Kapitel 11

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Obwohl ich mich kein bisschen auf diese dumme Psychologiewiederholung vorbereitet habe, schaffe ich es einigermaßen die Fragen zu beantworten. Colins amüsierte Blicke, die er mir zwischendurch zuwirft entgehen mir nicht und dafür könnte ich ihm den Kopf abreißen. Er hat genau gewusst, dass ich ihm diesen Test nie abkaufen werde und jetzt hat er seinen Spaß daran. Arschloch.

„Die Zeit ist um", sagt Mr. Nolan und sammelt die Zettel ein.

„Falls ich je wieder nett zu dir sein sollte, erinnere mich bitte an diesen Tag", knurre ich Colin an.

„Ich kann doch nichts dafür, wenn du mir nicht glaubst", sagt er lachend.

„Ruhe da hinten." Mr. Nolans Stimme hat einen bedrohlichen Ton angenommen.

Ich werfe Colin noch einen vernichtenden Blick zu, dann richte ich meine Aufmerksamkeit wieder nach vorne. Wenn ich nicht nachsitzen will, sollte ich lieber die Klappe halten.

Die Stunde geht langsam zu Ende und schließlich ertönt das erlösende Klingeln. Die Schüler stürmen aus dem Klassenzimmer und auch ich beeile mich, um mich nicht mit Colin unterhalten zu müssen. Zwar macht es mir Spaß, ihn zu quälen, aber ich brauche eine Auszeit. Auch um mich gesundheitlich wieder auf den neuesten Stand bringen zu können und solange das nicht geschehen ist, kann ich gern auf seine Anwesenheit verzichten. Die Woche war schon viel zu anstrengend.

Im Laufe des restlichen Schultages bekomme ich Colin glücklicherweise nicht mehr zu sehen. Erleichtert verlasse ich das Schulgebäude und freue mich aufs Wochenende, an dem ich einfach nichts tun werde, außer zu entspannend.

„Hey, wollen wir heute einen Filmabend machen?", schlägt Lilly vor. Das zählt doch zu entspannend, oder?

„Klar. Bei dir, oder bei mir?", frage ich nach.

„Bei dir. Meine kleine Schwester ist manchmal wirklich nervig", meint Lilly. „Ich habe sie echt lieb, aber du weißt, wie Kleinkinder sein können."

„Glaub mir, große Brüder sind nicht besser. Obwohl, die sind wenigstens seltener zu Hause", sage ich lachend. Gut, so schlimm ist Ryan auch nicht, aber trotzdem streiten wir uns oft genug.

„Ich komm dann irgendwann am Abend vorbei", sagt sie und verabschiedet sich dann.

Zu Hause checke ich erstmal, ob wir etwas zu Naschen haben, doch die Küche ist leer. Also beschließe ich zum Supermarkt zu gehen, um Popcorn, Chips und Schokolade zu kaufen. Das gehört zu einem Filmeabend einfach dazu.

Nach fünf Minuten bin ich Supermarkt angekommen und entdecke überraschenderweise meinen Bruder. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihm einfach schreiben können, dass er mir was mitnehmen soll. Obwohl ich nicht weiß, ob er das gemacht hätte.

Ich gehe auf ihn zu und erkenne, dass er mit einer zweiten Person redet. Ein Junge etwa in seinem Alter und er sieht erstaunlich gut aus. Ich habe ihn zwar noch nie gesehen, aber er kommt mir merkwürdig bekannt vor.

„Ist das deine kleine Schwester?", fragt der Fremde und Ryan dreht sich zu mir um.

„Hey Viv. Was machst du hier?", fragt er mich, als ob es ausgenommen wäre, dass ich hier jemals einkaufen gehe.

„Was denkst du, was ich hier in einem Supermarkt wohl mache?", antworte ich. „Stell mich doch lieber diesen jungen, gutaussehenden Mann vor." Mein Blick richtet sich auf Ryans Gesprächspartner, auf dessen hübschen Gesicht sich unmittelbar ein Lächeln bildet.

„Nehmt euch doch gleich ein Zimmer", sagt Ryan genervt und lässt uns allein. Auch gut.

„Mein Bruder hat nicht übertrieben, was dich betrifft", meint der bekannte Fremde. „Dein Selbstbewusstsein ist wirklich beeindruckend."

Beziehung für eine NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt