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Ares' PoV

„Ares, du alter Schweinehund, sag verdammt nochmal nicht, dass du diesen scheiß Brief an Venus geschrieben hast, als du einen Kater hattest!", knurrt mir eine leise Stimme ins Ohr.

Und ja, fuck, bin ich gerade überfordert. Mein Kopf ist ein einziges „WAS PASSIERT HIER GERADE?".

Das könnte auch daran liegen, dass ich normalerweise einfach zuhause bleibe, wenn ich mich am Tag zuvor etwas zu sehr zugedröhnt habe. Heute jedoch nicht – und das liegt ganz sicher nicht daran, dass ich mich mordsmäßig auf meine Geschichtsstunde gefreut habe, in der Connor neben mir immer einschläft und dabei klingt wie ein gesamtes Sägewerk.

Eigentlich wollte ich nur wegen eben genannten Briefs kommen und danach abhauen. Irgendwas muss schiefgelaufen sein, denke ich, denn irgendwie ist es Mittagspause geworden und ich bin immer noch... nun ja, hier eben.

Und habe keine Ahnung, worum genau es in diesem Brief überhaupt ging. Ich wollte um meine Liebe kämpfen, oder so. Bin mir gerade nicht mehr so sicher. Scheiß Kopfschmerzen.

Aber warte.

Waaaaarte.

Irgendwas läuft hier gerade schief. Es hat vermutlich mit Kelly zu tun, die mit einem viel zu breiten Grinsen, das ein bisschen zu viel Zähne zeigt, um glaubwürdig zu sein, an meinem Oberarm hängt und so tut, als hätte sie mich nicht gerade beleidigt. Ihre Fingernägel graben sich so tief in meine Muskeln, dass ich mich fühle, als würde sie mir fünf spitze Rasierklingen hineinrammen, und insgesamt wäre ich vermutlich sowieso stehengeblieben, kaum hat sie mich angesprochen, doch sie zieht mich stoisch hinter sich her.

Die Schüler um uns herum starren uns dezent verstört an, was daran liegen könnte, dass Kelly mich teilweise als Rammbock benutzt und ich aussehe wie der Vorbote einer nahenden Zombieapokalypse. Meine Augenringe fühlen sich an, als wären sie tiefer als der Mariengraben.

Jedoch ist die Sache, die nicht stimmt, nichts von alldem. Nicht wirklich. Obwohl Kelly und ich in letzter Zeit kaum Kontakt hatten (was ganz bestimmt nicht daran liegt, dass ich mich dezent abgeschottet habe).

Die Sache ist eher, dass ich mir ziemlich sicher bin, ihr nicht davon erzählt zu haben, dass ich diese Briefe schreibe. Natürlich war mir von Anfang an klar, dass sie von der Sache Wind bekommen würde, da sie ja sozusagen an Venus festgewachsen ist, aber ich bin trotzdem... verwirrt.

„Wie kommst du darauf, dass ich Venus Briefe schreiben würde? Ich kenn den doch nicht mal", versuche ich mich schwach – und ziemlich leise – herauszureden, während Kelly mich gewaltsam durch die Tür zur Kantine presst, was durch die It-Girl-Clique, die davor herumlungert, nur ganz geringfügig erschwert wird. Marleen, die mir einen angepissten „Du wirst mir das erklären müssen"-Blick zuwirft, wird Kelly wahrscheinlich demnächst noch erdolchen. Tragische Sache, aber ich habe eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr mit meiner Freundin geredet. Und jetzt werde ich von Kelly durch die Gegend gezerrt. Schlechtes Zeichen? Ja, sehr schlechtes Zeichen.

„Ja, genau, warum solltest du Venus Briefe schreiben? Schon ziemlich lächerlich, oder?", zwitschert Kelly, die Doppeltür hinter sich schließend, wobei ihre Hand ohne mein Wissen langsam zu meinem Rucksack gewandert ist und jetzt zupackt. Fuck fuck fuck fuck.

Die Luft ist ja schon wegen des deftigen Essensgeruchs stickig, doch im Moment kann ich irgendwie überhaupt nicht mehr atmen.

„Nur, weil Venus deine Schrift nicht kennt, heißt das nicht, dass ich plötzlich dumm bin und nicht die Schrift desjenigen wiedererkenne, der mir im ersten Jahr der High-School mit Permanentmarker eine ziemlich dumme Liebesbotschaft voller Rechtschreibfehler und mit einem Komma hinter jedem verdammten Wort an den Spind geschmiert hat."

Venus BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt