Colin zögert. Für einen kurzen Moment. Dann erwidert er den Kuss. Verdammt und wie er ihn erwidert. Stürmisch bewegen sich unsere Lippen im Einklang. Alles in mir kribbelt. Es fühlt sich so gut an. Zu gut. Als hätte mein Körper sich schon ewig nach diesem Augenblick gesehnt und nun endlich Erlösung gefunden. Ich küsse ihn noch leidenschaftlicher.
Seine Arme umschlingen mich und ziehen mich noch näher zu ihm heran, falls das überhaupt möglich ist. Ich fahre mit meinen Händen immer wieder seinen nackten Rücken auf und ab. Streiche ihm durch die Haare. Plötzlich lösen sich Colins Lippen von meinen. Gerade als ich protestieren will, spüre ich seine Küsse an meinem Hals. Ich lasse mich davon berauschen. Bin in eine vollkommen andere Welt abgedriftet.
Colin lässt von meinem Hals ab. Unsere Blicke begegnen sich. Obwohl es dunkel ist, kann ich seine Augen funkeln sehen. Plötzlich muss ich grinsen, ziehe ihn wieder an mich heran und küsse ihn erneut. Er wartet diesmal keine Sekunde, um den Kuss zu erwidern. Er hebt mein T-Shirt, das eigentlich seines ist, vorsichtig an. Als hätte er Angst, dass ich dies jede Sekunde beenden könnte, wenn er etwas falsch machen würde. Doch ich lasse es zu. Ich lasse es zu, dass seine Hände nun an meinem Oberteil ziehen, bis er es mir über den Kopf gezogen hat. Zufrieden seufze ich auf, als seine warmen Hände meinen Rücken entlangfahren.
Colin dreht uns und plötzlich landen wir mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden. Für einen kurzen Moment sehe ich ihn perplex an. Dann lache ich laut los.
„Verdammt, das hat wehgetan", beschwert sich Colin, der sich über seinen Ellbogen reibt. Doch dann lacht er ebenfalls los.
„Das ist deine Schuld", nuschle ich und schließe dann die Augen, da sich das Zimmer irgendwie zu drehen begonnen hat.
„Sorry."
„Colin?" Ich öffne meine Augen wieder. Colin sieht mich fragend an. Ich kichere. „Ich kann nicht aufstehen."
Nun lacht er wieder. „Ach Schnucki. Ich rette dich." Dann steht er auf. Taumelt einen Moment und reicht mir dann seine Hand. Ich greife danach und mit einem Ruck bin ich auf den Beinen. Doch das war eindeutig zu schnell. Denn jetzt dreht sich alles noch viel schlimmer. Haltsuchend kralle ich mich in Colins Armen fest.
„Hey Vivien, alles klar?"
„Klar. Ich hab' wohl ein wenig zu viel getrunken", antworte ich und muss dann wieder lachen. „Scheiß Alkohol."
„Komm, du solltest schlafen", flüstert er nun und hebt mich vorsichtig ins Bett.
„Willst du nicht auch schlafen?", frage ich nach, als ich realisiert habe, dass Colin immer noch am Bettrand steht.
„Doch, aber..." Er redet nicht weiter.
„Jetzt komm schon her", fordere ich ihn auf und klopfe wie verrückt auf den freien Platz neben mir.
„Na gut", seufzt er und legt sich schließlich zu mir.
„Colin?"
„Schnucki?"
Erneut verfangen sich unsere Blicke.
„Du kannst gut küssen", murmle ich müde.
Ein Grinsen bildet sich auf sein Gesicht. „Das kann ich nur zurückgeben."
Plötzlich vermisse ich seine Lippen auf meinen. Ob ich ihn wohl wieder küssen sollte? Als könnte Colin meine Gedanken lesen, nähert er sich meinem Gesicht und küsst mich erneut. Jedoch nur so kurz, dass ich gar nicht dazu kommen, es zu erwidern.
„Gute Nacht", flüstert er.
„Gute Nacht", flüstere ich zurück. Schließe meine Augen und falle schließlich in den Schlaf.
Es ist immer noch mitten in der Nacht, als ich das nächste Mal meine Augen öffne, denn die Dunkelheit umgibt mich. Für einen Moment bin ich völlig orientierungslos, bis mir wieder einfällt, wo ich mich befinde. In Aidens Haus. Sofort schaue ich mich um und erschrecke ein wenig, als ich Colin neben mir entdecke. Natürlich erinnere ich mich daran, dass wir noch vor einigen Stunden leidenschaftlich rumgemacht haben, doch für einen kurzen Moment habe ich gedacht, es sei nur ein Traum gewesen.
