∆Kapitel 7: Der erste Eindruck ist meistens ein Bleibender∆

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Die Langeweile war überall. Selbst einem waschechten Stubenhocker wie dem Meisterdetektiv L war das stundenlange Bildschirmstarren auf Dauer zu langweilig. Zur Beschäftigung hatte er sich schon verkehrt herum auf den Drehstuhl gehockt und sich so lange gedreht, bis er auf den Boden krachte. Eine sonderlich schlechte Idee, wie er selber danach bemerkt hatte.

Dann kamen noch die täglichen Anrufe. Jedes Mal dasselbe. Eine Nachfrage, wie es Light wohl geht. Zugegeben, es war eh nur Misa, die den Kontakt versuchte, herzustellen, oder Matsuda, der von Misa dazu gezwungen wurde. Dies änderte nichts an der Tatsache, dass sich nur nach Light erkundigt wurde. Nie fragte jemand nach L, nie nach Ryuzaki. Es wurde nicht einmal nach Hideki Ryuga gefragt.

Mit einem traurigen Gesichtsausdruck knabberte L an seinem Daumennagel herum. Was wunderte es ihn eigentlich, dass sich niemand für ihn interessiert, er selbst verschleiert schließlich seine eigene Identität. Der Schwarzhaarige sah auf die Uhr. Light sollte jeden Moment von der Universität ins Hotelzimmer zurückkehren. Dies geschah allerdings nicht. Knapp eine halbe Stunde nach dem vereinbarten Zeitpunkt der Rückkehr war Light noch immer nicht da.

L stand auf und trottete zur Tür. Light hatte einen der Schlüssel mitgenommen, also brauchte er selber keinen. Ohne Bewaffnung und ohne Schutz vor Kälte machte er sich auf den Weg zur Universität.
Über Nacht hatte es eine Menge geschneit, der Boden war von einer Schicht Schnee bedeckt, auf dieser der Schwarzhaarige barfuß lief.

Es wurde ihm immer kälter, immer langsamer kam er voran. Die Passanten warfen ihm schiefe Blicke zu. Erleichterung machte sich in ihm breit, als er in der Ferne die braunen Haare erkennen konnte. Light kam näher und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben, zusammen mit purem Entsetzen. "Ryuzaki! Was zur Hölle tust du hier!", zischte er. Es klang nicht aggressiv, eher besorgt.

"Du warst länger weg als sonst... Da hab' ich beschlossen, nach dir zu suchen", erklärte L leise. Er war blasser als sonst, er zitterte am ganzen Körper. Light sah ihn perplex an. "Du hast dir Sorgen gemacht?"
Der Schwarzhaarige sah beschämt zu Boden. Der Student berührte ihn an der Schulter, seine Hand war warm. "Wir gehen jetzt sofort zurück", flüsterte er und prompt fand er sich auf Lights Armen wieder. So... warm...

"Ryuzaki, du kannst es dir nicht leisten, jetzt krank zu werden", meinte Light. Er bereitete gerade ein Fußbad für den noch immer frierenden L vor. "Entschuldigung."
Gedankenverloren starrte er nach vorne, in einer normalen Position saß er auf dem Bett. Seine Füße mussten schließlich das warme Wasser erreichen. "Was hast du dir nur dabei gedacht?", fragte Light. Sein Tonfall war ungewohnt sanft. L antwortete nicht, er starrte nur weiterhin stur in die Leere.

"Es bringt nichts, es weiter zu leugnen", fing Light mit seiner Rede an. "Du weißt, dass ich Kira bin. Und ich weiß, dass du mich irgendwann dingfest machen wirst. Diese Mission hat nur Vorrang."
"Nein."
Light sah den Schwarzhaarigen verwirrt an. "Wie, 'nein'?"
L sah endlich auf. "Wir täuschen die Lösung des Falles vor, und du hörst auf zu morden. Oder du nutzt das Buch für Ermittlungen."

Light sah ihn immernoch verwirrt an. "Aber warum? Ich habe doch versucht, dich zu töten!" L senkte wieder den Kopf. Sein halbes Gesicht war unter seinen ungekämmten, schwarzen Haaren verborgen. Unangenehmes Schweigen füllte den Raum. Knapp fünf Minuten dauerte es, bis L diese Stille unterbrach, in dem Wissen, dass Light noch anwesend war.

"Ein einziges komisches Gefühl reicht, um seine Sichtweise zu ändern", murmelte er. Ein wenig später spürte er wieder Lights warme Hand. Erst auf seiner Schulter, dann auf seinem gekrümmten Rücken, und schlussendlich schmiegte der Brünette seinen ganzen Körper an L. Eine heiße Träne bahnte auch ihren Weg nach unten, über die Wange des Schwarzhaarigen, bis diese vom Stoff des Hemdes aufgesogen wurde. Wieder herrschte ein Schweigen. Aber dieses war das schönste, das L jemals zu Ohren kommen durfte.

Nach einer ganzen Weile lösten sich die beiden aus ihrer Starre. Light sah in L's blasses Gesicht. "Komm, Ryuzaki. Wir müssen uns langsam fertig machen", sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen. L stand auf und stakste aus dem Wasser. "Zieh dir diesmal aber was warmes über, sonst frierst du wieder", wies der Student ihm an. Mit ihren Koffern und passender Kleidung machten sie sich auf den Weg in den Park.

Als dunkle Gestalten der Nacht schlichen sie durch die Schatten. Da sie durch den Schnee schneller aufgeflogen wären, nahmen sie einen kleinen Umweg durch die noch immer ziemlich vollen Straßen. Die großen Werbetafeln zeigten eine Nachrichtenshow. Überall wurde von einem Haufen Ghulleichen berichtet, die nicht einmal versteckt wurden. Es soll sich angeblich um einen puren Zeitvertreib gehandelt haben.

"Ist das der Park?", fragte Light leise. "Es ist der einzige in der Nähe", entgegnete L. Unter einer der vielen Bäume fanden sie ein perfektes Versteck. Light zog sich seine schwarze Kapuze noch ein Stückchen weiter ins Gesicht, seine Quinke ruhte noch ungeöffnet im Aktenkoffer. L hingegen hatte eine originalgetreue Abbildung Ryuks als Maske, und auch auf seinem Kopf befand sich eine Kapuze. Keiner der beiden hatten den Aktenkoffer geöffnet und wussten daher nicht, wie ihre Waffen aussahen. Das war ein großer Nachteil im Kampf.

Um Punkt Mitternacht landete ein weißhaariger, junger Mann unmittelbar vor ihnen. Eine schwarze Maske verdeckte seine untere Gesichtshälfte sowie sein Auge. Das andere glühte rot. Neben ihm erschien eine weibliche Person. Sie trug eine Hasenmaske und eine Kapuze. Das muss das Ghulteam sein. Auf der anderen Seite erschienen ebenfalls zwei Personen. Ein Rotschopf und ein Blauschopf. Sie passten ebenso ins Bild, denn der eine trug eine rote Hundemaske, der andere eine Schlangenmaske.

Light trat zu den anderen, auf einen Angriff gefasst. L folgte ihm und hielt den silbernen Koffer fest in der Hand. "Kira und sein Komplize", knurrte der Weißhaarige und schien so, als wolle er losspringen. "Kaneki", entgegnete Light triumphierend. Der Ghul sah ihn perplex an. Die freche Stimme des Rotschopfes erklang auf der anderen Seite. "Yagami." L konnte nur erahnen, wie Light rot wurde vor Zorn. Die Ghula wirbelte zu den kleineren herum. "Akabane", fauchte sie.
"Kirishima." Diesmal hatte sich der Blauhaarige zu Wort gemeldet. Jetzt war Light wieder dran. Mit "Shiota", nannte er den letzten bekannten Nachnamen.

"Sehr gut, jetzt kennen wir alle unsere Nachnamen", meinte der Rothaarige provozierend. "Alle bis auf deinen." Lässig erhob er seine Quinke und zeigte auf L. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Der Schwarzhaarige lachte. "Den kennt auch keiner. Ausnahmslos."
Akabane schnaubte. "Yagami. Wie wäre es, wenn wir gemeinsam die Ghule töten", grinste er frech. "Und dann können wir zu dritt Kira umbringen." L drückte den Knopf auf dem Koffer, welcher sich öffnete. Eine Kette, an denen verschiedenen Enden ungefähr sieben blaue Kunai hingen, kamen zum Vorschein. Der Schwarzhaarige trat einen Schritt voran.

"Willst du Kira umbringen, wirst du erst mich umbringen müssen."

Killer in the Mirror | A Crossover FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt