8.Kapitel

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Ich versuchte den Tee noch weiter zu trinken, allerdings war er immer noch zu heiß. Ich brachte die Tassen in die Küche. Die Küche war ein länglicher Raum und hatte zwei Eingänge. Einen von dem Flur in den man als erstes kam, wenn man das Haus durch die Haustür betrat und einen vom Wohnzimmer durch einen breiten Bogen.

Die Küchenzeile war in einem hellblau gehalten und alle anderen Möbel, wie der kleine runde Esstisch oder die Holzstühlen waren weiß. Insgesamt erinnerte der ganze Raum ans Meer. Es gab ein paar Fotografien von Schiffen, dem Meer, Stränden und Männern und Frauen aus längst vergangenen Tagen. Nathalia erkannte ich auf einem der Bilder. Sie trug eine dunkle Hose und ein blaues Hemd und dazu derbe Schuhe. Breit lächelnd blickte sie in die Kamera und hielt stolz einen riesigen Fisch in die Höhe. Verdutzt betrachtete ich das Bild länger. Bis jetzt wirkte Nathalia auf mich wie eine Frau, die schon sehr lange nicht mehr gelächelt, gescheige denn gelacht hatte.

Von der Küche ging ich zurück in das Wohnzimmer und setzte mich eine Weile in einen der großen Korbstühle, die vor dem größten Fenster hier standen. Man hatte einen wunderbaren Blick auf das Meer. Zwar waren die Klippen hier bestimmt zehn bis fünfzehn Meter hoch, aber trotzdem flogen ab und zu vereinzelte Tropfen hoch und klatschten gegen die Fenster. Ich beobachtete die kleinen Tropfen, wie sie das Glas herunter liefen und dabei eine nasse Spur hinterließen.

Nach einer Weile ging ich nach oben in mein neues Zimmer. Auspacken wollte ich nicht. Das hätte etwas entgültiges. Es würde bedeuten hier bleiben zu müssen. Und das wollte ich nicht.

Ich wollte zurück! Vielleicht nicht zu meiner Mutter oder meinem Vater, aber zurück in mein Zimmer, zu meinen Freunden, in die Stadt die ich kannte. Ich war noch nie ein großer Freund von Veränderungen gewesen. Schon die Schulwechsel oder zwei Umzüge waren schrecklich für mich gewesen.

Mittlerweile hatte ich meine Gefühle ziemlich gut im Griff, aber Reisen machte mir immer noch keinen Spaß.

Ich trat an das Fenster und sah nach draußen. Nur einsame, weite Landschaft. Die grau-grünen Gräser bewegten sich wie Wellen im Wind. Die vereinzelten Sträucher und Bäumchen waren windschief und knorrig.

Eigentlich sah es ziemlich beeindruckend hier aus. Diese Weite und das gleichgültig karge Land. Aber wenn ich mir vorstellte länger als ein paar Tage hier sein zu müssen, bekam ich Panik.

Um mich abzulenken durchstöberte ich die anderen Räume. Im ersten Stock gab es noch außer meinem Zimmer ein großes Badezimmer, das Schlafzimmer von Nathalia, noch ein weiteres Gästezimmer und ein kleines Büro. Dort fand ich auch mehrere Kameras und dicke Alben mit Fotos.

Scheinbar reiste Nathalia sehr viel. Vielleicht war sie Fotografin von Beruf. Ich nahm mir vor sie später mal zu fragen.

Zum Schluss saß ich wieder im Wohnzimmer. Es war eindeutig das Herzstück des Hauses. Der große Kamin, der mit großen, abgeschliffenden Steinen verkleidet war, stand im Mittelpunkt des Raumes. Drumherum standen mehrere kleine Sofas, Sessel, Tischchen und Pflanzen. Die Wände waren gepflastert von Fotografien. Vieles waren nur Landschaftsaufnahme aber vereinzelt erkannte ich auch Nathalia.

Auf der rechten Seite des Raumes gab es eine schmale Glastür.

Ich zog mir eine dicke Jacke an und öffnete die Tür. Sie klempte ein wenig, aber nach einem beherzten Tritt öffnete sie sich.

Der Wind riss an meinen Haaren und der Jacke und feine Gischt legte sich sofort über mein Gesicht. Langsam schlenderte ich zum Rand und trat sofort wieder zurück. Es ging extrem steil runter zum Wasser. Unten klatschten die Wellen mit einer ungeheueren Wucht gegen die scharfen, schwarzen Felsen und wurden in die Luft geschleudert.

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