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1 Jahr
„Carla, Eren hat Hunger.", rief der Ältere und wiegte das schreiende Baby in seinen Armen. Sofort kam die junge Frau aus dem Badezimmer gerannt, die Haare fielen ihr fast wieder aus dem schlampigen Turban. Carla nahm den Kleinen auf den Arm, welcher automatisch ruhiger wurde. Doch das lag nicht an den außergewöhnlichen Beruhigungsfähigkeiten seiner Mutter.

Der Blick des Jungen fiel auf einen kleinen Mann, welcher an der Wand lehnte und ihn lächelnd ansah. Er hatte rote Augen, schwarze Haare, trug ein schwarzes Hemd und eine schwarze Jeans.

Carla begann Eren zu stillen, der Kleine schloss dabei genüsslich die Augen.

____

Kaum hatten Carla und Grisha das Babyfon angestellt und den Raum verlassen, trat Levi aus dem Schatten und schaltete es wieder aus. Sein Blick fiel auf das Baby. Eren schlief friedlich, die winzigen Hände hatte er zu Fäusten geballt und ein wenig Sabber lief ihm aus dem Mund.

Vorsichtig streckte Levi seinen Finger nach der kleinen Hand aus und sobald er die weiche Haut des Kindes spürte, durchzuckte ihn ein stechender Schmerz. Sofort sprang er auf, hielt sich laut schreiend den Kopf und versuchte die aufkommenden Bilder auszublenden. Es fühlte sich an, als hätte eine Kugel seinen Kopf getroffen, als würde sie noch tief in seinem Hirn sitzen und immer tiefer geschoben werden.

Und mit einem Mal hörte es auf und das Gesicht eines jungen Mannes erschien dem Dunkelblonden. Markante Gesichtszüge, strahlend grüne Augen, dunkelbraune Haare, ein wunderschönes Lächeln.
„Was machst du hier?", grinste der Größere und streckte seine Hand nach Levi aus.

Völlig außer Atem kam Levi wieder zu sich. Warum waren Visionen immer so anstrengend? Während dieser kurzen wenn auch sehr schmerzhaften Prozedur, hatte der Dämon sich in die hellblaue Wand gekrallt. Durch seine enorme Kraft waren nun einige tiefe Kratzspuren in dem Putz zusehen.

Der kleine Eren hatte zu Levis Verwunderung nicht angefangen zu schreien. Zwar war er von dem Dämon geweckt worden, doch wieder sah er den Älteren nur an, lächelte vielleicht sogar ein bisschen.

Ohne noch weiter über die Bilder in seinem Kopf nachzudenken – schließlich wusste Levi bereits was sie bedeuteten – schob er den Sessel vor die Spuren an der Wand und setzte sich neben Erens Gitterbett, streckte seine Hand erneut durch die hölzernen Stäbe. Sofort griff der Kleine nach Levis Fingern, hielt sie fest umschlossen, bis er einschlief.

2 Jahre
Eren saß auf seinem Spieleteppich, baute einen Turm mit Klötzen, die seine Eltern ihm vor zwei Tagen zu Weihnachten geschenkt hatten. Die beiden saßen auf der Couch, lasen jeweils ein Buch und lugten zwischendurch zu ihren Sprössling rüber. Gerade wollte der Kleine seinen Turm umschubsen, da hielt Levi seine Hände fest. Eren lachte laut und wollte seine Hände befreien, doch Levi hatte anderes im Sinn.

Er umschloss die Hände des Jüngeren fest mit seinen und schloss die Augen, konzentrierte sich auf den Turm aus Bausteinen. Eren sah den jungen Mann mit großen Augen an, als sich die Bausteine in einen Schwarm Schmetterlinge verwandelte.

Levi öffnete die roten Augen wieder, ließ Erens Hände los und sah dem Jungen dabei zu, wie er versuchte die Schmetterlinge zu fangen. Jedes Mal, wenn er einen erreichte, verwandelte jener sich jedoch in eine Seifenblase, die langsam zu Boden sank.

„Schätzchen was machst du denn da?", Carla sah hinter ihrem Roman hervor. Für die junge Frau sah es so aus, als würde ihr Sohn in der Luft klatschen. Wenn Levi es nicht wollte, konnte niemand anderes sein Werk sehen. Oder ihn.

„Ich fange Fliegelinge.", lachte der Junge und sprang im Wohnzimmer umher. „Schön.", grinste Grisha. Jedoch nicht ohne seiner Frau einen besorgten Blick zu zuwerfen.

3 Jahre
Levi, welcher gemeinsam mit Eren auf der Rückbank des Wagens saß, sah Carla durch den Rückspiegel an. Sie hatte ihren Blick auf die Straße gerichtet, beschwerte sich über die langsame Fahrerin vor ihr und setzte zum Überholen an. Sofort griff Levi ins Lenkrad, lenkte das silberne Auto wieder in die Spur. Panisch versuchte Carla wieder die Kontrolle über das Auto zu bekommen, als ein laut hupender LKW an ihr vorbei preschte.

Kaum war dieser – und damit auch die Gefahr eines Unfalls – weg, ließ Levi die junge Mutter wieder die Kontrolle über das Auto, woraufhin sie sich schweratmend ins Lenkrad krallte und langsam realisierte, was wohl passiert wäre, wenn sie den roten Polo vor sich überholt hätte. Durch das Geschaukel war Eren aufgewacht, er klammerte sich an seinen Kuschelwaschbären und sah zu seiner Mutter.

„Wann sind wir da?", fragte der Kleine müde und rieb sich die grünen Augen. „G-gleich mein Schatz.", Carla atmete tief durch und blieb die restlichen 20 Minuten hinter dem roten Polo, wachsamer als vorher.

Kaum hatte sie am Kindergarten geparkt, stand Levi neben ihr und ließ sie ihren Sohn aus dem Auto holen. Jener sprang direkt in eine der Pfützen auf dem schlammigen Parkplatz. „Eren, nein! Du hast keine Stiefel an!", schimpfte die Dunkelhaarige und zog ihren Sohn aus der Pfütze. „Jetzt sind deine Socken ganz nass." – „Tut mir leid Mama."

„Komm her jetzt, wir müssen die Socken wechseln.", sie wühlte in Erens grünem Rucksack nach dem Ersatzpaar, öffnete die Klettverschlüsse seiner Turnschuhe und zog ihm den Schuh halb aus. „Nanu?", murmelte sie. Die weißen Socken waren makellos, nicht mal ein kleiner dunkler Fussel war zusehen. Erens Blick fiel auf Levi, der dem Kleineren nur grinsend zuzwinkerte.

„Na schön, dieses Mal vielleicht nicht. Aber nur mit Stiefeln in Pfützen, okay?" – „Ja, Mama.", damit bekam Eren seinen Schuh wieder richtig angezogen. Sofort lief der Junge los zur blauen Eingangstür. Er liebte den Kindergarten.

Levi jedoch hasste es wie die Pest.

Während Eren seine Schuhe und Jacke an seiner Garderobe auszog und seine Mutter mit einer Erzieherin sprach, sah der Dämon sich um. Im Aufenthaltsraum von Erens Gruppe spielten etwa 20 Kinder. Doch neben diesen Kindern sah Levi auch 13 weitere Dämonen, die entweder nur in der Ecke standen und sich das Spektakel ansahen, mit ihren Kindern spielten oder auf kleine Prügeleien und Streiche aus waren.

„Eren!", rief ein Mädchen am Maltisch. Der Junge lief sofort zu ihr hin, setzte sich neben sie und sah auf ihr Bild. „Wer ist das?", fragte er und zeigte auf die vermeintliche Frau, die zusammen mit vier anderen menschnähnlichen Zeichnungen auf dem Bild zu sehen war. „Das ist Hanji! Sie ist hübsch oder?"

Wirklich erkennen konnte man Sashas Zeichnung nicht. Man sah nur, dass diese Habji hochgebundene braune Haare hatte. „Ist das deine Schwester?" – „Nein, das ist meine Freundin.", damit drehte Sasha sich zur Seite und sah in das Gesicht einer brünetten Frau. Levi, welcher sich inzwischen neben Eren gesetzt hatte, nickte der Dämonin kurz zu und widmete sich dann wieder dem Jungen.

„Ich hab auch einen Freund.", präsentierte Eren schließlich stolz und griff sich ein paar der dicken Buntstifte. „Er hat solche Haare.", murmelte der junge Künstler und begann ein Porträt von Levi zu zeichnen. Die Haaren sahen mehr aus, wie ein schwarzes Zickzack. Die Augen zeichnete er mit Filzstift. Eines Blau eines Rot, denn das wechselte zwischendurch mal. Er malte Hände – eigentlich waren es Kreise mit Strichen. Aus den Händen kamen bunte Punkte raus, denn Levi konnte laut Eren zaubern.

Und zu guter Letzt malte der Junge noch ein großes Herz neben das Gesicht seines Freundes.

Imagine a Demon [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt