Narben

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Ungefähr zwei Stunden später hatte Severus allen Papierkram für's erste erledigt und stand nun im Türrahmen des Wohnzimmers.

Schmunzelnd betrachtete er die kleine Hexe, die auf seinem Sofa saß und völlig vertieft in ihr Buch, nicht merkte, dass er sie beobachtete.

Er verfolgte jede ihrer Bewegungen haargenau. Ab und an strich sie sich eine ihrer Haarsträhnen hinter das Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten und der Slytherin wünschte sich, er würde ihr diese Stähne hinters Ohr streichen.

Ihr grauer Wollpulli fiel locker über eine ihrer Schultern und die Ärmel hatte sie ein Stück hochgekrempelt.

Severus lächeln erstarrte. Mit drei großen Schritten war er bei ihr und griff nach ihrem Handgelenk.

Die Gryffindor zuckte zusammen. So plötzlich war Severus bei ihr aufgetaucht und hatte sie gepackt.

"Severus, was soll das?", beschwerte sie sich und versuchte ihm ihren Arm zu entziehen.

Doch dieser hielt weiter ihr Handgelenk und starrte entsetzt auf ihren entblößten Arm.

Sachte schob er ihren Ärmel noch ein weiteres Stück nach oben und sah geschockt auf dieses tief eingeritzte Wort: Schlammblut.

Er hob seinen Kopf und blickte Hermine an. Diese schaute mit leerem Blick in seine Augen und flüsterte: "Bellatrix."

Wie erstarrt stammelte er: "Warum hab ich das noch nie an dir bemerkt?"

"Desilusionszauber."

Zögernd lockerte er seinen Griff und fuhr mit seinen Fingern sachte über den Schriftzug.

Ohne ein weiteres Wort ließ er von ihr ab und sie glaubte, er fände sie nun noch abstoßender als sie es vorher für ihn war, da sie nun auch sichtbar für das gekennzeichnet war, was sie ist. Ein Schlammblut.

Doch als sie ihren Blick wieder auf Severus richtete, hatte er damit begonnen sein Hemd aufzuknöpfen.

Fast schon panisch fragte sie ihn: "Severus, was bei Merlin wird das?"

Jedoch blieb er still. Die Gryffindor wollte gerade erneut nachfragen, als er nun alle Knöpfe geöffnet hatte und sein Hemd abstreifte. Sanft fiel es zu Boden.

Von seinem Hals hinab bis zu seiner Brust zeichneten sich etliche Narben des Krieges und der jahrelangen Folter unter Voldemords Führung.

Wie hypnotisiert trat sie die letzten Schritte, die sie noch von dem Slytherin trennten, vor und streckte zögerlich ihre Hand aus.

Als sie ihre Hand an seine Brust legte, konnte sie sein Herz klopfen spühren und wie seine Muskeln sich unter ihren Berührungen anspannten.

Zaghaft fuhr die junge Frau jede seiner Narben nach. Gespannt beobachtete Severus jede ihrer Bewegungen.

Als sie die Narbe an seinem Hals erreichte hob sie ihren Kopf und sah in seine tiefschwarzen Augen.

Eine leichte Röte zierte Hermines Wangen, als sie sich darüber klar wurde, was sie getan hatte. Also ließ sie ihre Hand sinken, blieb jedoch dicht vor dem düsteren Mann stehen, der nun gar nicht mehr düster wirkte, sondern fast schon verletztlich mit seinen Narben.

Sein intensiver Duft von Kräutern umhüllte sie und betäubte ihre Sinne. Bei Merlin wieso war ihr nie aufgefallen wie attraktiv dieser Mann doch war?

Für einen kurzen Moment glaubte sie, Severus hätte sich ein wenig zu ihr hinab gebeugt.

Ihr Atmen ging schnell und unregelmäßig. Severus hob seine Hand ihre Wange und strich mit seinem Daumen über ihre zarte Haut.

Wie automatisch schloss die junge Frau ihre Augen und ihre Nackenhaare stellten sich bei seiner Berührung auf.

Der Slytherin schmunzelte. Zu gerne würde er jetzt seine Lippen auf ihre legen, jedoch hielt er sich zurück. Er wollte ihr Zeit geben.

Also sog er noch einmal ihren Duft ein und trat dann von ihr weg.

Eine seltsame Kälte umschloss Hermine, als Severus sich von ihr entfernte. Peinlich berührt von der intimen Situation, blickte sie zu Boden.

Die Selbstbeherrschung des Mannes schien zu bröckeln. Alles in ihm schrie danach sie in seinen Armen zu halten und sie zu küssen.

Verkrampf hob er sein Hemd auf, welches vor wenigen Minuten auf dem Boden gelandet war und zog es sich über ohne die Knöpfe zu schließen.

Mit einem letzten Blick in Hermines braune Augen machte er kehrt und lief ins anliegende Badezimmer.

Sobald die Gryffindor alleine war, realisierte sie erst, was zuvor geschehen war und ein erneutes Kribbeln durchfuhr ihren Körper.

Sachte fuhr sie mit einer Hand über ihre Wange, auf der so eben noch Severus' Hand gelegen hatte. Sie schmunzelte.

Dieser Mann war so geheimnisvoll und inzwischen schien ihr die Vorstellung ein Leben mit ihm zu teilen, nicht mehr ganz so unmöglich.

Im Badezimmer nebenan stand der Schwarzhaarige vor dem Spiegel und betrachtete sich kritisch.

Die Stellen, an denen Hermine ihn berührt hatte, schienen noch immer ganz heiß zu sein und er streifte sein Hemd von den Schultern, um seine Narben besser betrachten zu können.

Er war nie stolz darauf gewesen. Und besonders schön waren diese vernarbten Striche erst recht nicht. Er hatte sich für seinen Körper verabscheut.

Doch nun fand er diese Makel an sich gar nicht mehr so schlimm. Er hatte geglaubt, Hermine würde abstoßend reagieren oder ihn abweisen, jedoch hatte sie ihn fasziniert betrachtet und das machte diese Narben für ihn nur noch halb so schlimm.

Es war, als hätte sie ihm eine Last abgenommen, die er all die Jahre mit sich getragen hatte. Dabei hatte er ihr zeigen wollen, dass er so wie sie, Narben hatte, die ihn bis zu seinem Lebensende kennzeichnen würden.

Er hatte gewollt, dass sie wusste, das sie nicht alleine war. Und nun stand er, sich selbst betrachtend, vor seinem Spiegel und dachte mit einem Schmunzeln an die eben vorgefallene Situation.

Sie war nicht allein, denn er würde sie nicht allein lassen.






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