Kapitel 21🦭

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"Ist das mit Kwon immernoch aktuell?", Ali, einer meiner besten Freunde aus London, musterte mich mit einem neugierigen Blick. Wir hatten es seit Wochen endlich mal wieder geschafft uns zum faceTimen zu verabreden.

Ich nickte: "Ja- es war vor ein paar Wochen zwischen zeitlich etwas holprig-" Ich dachte an den Abend bei Hani zurück. Als ich am nächsten Morgen nachhause kam, hatte ich zuerst versucht Kwon zu erreichen. Er hatte so recht gehabt, als er sagte, dass ich ihn brauche. Ich fühlte mich unvollständig ohne ihn. Wir hatten uns mehr oder weniger ausgesprochen- wobei die Entschuldigung wohl eher einseitig ausfiel. Doch nun war wieder alles beim Alten. Zumindest versuchte ich mir das immer zu einzureden. Denn sowohl das Gespräch mit Hani und Baekhyun, als auch das Gespräch der zwei, das ich belauscht hatte, hatte Zweifel in mir ausgelöst. Doch sie reichten nicht, um mich davon zu überzeugen, dass die zwei recht hatten.
"Was heißt holprig?", Ali runzelte besorgt die Stirn.
Ich winkte ab: "Ach wir hatten einfach beide stressige Phasen und waren dementsprechend gereizt", wisch ich ihrer Frage aus. Ich wollte einfach nicht, dass sich meine Freunde in London Sorgen machten. Außerdem war es zumindest nicht ganz gelogen. Kwon hatte durchaus seit seiner Beförderung weit aus mehr Stress, den er durch ein derweilen tägliches Feierabendbier kompensierte. Ich unterdrückte ein leises Seufzen. Wobei es dabei wohl in den seltensten Fällen bei nur einem blieb.
Ich zwang mir ein überzeugendes Lächeln auf: "Aber lass uns über was anderes reden, ich will dich nicht mit meinem langweiligen Beziehungsstress langweilen."
Alice überlegte kurz und fasste ihren braunen Haare zu einem Dutt zusammen. Auf einmal hellte sich ihr Gesicht auf.
"Uuh und Ellie, bevor ich es vergesse: Gracie und ich haben mal wieder einen gemeinsamen Filmeabend gemacht", ich sah auf meinem Handybildschirm wie Alice sich in ihrem Zimmer weg dreht und in einem Rucksack nach etwas kramt.
"Ich würde so gern wieder ein Filmabend mit euch machen ich vermisse das so sehr oder mit euch und den Jungs ein Abend im Berlin verbringen, um dort eine Runde Billiard spielen.", seufzt wehmütig. Das Café Berlin war eine Bar, in der wir uns besonders als wir in die Oberstufe kamen immer öfter getroffen haben. Dort konnte man für relativ wenig Geld einen schönen Abend mit Freunden verbringen. Egal ob man ein paar Runden Billiard spielte oder einfach nur gemeinsam an einem Tisch saß und herumalberte. Ich vermisste diese Abende.
"Kommst du nicht dieses Jahr über Weihnachten heim?", unterbrach Alice meine Gedanken. Ich nahm mein Handy in die Hand und ging vom Schreibtisch zu meinem Bett, auf dem ich mich mit niederließ.
"Dieses Jahr wohl eher nicht, nein. Die Flugpreise sind derzeit auf die Strecke wahnsinnig teuer und Kwon hatte mich eigentlich eingeladen mit seiner Familie zu feiern." Als Kwon mich vor ein paar Wochen fragte, was ich von der Idee hielt, war ich noch hin und weg. Doch nun hielt sich meine Begeisterung weitgehend in Grenzen. Trotz der hohen Preise bereute ich es nicht diese Weihnachten nach London geflogen zu sein. Ich vermisste meine Familie und Freunde zur Weihnachtszeit immer besonders.
"Oh wie süß- auch wenn es natürlich schade für uns hier ist. Ich hatte gehofft dich wiederzusehen. Wir vermissen dich hier schrecklich!"
"Ich euch doch auch, aber jetzt erzähl: dein Filmeabend mit Gracie?" Neugierig musterte ich sie auf dem Bildschirm. Sie hielt zwei DVD Hüllen in der Hand. Den Titel konnte ich allerdings noch nicht lesen. Alice grinste mich ver­schwö­re­risch an: "Jaah stimmt wir haben uns nochmal ein paar Filme ausgeliehen, die dir gefallen könnten zum einen Hidden Figures, der kam im Januar dieses Jahr ins Kino und ist einfach super interessant." Sie hielt zwei DVDs hoch, damit ich die Titel lesen konnte.
"Im Grunde genommen geht es um drei afroamerikanische Frauen aus den 50er/ 60er Jahren die für die NASA gearbeitet haben..." Ich lächelte. Ali war voll in ihrem Element. Ich hörte ihr aufmerksam zu bis ich die Tür aufgehen hörte.
"Ali?", unterbrach ich sie, als ich hörte, dass Kwon nachhause kam und anhand der Lautstärke verstand, dass er getrunken hatte. Das Lächeln auf meinem Gesicht sackte zusammen.
"Ich muss Schluss machen, Kwon kam heim-"
Ali beäugte mich misstrauisch: "Alles okay?"
Ich nickte und winkte ab. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen erwiderte ich: "Ja, was soll sein? Kwon und ich wollten uns heute einfach einen schönen Abend machen, ich habe beim Telefonieren etwas die Zeit aus den Augen verloren."
"Oh ja natürlich. Ich sollte auch schlafen gehen, hier geht, glaube ich, bald die Sonne auf."
"Dann solltest du wohl wirklich schlafen, von dem anderem Film erzählt du mir nächstes mal, ja? Gute Nacht Ali, schlaf gut."
"Du später auch, hab dich lieb", Alice warf mir einen Kusshand zu und legte dann auf.
Ich stand auf und ging mit einem unwohlen Gefühl in die Wohnküche. Wohl wissend, dass der Abend heute wohl nicht mehr so schön werden würde. Wie auch schon die letzten Male, würde ich ihn so gut es geht bis ins Bett bringen und anschließend in der Küche weiter an meiner Hausarbeit schreiben.
"Jagii", Kwon taumelte auf mich zu und hielt sich an mir fest. "Hey", ich stützte ihn. "Du solltest dich hinlegen, du bist ja völlig betrunken-" Sein Atem roch stechend nach Alkohol. Ich drehte den Kopf etwas zur Seite. Mir drehte sich der Magen um.
"Wir haben mit den Jungs nur ein wenig getrunken", brummte er, während ich ihn ins Schlafzimmer schleppte.
"Ja, ja ich weiß nur ein bisschen, wie immer", ich seufzte leise. So sehr ich mich anfangs für ihn über die Beförderung gefreut hatte, um so schwerer fiel es mir jetzt all dem was positives abzugewinnen. Allerdings versuchte ich mich an einem kleinen Lichtblick festzuhalten. Sobald es in der Firma wieder besser laufen würde und er sich an seine neue Position gewöhnt hatte, würde das war abebben. Da war ich mir sicher.
Ich zog ihm die Schuhe von den Füßen und wollte sie gerade nach vorne zu den anderen Schuhen im Flur stellen. "Neein", Kwon hielt mich fest. "Bleib bei mir Jagi"
Wortlos zog er mich zu sich ins Bett und schlang seine Arme um mich. Ich schloss seufzend die Augen und genoss das gleichmäßige Klopfen seines Herzens an meinem Ohr.
Ich hatte ihm schon oft versucht davon abzuraten so viel zu trinken. Doch Kwon wich dieser Konversation stets aus und lenkte mich mehr oder weniger geschickt zu einem neuen Thema. Doch es änderte nichts daran, dass ich mir Sorgen machte. Ich meine, war das nicht natürlich? Er war nun schon für mehrere Monate mein Freund und er war mir dabei wirklich sehr ans Herz gewachsen.
Langsam fuhr er mit den Fingerspitzen über meine Arme. Ein kleiner Schauer lief mir bei diesen zärtlichen Berührungen über den Rücken. Gemächlich wanderte deine Hand zu meinem Rücken, den er auf und ab strich. Ich schloss die Augen und genoss es in seinen Armen zu liegen, seinem Herz zu lauschen. Unaufhörlich strich er mir weiter über den Rücken, nur um dabei langsam die Hand unter mein T-shirt wandern zu lassen. Ich runzelte die Stirn, als ich spürte, wie seine Hände gierig meinen Körper entlang fuhr. Das passte nicht zu der seiner sonst so liebenswürdigen und sanften Art. Ich schob vorsichtig seine Hand von mir. Doch sie kehrte gleich wieder zurück und während seine Lippen meine entlang streiften und er mit kleinen Küssen meinen Hals liebkoste, wanderte seine Hand nach vorn zu meinem Bauch.
Ich spürte wie sich mein Körper instinktiv anspannte.
"Kwon ich weiß nicht so wirklich-", ich stockte den seine Hand bahnte sich ihren Weg weiter nach oben.
Unfähig mich zu bewegen, spürte ich wie seine andere Hand entlang meine Hüfte nach unten wanderte.
"Kwon!" ich setzte mich auf.
"Hm, Jagi", Kwon hiefte sich wieder hoch und legte Hand an meine Wange. Ich senkte den Blick.
"Wo willst du denn hin?", er drückt seine Lippen auf meine. Ich drehte den Kopf weg. Ich liebte das Gefühl wenn er mich küsste und in seinen Armen hält, doch das war etwas anderes
Er ist betrunken. Er ist nicht er selbst., versuchte ich mich einzureden. Grob fasste er mein Gesicht am Kinn und ließ mich ihn anschauen: "Wir sind doch noch gar nicht fertig." Gierig scannten seine Augen meinen Körper ab. Er liebt dich. Er hat eben ein wenig zu viel getrunken. Langsam fuhr er an meinem Hals entlang. "Du bist wunderschön, Jagi, weißt du das?", murmelte er und strich meine Arme einmal hoch und runter. Gemächlich wanderte er mit seinen Händen nun zu meiner Brust. Ich hielt die Luft an als er beherzte danach griff.
