Kapitel 41

107 12 5
                                    

Ich liebe meine beste Freundin. Wirklich.

Aber im Moment hasse ich sie.

Hat sie das gerade wirklich getan? Mich mit Colin einfach im Zimmer eingesperrt, damit wir miteinander reden? Scheiße, ich bin absolut nicht darauf eingestellt das hier und jetzt mit Colin zu klären.

Wie ist dieses Biest überhaupt an meinen Schlüssel gekommen? Sie muss ihn wohl unauffällig genommen haben, als sie sich vorhin gegen die Tür gelehnt hat. Wie konnte ich das nicht mitbekommen? Und was hat sie eigentlich über Nathan gesagt? Die Sache zwischen ihnen ist geklärt?

So viele Fragen und Gedanken schwirren in meinem Kopf umher, dass ich einfach nicht fähig dazu bin, Wort zu ergreifen. Stattdessen hebe ich meinen Kopf und starre Colin an, der meinen Blick stumm erwidert. Vielleicht ist es auch besser so. Dazu gedrängt zu werden, endlich mal auszusprechen, was ich nun schon einige Zeit in mich hineingefressen habe. Immerhin habe ich Lilly auch mehr oder weniger dazu gedrängt mit Nathan zu reden und siehe da, sie sind glücklich miteinander. Jetzt zumindest wieder, hoffe ich doch.

Seufzend lasse ich mich auf mein Bett nieder und muss augenblicklich grinsen. „Wir sollten es tun."

Colin hebt verwirrt eine Augenbraue. „Was?"

„Ich würde nur zu gerne sehen, wie Lilly uns die Köpfe einreißt", lache ich auf. Ob sie dies wirklich tut, wenn wir einfach wieder Sex haben?

Als Colin kapiert, worauf ich anspiele, heben sich auch seine Mundwinkel. Doch schnell werden wir wieder ernst und Colin setzt sich mit einem gewissen Sicherheitsabstand neben mich auf das Bett. Am liebsten würde ich näher zu ihm rücken, aber ich wage es nicht.

Kurz ist es still, bevor Colin das Gespräch wieder aufnimmt. „Wir sollten wirklich reden." Seine Stimme klingt ganz rau.

„Vermutlich, ja", antworte ich zögerlich. Ich atme tief durch und versuche mich zu sammeln. Es bringt doch nichts, jetzt noch etwas unausgesprochen zu lassen. Es wird Zeit, meinen Stolz ein wenig beiseite zu schieben. Auch wenn mir das schwieriger fällt, als es mir lieb ist.

„Weißt du, du hast mich wirklich verletzt", bringe ich schließlich hervor. Colin verzieht keine Miene und sieht mich einfach an. Dass er einfach so stumm dasitzt, macht mich ziemlich nervös. Ich wünsche, er würde etwas sagen. Aber das tut er nicht, also rede ich einfach weiter.

„Hör zu, ich weiß, dass ich auch Scheiße gebaut habe, aber das, was du damals gesagt hast, das hat mir wirklich verdammt wehgetan. Und die Tatsache, dass du mir nicht geglaubt hast. Es ist die Wahrheit Colin, ich hatte nichts mit diesem Barkeeper und das wolltest du mir einfach nicht glauben und hast dir stattdessen was eingebildet." Meine Gedanken schweifen zurück zu unserem Streit direkt nach dem Ball. Es hat mich wirklich fertig gemacht. Schon lange habe ich mich nicht mehr so scheiße gefühlt, wie zu diesem Zeitpunkt.

Nun regt sich etwas bei Colin. Sein Gesichtsausdruck wird traurig und er schaut kurz zu Boden, eher er mir wieder in die Augen sieht. „Es tut mir leid. Verdammt Vivien, das tut es wirklich, aber ich war einfach so durcheinander. Du hast mich auf der Tanzfläche stehen gelassen und ich war plötzlich so unsicher. Und dann habe ich mitansehen müssen, wie du dich die ganze restliche Nacht mit ihm unterhalten hast. Du hast mich einfach nicht mehr beachtet und das hat auch mich verletzt, weißt du?"

Nun bin ich diejenige, die den Blick abwendet. Ich schäme mich für mein Verhalten. „Wir haben beide Fehler gemacht. Es tut auch mir leid, Colin."

Plötzlich rückt Colin näher zu mir, sodass sich unsere Schultern berühren. Kurz schließe ich die Augen und lasse die Gefühle zu, die dabei meinen Körper durchströmen.

„Eifersucht ist ein richtig schreckliches Gefühl", meint er leise.

Mein Herzschlag beschleunigt sich und ich muss auf seine Aussage hin leicht lächeln. „Ja, das ist es, aber immerhin beweist es, dass ich dir nicht egal bin."

„Du warst mir noch nie egal, Vi."

Ganz vorsichtig, als würde ich ihn jederzeit zurückweisen, greift er nach meiner Hand. Als sich unsere Finger verschränkten, seufzte ich kaum merklich. Ein wohlig warmes Gefühl macht sich in mir breit. Alles in mir kribbelt und ich glaube daran, dass alles gut werden wird. Ja, die letzten Tage waren ziemlich beschissen für uns beide, doch Menschen machen nun mal Fehler. Das wichtige daran ist, dass man daraus lernt und es in Zukunft besser macht und das habe ich definitiv vor. 

Zwar hat irgendein kleiner Teil in mir Angst davor, dass Colin mich verletzen wird, aber diese Gedanken schiebe ich so gut wie möglich beiseite. Schließlich kann man nie wissen, was passieren wird, wenn man das Risiko nicht eingeht. Und ich werde keinen Rückzieher machen. Nicht schon wieder.

„Als du gestern von diesem Mann geschlagen worden bist...", redet Colin plötzlich weiter. „Ich weiß nicht. Ich kam mir plötzlich so dumm vor. Unser Streit kam mir dumm vor. Ich wollte dich einfach wiederhaben. Ich hätte mich schon längst bei dir entschuldigen sollen."

„Jetzt hast du mich wieder", antworte ich und lächle ihn an. Ich halte kurz inne, bevor ich die nächsten Worte ausspreche, nach denen es kein Zurück mehr geben wird. „Können wir uns darauf einigen, dass wir beide aus unseren Fehlern lernen und uns eine zweite Chance geben?"

Nun breitet sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. „Okay."

Er kommt meinem Gesicht näher und diesmal zögere ich nicht. Als wir uns küssen, fühlt es sich ganz anders an als all die Male zuvor. Besser. Denn diesmal gibt es nichts, was unseren Gefühlen im Weg steht. Ich kann es überhaupt nicht fassen, dass dies gerade wirklich passiert.

Doch irgendwann unterbricht Colin den Kuss. „Kann ich dich nun als meine Freundin –„

„Nein", unterbreche ich ihn. Verdutzt sieht er mich an.

„Ich bin eine... wie sagt man so schön? Strong independent woman? Also werde ich diesen Schritt machen, nur fürs Protokoll", meine ich grinsend.

Colin scheint noch immer ziemlich verwirrt zu sein.

„Also Colin", obwohl er mich jetzt nie abweisen würde, bin ich doch ein wenig nervös, diese Worte auszusprechen. Ich räuspere mich kurz. „Möchtest du nun ganz offiziell, ohne es nur für eine Nacht vorzuspielen, mein Freund sein?"

Nun grinst er dümmlich vor sich hin. „Ich weiß nicht, eine Beziehung für eine Nacht hatte schon so ihre Reize."

„Idiot."

„Wow, ein weiterer Shot für die Liste. Dieses Trinkspiel müssen wir unbedingt nachholen." Gerade will ich dazu ansetzen, mich zu beschweren, doch Colin hält mich davon ab, indem er mich erneut küsst. Werde ich mich jemals an dieses unglaubliche Gefühl gewöhnen?

Zu schnell lässt er wieder von mir ab und strahlt mich an. „Ja, ich will dein Freund sein. Ganz offiziell und ganz bestimmt nicht nur für eine Nacht, Schnucki. "

***

Hey Leute,

es ist vollbracht. Ich kann es überhaupt nicht glauben, aber die Geschichte von Vivien und Colin ist nun zu Ende geschrieben. 

Das erste Kapitel habe ich am 3. Jänner 2019 veröffentlicht. Fast ein ganzes Jahr lang habe ich also daran gearbeitet und ich muss sagen, meine beiden Charaktere sind mir echt ans Herz gewachsen. Es ist wirklich ein komisches Gefühl, die beiden Idioten jetzt loszulassen.

Danke an alle, die es bis hier her geschafft haben (und auch an diejenigen, die mein Buch nicht so lange ausgehalten haben) und immer fleißig gevotet und kommentiert haben. Ich freue mich wirklich sehr darüber. <3

Wie bereits erwähnt, das nächste Projekt schwirrt schon seit einiger Zeit in meinem Kopf herum, ihr werdet also bald wieder etwas von mir hören.

Und falls dies nicht in den nächsten zwei Tagen passieren sollte, wünsche ich euch allen Frohe Weihnachten.

99kitty99

Beziehung für eine NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt