Kapitel 12

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Mit gleichmäßigen Schritten liefen wir durch die unendlich scheinenden Flure des Hauptquartiers. Hanji erzählte mir währenddessen viele allgemeine Informationen über das Gebäude, wann es errichtet wurde, wie lang der Bau gedauerte hatte usw. Wir kamen immer wieder an Soldaten vorbei die vor Hanji salutierten und mich mit komischen Blicken durchbohrten, lag es an den sichtbaren Verletzungen oder aber an meinem Outfit, welches nicht sonderlich in das Hauptquartier passte, wo sonst jeder Uniform trug. Mein vor kurzem angestautes Selbstvertrauen sank augenblicklich gen Erdboden. Dies blieb von Hanji nicht unbemerkt, sie strafte jeden Soldaten, der mir einen merkwürdigen Blick zuwarf mit einem finsteren Gesicht und einem psychopatischen lächeln. Sie meinte es nur gut aber selbst mir lief ein Schauer über den Rücken, wenn ich sie so sah. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir vor einer riesigen Tür zum Stehen. Es roch herrlich nach Kartoffelbrei und einigen Gewürzen. „Hier ist der Essenssaal und neben an ist direkt die Küche" bestätigte die braunhaarige meinen Verdacht. Sie öffnete die schwere Tür und offenbarte einen großen Saal der Boden aus Stein mit vielen Tischen und Bänken aus massivem dunkelbraunen Holz. Der soeben noch leichte Geruch nach Essen wurde intensiver und mein Magen grummelte vor sich hin. Amüsiert sieht mich Hanji an „Da hat wohl schon jemand Hunger." stellte sie fest. Wie zur Bestätigung grummelte mein Magen erneut auf. Meine Begleitung konnte sich nun ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Na komm Y/N, ich frag mal den Koch ob er schon fertig ist" ich nickte und folgte ihr mit roten Wangen durch den Saal direkt in die Küche. Der Koch war ein netter älterer Mann der uns mit einem zwinkern zwei Schüsseln Kartoffelbrei entgegenhielt. Mit großen Augen betrachtete ich das Essen und merkte wie mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Hanji und ich wünschten einander guten Appetit und fingen an zu essen.

Nach dem Essen ging es mir der Führung durch das Hauptquartier weiter. Sie zeigte mir ihr neues Büro und das von meinem Vater. Er war zu dem Zeitpunkt leider nicht da, ich wollte das Gespräch von vorhin unbedingt noch mit ihm ausdiskutieren. Auf eine Art und Weise verstehe ich ihn ja, er hat Angst um mich und er hat die Liebe seines Lebens an einen Titan verloren. Enttäuscht atmete ich aus, ich hätte wirklich nicht gedacht, dass er sooo gereizt darauf reagieren würde. Meine Hoffnung jemals meinen Dienst als Ärztin im Aufklärungstrupp zu leisten sank nach dem Gespräch ins unermessliche. Es muss doch einen Weg geben ihn zu überzeugen. Hanji bemerkte wohl wie sehr ich in Gedanken versunken war weshalb auch sie etwas ruhiger wurde, während sie mich weiter durch das Labyrinth des Hauptquartieres führte. Ich merkte erst, dass wir das Gebäude verlassen hatten, als ein starker Windzug durch mein Gesicht fuhr und die Sonne ihre warmen Sonnenstrahlen auf mich scheinen ließ. Ich war nie ein großer Fan vom warmen sonnigen Wetter, eher liebe ich es dem Regen zuzuschauen. Zusehen wie die großen Wassertropfen unaufhaltsam auf den Boden fallen und das prasselnde Geräusch am Fenster hatte mich schon immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Doch heute konnte ich mich selbst über dieses Wetter freuen, denn endlich konnte ich raus aus diesem Krankenzimmer und wieder raus in die Schönheit der Natur.

Von weitem hörte man wie Metallseile schnell eingefahren werden und einige Männer, die vor Schmerzen stöhnten. Mein Helferinstinkt schaltete sofort auf Alarmbereitschaft und ich wollte dem Ruf der Verletzten folgen, doch bevor ich blind in irgendeine Richtung laufen konnte, von der ich die laute vermutete, hielt mich Hanji am Arm fest. „Wo willst du den so eilig hin?" fragte sie mich mit einem echt mies gespielten ernsten Gesicht.  „Hörst du das nicht Hanji?! Hier in der Nähe sind verletzte wir müssen uns um sie kümmern." ich wurde etwas lauter da ich nicht verstand warum sie so locker bleiben konnte, vielleicht liegen ihre eigenen Kameraden hier gleich in der Nähe verwundet und schweben in Lebensgefahr. Fest sah ich meiner gegenüber in die Augen, gerade als ich zu einer kleinen Rede zur Kameradschaft und die Wichtigkeit über deren Zusammenhalt kundgeben wollte bricht Hanji in schallendes Gelächter aus. Ich verstand die Welt nun gar nicht mehr und versank vor Scham im Erdboden. „Du bist ja niedlich!" rief sie so laut des es wohl das ganze Hauptquartier mitbekommen hatte. „Das sind nur irgendwelche Frischlinge, die das erste Mal zum Training in den Aufklärungstrupp kommen. Die jammern schon rum, wenn sie sich den Zeh anstoßen" fuhr sie atemlos fort. Doch selbst wenn es stimmt wäre es mir lieber wir würden nach ihnen sehen. Ich kannte die Braunhaarige noch nicht lange ebenso wenig wie sie mich, doch sie wusste immer gleich Bescheid, wenn mich etwas bedrückte. „Na komm Mutter Teresa ich bring dich zum Trainingsplatz." meinte sie nun etwas ruhiger und zog mich an meinem Arm weiter. „Langsam verstehe ich warum dein Vater dich nicht hier als Ärztin haben will. Wären wir hinter den Mauern würdest du wahrscheinlich zu jedem laufen der einen kleinen Kratzer abbekommen hat, dass würde dich aufhalten und somit wärst du leichte beute für die Titanen." ich bin nicht sicher ob das jetzt ein Kompliment war oder eben nicht, aber so ist nun mal meine Natur daran konnte selbst mein Vater nichts ändern. Nach kurzer Zeit kamen wir an dem Trainingsplatz an, fünf erwachsene Männer lagen auf dem Boden zwei von Ihnen weinten wie kleine Kinder, ein weiterer lag bewusstlos auf dem Boden und die übrigen zwei jammerten herum. Ich konnte nicht genau hören um was es ging nur das irgendetwas nicht fair wäre. Neugierig näherten Hanji und ich uns der Szene, als wir nah genug waren bemerkte Erwin unsere Anwesenheit und drehte sich zu uns um. Jetzt da er seitlich steht erhasche ich einen Blick auf die drei Personen, die hinter ihm stehen. Sie trugen keine Uniform... waren sie denn überhaupt Soldaten? Sind dass die „Frischlinge"? Dann wären die Rollen laut Hanji eindeutig falsch herum. Ein großer junger Mann mit kurzen blonden Haaren fixierte mich sofort mit seine blauen Augen, neben ihm stand ein kleines zierliches Mädchen mit grünen Augen die die jammernden und weinerlichen Soldaten siegreich anstarrte, zwei schulterlange rote Zöpfe umrahmten ihr jugendliches Gesicht. Auch ein bekanntes Gesicht war in der dreier Gruppe zu erkennen... Levi. Er sah herausfordernd mit seinen stahlgrauen Augen meinen Vater an, als wolle er sagen -pff war das etwa schon alles? - Nachdem mein Blick noch einmal kurz zu dem Mann mit den blonden Haaren fiel, starrten mich seine eisblauen Augen immer noch an. Waren die beiden etwa Freunde von Levi? Waren sie vielleicht auch bei meiner Rettung anwesend? Es dauerte bis ich mich aus dem eisernen Blick des Mannes lösen konnte und zu meinem Vater sah. Ich konnte nicht ganz deuten ob er sich ärgerte, dass fünf seiner Männer gegen drei Neulinge verloren hatten oder freute er sich sogar so starken Nachwuchs zu haben. Endlich ergriff er das Wort „Ah Hanji gut, dass du da bist. Bitte kümmere dich doch um die hier." meinte er und deutete auf die herumliegenden Soldaten. Ohne ein Wort an mich zu richten drehte er sich wieder vollständig zu den dreien um. Hanji ging währenddessen auf die am bodenliegenden Soldaten zu. Unsicher ob ich ihr helfen darf oder nicht blieb ich auf der Stelle stehen. Als sie merkt, dass ich ihr nicht folge deutete sie mir mit einer einfachen Kopfbewegung herzukommen. Vorsichtig näherten wir uns dem ersten, der bewusstlos auf dem Rücken lag. Ich verstand wirklich nicht warum der Aufklärungstrupp keine anständige Krankenstation hat. Nichts gegen Hanji, aber wenn sie jetzt eine neue Abteilung übernehmen soll wird sie wohl kaum auch noch dafür zeit finden. Außerdem fehlt ihr die nötige Ausbildung, sie hat mir und sicher schon vielen anderen sehr geholfen doch es gehört einfach ein anständiger Arzt zum Aufklärungstrupp. Ich habe schon sehr viel über Medizin von meiner Großmutter und meiner Mutter gelernt, auch ich wollte schon bald die Prüfung zur gelehrten Ärztin antreten.  Hanji kniete sich vor den Soldaten und hielt ihm eine Hand vor dem Mund. Einige Sekunden der Unsicherheit vergingen bis sie mit einem erleichterten Seufzer die Hand von dem Mund nimmt. „Er atmet noch" stieß sie leise hervor. Wir untersuchten ihn noch schnell auf irgendwelche Verletzungen. Ich werde am Kopf fündig, eine große Beule prallt an seinem Hinterkopf hervor. Ihm hat wohl einer der drei ziemlich heftig gegen den Kopf geschlagen und er ist wie ein nasser Sack Kartoffeln zusammengebrochen. Er scheint nicht weiter ernsthaft verletzt worden zu sein, trotzdem brauchten wir etwas oder jemanden mit dem wir den bewusstlosen Körper ins Gebäude und in die Krankenstation bringen konnten. Kurz besprach ich mich mit Hanji und sie ging zurück ins Gebäude um „ihn" zu holen, wer auch immer dieser „er" ist. In der zwischen Zeit ging ich zu den anderen vieren und kontrollierte ihre Verletzungen. Die meisten hatten einfache Prellungen und Blutergüsse die nach ein paar Tagen wieder vergehen würden. „Reißt euch etwas zusammen ihr seid doch keine kleinen Kinder." zischte ich die Männer an als sie bei den leichtesten Berührungen schmerzerfüllt zusammenzuckten. Mit geweiteten Augen sahen sie zu mir hinauf. So hatte wohl noch keine wesentlich jüngere Frau mit ihnen gesprochen. Ich spürte einige Augenpaare, die sich in meinen Rücken bohrten. Keiner der am bodenliegenden traute sich gegen meinen strengen Blick etwas zu sagen. Sie ließen alle ihre Köpfe hängen, was mich fast zur Weißglut brachte „Jetzt hängt nicht so rum, schwingt euren Arsch in die Höhe und bringt euren Kameraden vorsichtig in die Krankenstation" ich versuchte wirklich meinen Ton zu mäßigen, doch es gelang mir nur teilweise. Wie sollen uns solche Soldaten vor den Titanen beschützen? Indem sie sich zusammenrollen und anfangen nach ihrer Mama zu schreien? Wohl kaum. Langsam erhoben sie sich und hob ihren Freund an und verschwanden nach kurzer Zeit aus meinem Blickfeld in Richtung Hauptquartier. Da ich nicht wusste ob Hanji nochmal hierherkommen würde oder nicht wartete ich auf einem der gefällten Baumstämme in der nähe meines Vaters. Selbst wenn sie nicht kommt kann ich die Chance nutzten und mit Erwin nochmal zu reden. Er redete immer noch auf die drei ein. Wegen der Aufregung pulsierte schon wieder dieser nervige dumpfe Schmerz in meinem Kopf, ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf meine Umwelt, ich hörte dem Gezwitscher der Vögel zu und ließ mich von der Melodie des Windes mitreißen. So in Gedanken vertieft bemerkte ich die Person hinter mir viel zu spät, sie packte mich so schnell von hinten und zog mich runter von dem Baumstamm, ich konnte nur kurz aufqiecken bevor es dunkel wurde...

My Soldier/Bodyguard and me (Levi x reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt