7. Chinchilla-Prinzessin Troy

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Verons PoV

„Oi, einsame Prinzessin, hast du wieder einen Brief von deinem verzweifelten Verehrer bekommen?"

Es ist ein Wunder, dass ich Troy nicht schon den Ellbogen in den Magen ramme, kaum dass er mein Blickfeld betritt.

Nun gut, wir wissen beide, dass ich das niemals tun würde, aber ich drücke es mal so aus, ich verspüre durchaus einen gewissen Reiz.

Genervt lasse ich dennoch zu, dass er seinen Arm um meine Schulter legt und auf mich herunterschaut. Oh Gott, warum ist er so verdammt groß?! Das Leben ist nicht fair. Er kann mir doch nicht erzählen, dass das normal für einen Kerl ist, der erst vor wenigen Tagen 16 geworden ist.

„Große Worte für einen Typen, den ich jeden Tag vom Unterricht abholen muss wie eine überfürsorgliche Glucke und der immer noch keine Freunde zu haben scheint", schnaube ich leicht belustigt.

Empört drückt mich sein Arm etwas fester an seine Brust. Bin ich froh, dass Dad so viel Wert auf Hygiene legt und ich keinen Bruder habe, der stinkt wie ein ganzer Kuhstall.

Wobei, wenn es so wäre, wären wir gar nicht erst in dieser Situation.

„Hey, die Mädels werfen sich auf mich. Ihre Augen werden zu Herzen, wenn sie mich sehen... und sie schicken mir anonym Nacktbilder!"

Ich muss mich anstrengen, dass mein Grinsen nicht wirklich von einem Ohr zum anderen geht. Normalerweise ist das nämlich untypisch für mich und ich hoffe, dass niemand aus meinem Jahrgang mich gerade so sieht. Aber was soll ich sagen. Das hier ist Troy. Wer in seiner Gegenwart nicht glücklich ist, ist niemals glücklich.

„Dann würde ich sagen, kleiner großer Bruder: Du hast die Arschkarte gezogen", erwidere ich spöttelnd. Ich habe immer noch nicht wirklich durchschaut, was in Troy vorgeht, aber er ist weder romantisch, noch sexuell interessiert an... irgendwem.

Anfangs dachte ich, das sei seine sexuelle Selbstfindungsphase, die jeder Teenager einmal durchmacht. Nur, dass er, als er mir das Ganze todernst erklärt hat, 13 gewesen ist, verdammt, und sich seitdem irgendwie nichts daran geändert hat.

Aber sei es wie es sei, wenn Troy eine dieser Personen ist, die mit ihrer Familie und ihren Haustieren zufrieden sind, dann freut mich das für ihn.

„Das stimmt nicht", widerspricht er mir – wie er es so oft tut – und fährt fort: „Mir bleibt viel komplizierter Kram erspart. So wie das mit dir und Mars. Also, sag, was stand in dem Brief?"

Um nicht sofort antworten zu müssen, ziehe ich leicht an seinem Arm und wir wandern durch die mittlerweile leeren Schulflure (Troy verlässt immer als einer der Letzten das Klassenzimmer), bis zum Parkplatz der Schule.

Meine rechte Hand hat mittlerweile ihren Weg in Troys rechte Jeansjackentasche gefunden, und seine Finger trommeln zu irgendeinem Beat auf meinem Oberarm herum. Manchmal beschwere ich mich und erkläre ihm, er könne sich das für seine – nicht existenten – Drums aufheben, aber irgendwie mag ich es.

Wir schweigen, bis so gut wie alle Wägen um uns herum verschwunden sind und unsere Mitfahrgelegenheit direkt auf uns zusteuert.

„Er will mir Blumen schicken", nuschele ich, während der schwarz glänzende Wagen direkt vor uns hält, beinahe lautlos.

„Ah ja", schmunzelt Troy, wobei er mir die Tür aufhält, sodass ich ins Innere des Autos steigen und für ihn aufrücken kann, „Hoffentlich keine roten Rosen, sonst ist er echt unten durch."

Venus BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt