten die, längst vergessen geglaubten Worte, eines ehemaliges Freundes, während seinem dritten Aufenthalt in der Entzugsklinik, neben der hallenden Musik in meinen Ohren.
Ja,das ist er, ohne jeden Zweifel.
Am schlimmsten aber schlägt er zu, wenn man seine Nähe, aus dem Aufgeben nach der Sehnsucht des Unbekannten und längst nicht mehr spürendem Hungergefühl suchte.