Seufzend verlasse ich das Bett und suche nach meinem Oberteil, das irgendwo auf dem Boden gelandet ist. Nachdem ich es endlich in meiner Hand halte, brauche ich einen Moment, um die Tür zu finden und flüchte dann aus dem Zimmer. Ich brauche dringend ein Glas Wasser, denn die Übelkeit macht sich bemerkbar. Vorsichtig taste ich die Wände im Flur nach einem Lichtschalter ab und werde schließlich auch fündig. Ich kneife meine Augen zusammen, als der Raum plötzlich erhellt wird. Das ist eindeutig zu viel für mich. Ganz langsam wage ich es, meine Augen zu öffnen und erkenne, dass sich noch immer alles ein wenig dreht.
Ich torkle irgendwie durch den Flur, bis ich bei den Stufen angelangt bin. Erleichterung macht sich in mir breit, als ich es heil bis nach unten schaffe. So, jetzt muss ich es nur noch bis in die Küche schaffen, von der ich keine Ahnung habe, wo sie ist. Ein Kinderspiel.
Gerade als ich mich auf den Weg zur ersten Tür machen will, spüre ich plötzlich, wie jemand nach meiner Schulter greift. Erschrocken schreie ich auf und drehe mich um.
„Sorry, ich wollte dir keine Angst einjagen", sagt Aiden und ich atme erleichtert aus.
„Vielleicht solltest du dich dann nicht so mitten in der Nacht an Leute heranschleichen", gebe ich patzig zurück.
„Ich bin nicht geschlichen. Du hast mich einfach nicht gehört", meint er. Dann wandert sein Blick plötzlich zu meinem Hals und er sieht mich grinsend an.
„Was?", will ich wissen. Im selben Moment wandern meine Finger zu meinem Hals und ich spüre den leichten Schmerz, der sich bemerkbar macht, wenn ich an bestimmten Stellen Druck ausübe. Für einen kurzen Moment bin ich verwirrt, doch dann fällt mir ein, worauf Aiden da so belustigt starrt. Colin muss mich ganz schön mit Knutschflecken zugerichtet haben.
Ich seufze auf. „Scheiße."
„Hey, das ist doch kein Weltuntergang. Und jetzt komm, setzen wir uns erstmal in die Küche. Du bist bestimmt durstig, nicht wahr?"
Ich nicke einfach nur und folge Aiden durch irgendeine Tür hindurch. Sofort lasse ich mich auf einen Sessel fallen und stöhne genervt auf. „Ich bin ja so dumm."
„War er denn so schlecht?", fragt Aiden lachend nach und überreicht mir ein Glas Wasser, das ich in einem Zug austrinke.
„Nur um das klarzustellen, wir haben es nicht miteinander getrieben", sage ich.
„Sondern?", will er wissen.
„Wir haben uns nur geküsst und verdammt warum erzähl ich dir das überhaupt? Ich bin wohl noch echt betrunken."
„Weißt du, es wundert mich, dass das nicht schon viel früher passiert ist", sagt Aiden. Als ich ihm einen skeptischen Blick zuwerfe, redet er weiter. „Ach komm schon. Ihr zieht euch doch schon mit jedem eurer Blicken gegenseitig aus."
„Stimmt doch gar nicht", protestiere ich.
„Du weißt, dass ich recht habe."
„Ach, fick dich doch", beleidige ich ihn, ohne es so zu meinen.
„Was wirst du morgen tun?", fragt Aiden vorsichtig nach.
„Mich vergraben? Scheiße Aiden, ich hätte ihn nicht küssen dürfen. Warum muss er auch so verdammt gut aussehen?", jammere ich. Ich bin ja so dumm.
„Bereust du es denn wirklich?"
„Natürlich. Ich will doch nichts von ihm und wer weiß, was er sich jetzt darauf einbildet." Erneut stöhne ich genervt auf. Das darf doch alles nicht wahr sein.
„Hör zu, Vivien", sagt Aiden nachdenklich. „Colin ist einer meiner besten Freunde. Ich will nicht, dass er verletzt wird. Also wenn du wirklich nichts von ihm willst, dann solltest du es in Zukunft unterlassen, ihn zu küssen. Doch denk bitte einmal wirklich darüber nach, ob du dir ganz sicher bist, dass du keine Gefühle für ihn hast. Für außenstehende Personen wirkt es nämlich nicht so."
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Beziehung für eine Nacht
Chick-LitIch bin zu gut für diese Welt. Warum sonst sollte ich auch so tun, als wäre ich in einer Beziehung mit diesem Vollpfosten, nur um den Schwarm meiner besten Freundin nicht küssen zu müssen? So fängt alles an. Eine dumme Party. Eine dumme Aufgabe bei...