2.Kapitel

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Die Fähre war nicht besonders groß. Auf dem unteren Deck konnten Autos parken. Auf dem Oberen gab es eine Art Cafeteria. Die Wände waren in einem schlammbraun gestrichen und die meisten Möbel waren in Grüntönen gehalten. Große Panoramafenster hätten den Blick auf das weite Meer ermöglicht, wenn diese nicht total verschmutzt wären.

Gegenüber der Tür war ein Tresen aufgebaut. Hier konnte man belegte Brötchen, Kaffee und Kakao kaufen.

Ich stellte mich in die Schlange und ließ meinen Blick noch einmal durch den Raum schweifen.

Es gab drei Tische und eine kleine Sitzecke mit einem Sofa und drei Clubsesseln. Zwei der Tische waren besetzt. An dem ersten saßen drei Mädchen, etwa in meinem Alter.

Sie redeten lautstark über Jungs und Klamotten. Ein paar mal sahen sie zu der Sitzecke hinüber, wo ein großer Junge saß. Er kam mir sofort unsympathisch vor. Ich kann nicht sagen wieso, weil an ihm eigentlich nichts Besonderes war.

Vielleicht seine Haltung?

Nein. Er lehnte in den Polstern und hatte einen Arm auf der Lehne abgelegt. Ganz normal.

Seine Klamotten? Hm.. rotes Karohemd und Blue-Jeans.

Verwirrt wandte ich mich von ihm ab.

"Was wollen Sie?" Ich zuckte heftig zusammen und drehte mich um.

Die Bedienung hinter dem Tresen sah mich ungeduldig an.

"Ähm. Einen Kaffee. Mit Milch und Zucker." Sie drehte sich zu der Kaffemaschine um und in dem Moment spürte ich ein leichtes Brummen. Ich zog mein Handy aus der Tasche. Meine Mum hatte mir wieder eine Nachricht geschrieben.
Bist du auf der Insel? Ruf mich an!

Ich seufzte und ließ das Handy wieder zurück in die Tasche gleiten. Meine Mutter konnte einem wirklich den letzten Nerv rauben!

Sie wollte sowieso nur sichergehen dass ich erst einmal aus dem Weg, oder ihrem Leben verschwand.

Ich störte nämlich.

Ja richtig gehört, ich war eine Belastung für meine Eltern. Tja, und dann hatte meine Mum diesen genialen Plan mich auf eine schwach besiedelte Insel zu schicken und einfach zu hoffen ich könnte so lang wie möglich dort bleiben.

Zu den genaueren Umständen aber später.

"Dein Kaffee." Sagte die Bedienung und reichte mir die Tasse. Ich bedankte mich und setzte mich an den freien Tisch.

Ein Blick durch die Fenster zeigte, dass es nicht mehr weit bis zu der Insel war.

Ich schlürfte den heißen Kaffee und dachte nach. Was ich machen sollte wenn ich auf der Insel war, wie lange ich dort wohl bleiben musste, und wem ich vertrauen könnte. Ich betrachtete die wenigen Menschen auf der Fähre. Der Junge in der Sitzecke und die drei Mädchen gehörten sehr wahrscheinlich zu den Bewohnern der Insel. Eine kleine Gruppe Wanderer war offensichtlich vom Festland.

Ich holte mein Handy heraus und blickte es lange an. Was wollte ich eigentlich machen?

Ich würde nur zu gerne meine beste Freundin Caroline anrufen. Sie würde mir sagen dass ich einfach das Beste aus der Situation machen sollte und es vielleicht wie Urlaub sehen.

Ja klar.. Auf einer winzigen Insel Anfang November.

Aber ich tat es nicht.

Ich durfte sie nicht anrufen.

Ich fühlte mich wie in einem Zeugenschutzprogramm.

Ich hatte sogar einen gefälschten Ausweiß.

Nach dem war ich siebzehn Jahre alt, hieß Samantha Garden und kam aus Chicago.

Tja meine Eltern hatten wirklich alles Mögliche getan, damit mich niemand erkennen würde.

Ich hatte sogar meine schönen, langen braune Haare abschneiden und rot färben müssen. Es war eigentlich ein schönes Rot, aber meine alte Haarfarbe hatte meiner Meinung nach besser zu mir gepasst.

Die Stimme des Kapitäns riss mich aus meinen Gedanken. Wir würden in wenigen Minuten anlegen.

Ich zog meine Jacke an, nahm den großen Koffer und schulterte meine Handtasche. Dann stieg ich runter auf das erste Deck.

Der unsympathische Typ stellte sich direkt neben mich.

Langsam rückte ich etwas zur Seite. Etwas an ihm warnte mich zu nah zu kommen. Und ich kam der Warnung nur zu gerne nach.

Er sah zu mir runter und lächelte. Das ich mich Zentimeter für Zentimeter von ihm wegschob merkte er scheinbar nicht.

"Hey. Ich bin Zac. Und du?"

"Zo.. äh Samantha." Ich schluckte ärgerlich. Verdammt! Fast hätte ich mich verraten und dabei hatte ich noch nicht einmal einen Fuß auf die Insel gesetzt.

"Freut mich, Samantha." Er lächelte noch breiter. Es machte mir ein bisschen Angst. "Ziehst du auf die Insel?" Fragte er mit Blick auf mein Gepäck. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Für eine Weile."

"Ah." Sagte er und blickte dann wieder nach vorne auf den Pier, an dem wir gerade festmachen.

"Dann sehen wir uns vielleicht noch mal, Sammy" Er lachte breit und ging vor mir vom Schiff. Kopfschüttelnd folgte ich ihm. Sammy klang wie ein Hundename.

Blöder Name!

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