𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 𝑂𝑆 𝑆𝑎𝑚𝑚𝑙𝑢𝑛𝑔 | 𝘼𝙙𝙫𝙚𝙣𝙩𝙨𝙠𝙖𝙡𝙚𝙣𝙙𝙚𝙧 𝟮𝟬𝟭𝟵

04 - All of my life

⚠️Warning: sad Story

 
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Die unzähligen kleinen Bätter, die im Sommer noch den großen Baum zierten waren durch die Herbstkälte alle verschwunden und ließen nur noch die langen, traurig runter hängenden Zweige übrig, die mittlerweile von einer dünnen Schneeschicht überzogen waren.

Wie oft hatte ich nun schon hier gesessen und diesen Baum angesehen, ihn beobachtet wie er sich im Laufe des Jahres gewandelt hatte. Der Winter hatte auch vor der alten Trauerweide keinen Halt gemacht, doch genau das war es, was mich in diesem Moment beruhigte. Ich kannte diesen Baum genauso gut, wie er mich kannte und auch ich hatte nach all den Monaten, die vergangen waren, einen Wandel vollzogen. Selbstverständlich hatte ich mich äußerlich verändert, immerhin war ich bereits seit über 8 Monaten regelmäßig hier gewesen. Doch die größte Änderung betraf wohl mein Inneres mit seinen Gedanken und Gefühlen.

Seit ich im Sommer diesem Jungen begenet war, der mich einfach nicht in Ruhe lassen konnte und sich anscheinend unbedingt in den Kopf gesetzt hatte, sich mit mir anzufreunden, war ich nicht mehr derselbe gewesen. Dieser Jungkook hatte so viel in mir verändert, dass ich mich selbst fragte, wie er dies angestellt hatte, wo andere doch kläglich scheiterten.

Manchmal sah ich ihn, wenn er dort auf der schäbigen, alten Holzbank saß und stumm nach vorne blickte. Ich war ihm aus gutem Grund aus dem Weg gegangen, auch wenn mein Herz sich noch so sehr nach diesem naiven, gutherzigen Jungen sehnte. Irgendwann hatte es nachgelassen, dass er jeden Freitag her kam. Ich konnte ein trauriges Lächeln nicht aufhalten, als mir klar wurde, dass er mich endlich aufgegeben hatte und mich entweder schon wieder vergessen hatte oder so enttäuscht war mich nicht anzutreffen, dass er mich vergessen wollte.

Ich wusste, dass es so und nicht anders richtig war, auch wenn ich meine letzte Kraft noch immer aus den vielen Begegnungen mit diesem Jungen schöpfte.

"Taehyung!", hörte ich eine hohe Stimme und sofort stockte mein Atem. Ich musste nicht sehen, wer mich dort rief, auch aus der Entfernung erkannte ich diese charakteristische Stimme umgehend, dafür hatte ich ihr zu oft gelauscht oder mich an ihren Klang erinnert, wenn ich abends weinend im Bett lag und einfach aufgeben wollte. "Verschwinde, Jungkook!", versuchte ich so kalt wie möglich zu sagen in der Hoffnung, er würde einfach wieder gehen. "Spinnst du!? Weißt du eigentlich, wie oft ich hier war, weil ich gehofft habe, dich nochmal zu sehen!?", schimpfte er.

Ja, dachte ich. Ich hatte es ja oft genug aus meinem sicheren Versteck beobachtet, doch warum war er hier? Er hatte aufgehört zu kommen und sollte mich längst vergessen haben. "Geh bitte! Ich will nicht, dass du mich so siehst!", startete ich einen neuen, kläglichen Versuch ihn zu verscheuchen.

Natürlich ließ er sich so leicht nicht abwimmeln und stand nur wenige Sekunden später vor mir und musterte mich entsetzt. "Tae... aber was..?", stammelte er. Ich konnte seine Blicke auf mir spüren, obwohl ich zu feige war ihn anzusehen. Er musste ziemlich geschockt gewesen sein, mich in diesem Zustand zu sehen. "Siehst du? Deswegen wollte ich damals nicht, dass du dich mit mir anfreundest. Und jetzt geh bitte.", erklärte ich mit rauer Stimme. Erst herrschte kurze Stille, unangenehme Stille, da der Schnee, der sich mittlerweile überall niedergelassen hatte, sämtliche Umgebungsgeräusche verschlungen hatte, bis ich Jungkooks liebliche Stimme wieder vernahm.

"Wieso Taehyung...? Wieso hast du mir nie gesagt, wie schlecht es dir geht!? Wieso hast du mich angelogen und gesagt, deine Oma hat Krebs? Das ist nicht fair!", platze es wütend aus ihm heraus. So laut hatte ich ihn noch nie gehört, dennoch blieb mir nicht verborgen, wie wackelig seine Stimme war, weswegen ich meinen Blick nun doch hob und ihn ansah. Und was ich dann sehen musste, zerbrach mir mein eh schon geschwächtes Herz.
Er weinte.