"Kwon, ernsthaft ich will nicht-".
"Ach Jagi", brummte er leise, doch ließ nicht von mir ab. Ich streifte blitzschnell seine Hände von mir und verließ mit schnellen Schritten das Schlafzimmer. Hinter mir zog ich die Tür augenblicklich zu. Ich atmete tief ein und aus.
Ich ließ mein Blick umherschweifen und überlegte, was ich jetzt tun sollen.
Ich zögerte kurz, zog dann meine Schuhe an und zog eine Jacke über. Schnellen Schrittes lief ich die Treppe zum Erdgeschoss herunter und ging auf die Straße. Ich nahm einen tiefen Atemzug und genoss die kühle Nachtluft auf meiner Haut. Doch kaum dass ich auf den Gehweg trat, wurde mir bewusst, dass ich Kwon einfach so zurück gelassen hatte. Was hatte ich mir nur gedachte? Er war nicht er selbst gewesen und er hätte bestimmt schnell begriffen, dass er mit seinem Handeln gerade über meine Grenzen hinaus geschossen war, oder? Ich zwang mich weiter zu gehen.
Ich bin eine schlechte Freundin, schoss es mir durch den Kopf. Ich presste die Lippen aufeinander. Kwon kümmerte sich stets so gut um mich. Er nahm mich in den Arm, wenn ich meine Familie oder Freunde vermisste oder unterstützte mich in meinem Studium, meiner Kunst.
Ich starrte beschämt auf den Boden. Und ich ließ ihn so zurück.
Ich blieb stehen und ließ erneut den Blick umherschweifen. Menschen liefen ohne mich weiter zu beachten an mir vorbei. Die Straße war glänzte schwarz und reflektierte die Reklamelichter der Geschäfte und Scheinwerfer der Autos. Ich ging zu dem Schaufenster einer der Geschäfte und musterte die angepriesene Ware. Es war ein Musik Shop. Got7, Blackpink, Exo, BTS. Merch, CDs, Poster, Banner in diesem Geschäft schien es alles zu geben, was das Herz eines K-Kpop-Fans begehrte. Ruby würde es hier lieben.
Ich musterte das Album Cover von BTS. Love Yourself 'Her'. Wie es den Jungs wohl gehen mochte?
Ich legte den Kopf schief und musterte die Bilder, von den Jungs, die man auf Poster oder Karten kaufen konnte. Mir fiel auf, dass Jimin noch immer unheimlich dünn, fast schon mager auf den Bildern aussah. Ich runzelte besorgt die Stirn. Ich hoffte, er würde das bald wieder in den Griff bekommen. Sowas konnte so schrecklich schiefgehen.
Ich musterte die anderen Jungs und dachte an unser letztes Treffen zurück. Jin hatte mir gesagt ich sollte aufpassen, dass die Beziehung mit Kwon nicht toxisch wird. Ich seufzte. Ich liebte Kwon, doch ich fürchtete diesen Punkt bereits überschritten zu haben. Aber bei allen Schwierigkeiten und Tiefpunkten, die diese Beziehung bereits hatte, war die Beziehung zu beenden keine Option. Der Gedanke machte mir gerade zu Angst. Ich musterte mein Spiegelbild. Die Erkenntnis wie abhängig und wie viel Kontrolle Kwon schon jetzt über mich hatte, traf mich wie ein Faustschlag ins Gesicht.
Doch ich konnte nichts anderes tun als da zu stehen und die Erkenntnis auf mich wirken zu lassen. Ich hatte mich von Kwon abhängig werden lassen und in diesem Moment sah ich nicht wie ich mich von ihm los reißen sollte.
Unglücklich musterte ich mein Spiegelbild im Schaufenster.

Ich fühlte mich machtlos.

*

Ich wachte davon auf, dass Kwon sich neben mir aufsetzte. Müde blinzelte ich und setzte mich ebenfalls auf. "Morgen Jagi", sanft strich er mir über die Wange. "Hast du gut geschlafen?"
Ich nickte, auch wenn das bei weitem nicht der Wahrheit entsprach. Doch ich wusste, dass es nichts bringen würde ihn mit dem Geschehenen zu konfrontieren.
Kwon lächelte mich an, offenbar unfähig sich an die letzte Nacht zu erinnern und stand auf, zärtlich drückte er seine Lippen auf meinte: "Ich mache uns ein Kaffee, ja?"
Während Kwon aufstand um Kaffee zu machen blieb ich überfordert im Bett liegen und starrte an die Wand.
Wie konnte sich ein Mensch so wandeln. Im einen Moment war er der liebste und süßeste Mensch, den ich zu kennen glaubte, und im nächsten Moment verhielt er sich so dass er kaum wiederzuerkennen war. Dann war er gierig, besitzergreifend und erniedrigend. Ich schloss erschöpft die Augen.
Wie hatte ich es nur so weit kommen lassen können?

Serendipity (A BTS Jimin Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt