12 - Awake

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Teil 2 zu "I need u" :D
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Er war diesem Jungen einst schon mal begegnet, als er sich in den gleichaussehenden, weißen Wäldern verlaufen hatte und schon damals hatte ihn das klägliche Weinen angelockt und zu diesem Haus geführt...

Sein junges Herz pochte so stark in seinem zitternden Leib, dass es ihn bereits schmerzte, genau wie seine Lungen, die versucht hatten während seines Laufs möglichst viel, aber zumindest ausreichend, Sauerstoff aus der eisigen Luft zu filtrieren, als er endlich das langersehnte Holzhaus erblickt hatte, in dem seine heile, fürsorgliche Familie auf ihn wartete.

Nicht mehr lange hatte er es in dem kalten Schnee sitzend ausgehalten, als diese - Erscheinung trifft es wohl am ehesten - vor seinen Augen aufgetaucht war und ihn schmerzlich daran erinnerten, dass es alles kein Traum gewesen war, was er als Kleinkind erlebt hatte.

Die Erinnerungen daran prasselten auf ihn herab wie ein, alles mit sich reißender Tsunami, der mit seiner erhabenden Gewalt jeden noch so kleinen, rationalen Gedanken, jedes beschwichtigende Wort seiner Eltern, jedes Gefühl von Sicherheit mit sich nahm und nichts, als Verwüstung hinterließ.

Er hatte es sich nicht eingebildet, dem wimmernden Geräusch gefolgt zu sein, immer tiefer in den verschneiten Wald laufend, um es schließlich in Gestalt eines gleichaltrigen Jungen am Rande des Hauses ausfindig zu machen. Er schien überrumpelt von der plötzlichen Erscheinung des Sechsjährigen, da seine verweinten Augen ihn einige Herzschläge lang starr anblickten. Unfähig war er gewesen, sich zu rühren und sich dem überwältigtem Blick des verweinten Jungen zu entziehen, da hörte er aus der Ferne ein unheilverkündendes Grollen.
Inmitten des aufgewühlten Schnees, der tosend um ihre zierlichen Körper fegte und die Sicht zu einer Art weißen Nebel verschwimmen ließ, verschwand der Junge, dessen Blick noch immer auf ihm zu haften schien und rissen den jungen Taehyung in eine traumlose Tiefe.

Zehn Jahre war es her.

Zehn Jahre hatte er diese Begegnung für ein Hirgespinst seiner kindlichen  Phantasie gehalten, eine verzweifelte Konstruktion seiner Gedanken, die ihm in seiner Angst in Form eines kleinen Kindes Beistand leisten sollte. Doch jetzt, wo er erneut einen flüchtigen Blick erhaschen konnte, sah er die verzweifelten und nach Hilfe schreienden Augen jenes Jungen schärfer, als jemals zuvor.

Langsam, um seinem Kreislauf zumindest eine winzig, kleine Möglichkeit der Erholung zu gewähren, und seine Gedanken wenigstens kurzzeitig von dem Unbekannten zu lösen, schritt er nahezu andächtig die letzten Meter zu seinem Ziel voran.
Wie sollte er es ihnen beichten, dass er sich über jahrelangen, einprägenden Warnungen hinweggesetzt hatte und das Haus aufgesucht hatte, das verborgen hinter der weißen, malerischen Landschaft lag und dessen Dasein sicherlich kein Positives war.

"Taehyung! Oh Gott! Du lebst noch!", kam es freudig, wenn auch überrascht von seinem Freund, der vor geraumer Zeit von der schrecklich beängstigenden Szene davon gelaufen war und ihn allein zurück gelassen hatte.
Er stand zusammen mit Taehyungs Familie, das heißt mit seinen Eltern und dem älteren Bruder Seokjin, im Eingang der Holzhütte, da sie sich gerade auf den Weg machen wollten, den verschollenen Taehyung aus dem weißen Grauen zu zu befreien.

Er war noch nicht ganz bei seinen Liebsten angekommen, da zogen sie ihn in eine feste, liebevolle Umarmung, dessen Wärme ihn wie auf sanften Wiegen trugen und seine erschöpften Glieder, nun da er in Sicherheit war, das erste Mal seit Stunden entspannen konnte. Kraftlos schloss er seine Augen, zog die vertrauten Gerüche, die von den Köpern um ihn herum ausingen, genießerisch ein, doch sobald er dies tat, erschien vor seinem inneren Auge erneut die Gestalt, die ihn jetzt, da er sie erneut erblickt hatte, nie mehr los lassen würde.

𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 𝑂𝑆 𝑆𝑎𝑚𝑚𝑙𝑢𝑛𝑔 | 𝘼𝙙𝙫𝙚𝙣𝙩𝙨𝙠𝙖𝙡𝙚𝙣𝙙𝙚𝙧 𝟮𝟬𝟭𝟵Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt