Kapitel 6

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Einige Tage waren vergangen. Levi hatte Eren in der Zwischenzeit in Ruhe gelassen, gab ihm den Freiraum und die Zeit, die er brauchte.

Nun saß der Schwarzhaarige mit Hanji und Erwin wieder in der Bar, trank wieder das selbe Bier wie immer und hörte den beiden bei ihrer Diskussion über Pflanzen zu. Wirklich interessieren tat es ihn nicht, für ihn waren es alles Blumen oder Bäume. Er machte da keinen Unterschied. Aber alles war besser als in seiner Wohnung zu sitzen und zu warten. Darauf zu warten, dass Eren ihn brauchen würde.

Levi war sich sicher, dass das Warten vergeblich wäre. Eren war erwachsen, er brauchte niemanden, der rund um die Uhr auf ihn aufpasste. Außerdem übernahm Mikasa bereits diese Rolle. Zudem war Levi sich durchaus bewusst, dass es eine riesige Umstellung für den Brünetten sein würde, ihn in sein Leben zu lassen. Neben der Tatsache, dass Levi ein Dämon war, war er laut Erens Verwandten und Freunden nur ein Hirngespinst. Er würde niemals von Levi erzählen können. Und jemanden geheim zu halten war nicht die Lösung, die der Schwarzhaarige sich vorgestellt hatte.

„Levi? Gibst du aus?", grinste Hanji und Angesprochener nickte abwesend. Er konnte sich nicht konzentrieren. Nicht auf das Gelaber seiner Freunde, nicht auf den Kellner, nicht auf die Prügelei an der Theke. Seine Gedanken drifteten immer ab.

Dies schien auch Erwin zu bemerken, denn er seufzte auf und lenkte somit Levis Aufmerksamkeit auf sich. „Wieso siehst du nicht einfach mal nach ihm?", fragte Erwin dann. „Weil ich ihm versprochen habe, dass ich ihn alleine lassen würde, wenn er es wollte. Keine Unsichtbarkeit oder sonst was. Kein Überwachen."

„Und wenn du es mal als Mensch versuchst? Einfach an seiner Tür klopfst und fragst, ob es ihm gut geht?", fragte Hanji und nahm dem Kellner dann grinsend die Biere ab. „Kommt das nicht komisch?" - „Bei euch beiden? Nein. Immerhin reden wir hier von einem Dämonen und seinem verrückten Schützling."

„Er ist ja nur meinetwegen verrückt.", dabei betonte Levi das letzte Wort sarkastisch. Eren war nicht verrückt. Sicherlich nicht ganz normal, doch verrückt war er nicht. „Was hast du zu verlieren?", fragte Erwin und nahm einen Schluck seines Bieres. „Eren?"

„Aber verlierst du ihn eher dadurch, dass du irgendwann dein eigenes Versprechen brichst und ihn heimlich überwachst, oder dadurch, dass du wie ein ganz normaler Mensch an der Tür klingelst und fragst, was er so macht?"

Und so ließ der Schwarzhaarige sich doch breitschlagen, war mit dem nächsten Wimpernschlag vor Erens kleiner Wohnung und atmete tief durch. Dann hob er die Hand, betätigte die Klingel und wartete.

Und wartete.

Klingelte erneut. Und wartete.

Er hörte es an der Innenseite der Tür knacken, wahrscheinlich sah er durch den Spion. Dann öffnete sich die Tür und Eren sah den Kleineren an. Dieser Anblick schmerzte. Er hatte gerötete, aufgequollene Augen, dunkle Schatten unter ihnen. Seine Haare lagen wild und ungekämmt auf seinem Kopf. Er trug ein großes Tanktop und eine graue Jogginghose, sah den Levi schon fast hilflos an.

„Ich wollte nur sehen, ob es dir gut geht.", murmelte der Dämon dann leise und wurde im nächsten Moment in die Wohnung gezogen.

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und keine Sekunde später hatte Eren seine Arme um den Älteren geschlungen, seinen Kopf in dessen Halsbeuge gelegt und zu schluchzen angefangen.

Levi konnte nicht abstreiten, dass ihn die Situation ein wenig überforderte, doch er riss sich zusammen, streichelte über Erens Rücken, drückte ihn ein wenig an sich und schloss die Augen. Und als er sie wieder öffnete waren sie in Erens Schlafzimmer.

-

„Was war los?", fragte Levi und sah Eren monoton an. Er hatte es geschafft den Brünetten zu beruhigen, jetzt saßen sie auf Erens Bett und hatten sich bis vor einigen Sekunden noch angeschwiegen. „Ich weiß es nicht.", murmelte Eren dann und hob den Blick. „Es kam einfach so."

Levi nickte, erinnerte sich an die Anfangszeit von Erens plötzlichen Gefühlsumbrüchen. Auch schon da wusste er nicht, woher es kam. Es kam einfach so. „Danke, dass du hier bist." - „Kein Problem."

„Ich hatte ehrlich gesagt ein bisschen Angst dich zu rufen.", murmelte er dann leise und sah aus dem Fenster. „Wieso?" - „Weil ich Angst hatte, dass ich mir das doch alles nur einbilde."

„Das tust du nicht. Ich bin hier, ich bin real. Und du bist nicht verrückt.", redete Levi auf sein Gegenüber ein und erhielt ein belustigtes Schmunzeln. „Dir glaube ich das sogar."

„Wieso hast du nicht Mikasa angerufen?" - „Du kennst Mikas- oh ja, richtig. Du kennst ja jeden in meinem Leben.", dies schien mehr als würde Eren es zu sich selber sagen, traf Levi aber dennoch. Ja er kannte jeden aus dem Leben des 18-Jährigen. Und er hingegen wusste gar nichts. „Zwischen uns läuft es nicht so gut. Also noch mehr als sonst. Ihre Kontrolle geht mir mehr auf die Nerven als sonst und ich hab sie drauf angesprochen. Sie meinte nur, dass ich lieber glücklich darüber sein sollte, da ich ohne ihren Kontrollzwang immerhin nicht mehr hier wäre."

Levi nickte nachdenklich. So sehr er Mikasa für diese Worte eine verpassen wollte, so waren sie nicht gelogen. Mikasas andauernde Kontrolle hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach als gut bewiesen. Kein Grund ihren Zwang zu verharmlosen, dennoch ein Pluspunkt.

„Und was machst du jetzt mit ihr?" - „Keine Ahnung. Ich will sie nicht verletzen. Aber ich will auch ehrlich gesagt nicht so weiter machen. Ich weiß nicht, ob sie wirklich die ist, mit der ich mein Leben verbringen will."

„Meinst du nicht, dass du ein wenig überreagierst? Es war doch nur ein Streit.", natürlich wollte Levi, dass Mikasa und Eren nicht länger zusammen wären, doch er wollte auch nur, dass der Brünette glücklich war. „Ich denke ehrlich gesagt schon länger so. Die letzten 5 Jahre mit ihr waren toll. Aber ich weiß nicht, ob ich das noch weitere 5 Jahre oder noch länger machen will."

Wieder nur ein verständnisvolles Nicken des Kleineren.

Imagine a Demon [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt