CHAPTER ELEVEN

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Nach einer ziemlich langen und für Lucy auch relativ schlaflosen Nacht, machten sich die drei auf den Weg. So fahrig, wie Lucy sich an diesem Morgen fühlte, hatte sie zur Sicherheit eine besonders schicke Bluse aus dem Schrank gezerrt und Rica sogar einen Zopf geflochten.

Die Locken, die Lucy ihrer Tochter vererbt hatte standen gewöhnlich sehr wirr vom Kopf der Kleinen ab und wenn keine Sonne durch die Locken schien, waren sie auch etwas dunkler. Es war zwar vermutlich jedem der Familie klar, wessen Kind sie da gleich vor die Nase gesetzt bekommen würden, aber Lucy fühlte sich so zumindest im Winzigsten beruhigt.

Nervös von einem Bein auf das andere treten, wartete Lucy nun mit Rica an der Hand auf Ginny. Als würde diese mit sich und der Welt komplett zufrieden sein, hatte sie sich im Bad ewig Zeit gelassen und kam nun ganz entspannt den Flur von Lucys Wohnung heraufgeschlendert.

"Also, wir können dann von mir aus schon. Meine Mum erwartet uns in zehn Minuten zum Frühstück", meinte Ginny vergnügt auf Lucys genuscheltes: "Guten Morgen".

"Aber...", rief Lucy entsetzt, "wir schaffen es mit der U-Bahn niemals so schnell nach Ottery St. Catchpool, geschweige denn dann noch zum Fuchsbau!"

"Ähm nein...Wir apparieren?", meinte Ginny mit einem verwirrten Gesichtsausdruck.

"Meine Tochter appariert mir nicht mit drei Jahren. Und ich müsste meinen Zauberstab anfassen, was ich nicht tun werde, falls ich es überhaupt noch kann und nicht auf dem halbem Weg zersplintere!", antwortete Lucy ein wenig wütend. Davon hatte Ginny doch ausgehen müssen!

Diese betrachtete Lucy konsterniert. Ihr Plan, Lucy langsam aber sicher zurück in die magische Welt zu bekommen, hatte doch einige Risse und Fehler. Aber da sie keinen Kamin besaß, der ans Flohnetzwerk angeschlossen war, musste es eben so funktionieren. Außerdem hatten sie jetzt nicht mehr unbedingt viel Zeit um herumzudiskutieren, denn wenns um die Pünktlichkeit beim Essen ging, sah Mrs. Weasley das Ganze noch ein wenig enger als bei anderen Dingen.

Also packte Ginny kurzerhand die verschränkten Hände der beiden und mit einem entschuldigenden "Sorry", fühlte sich Lucy mit Rica an der Hand auch schon in den alt bekannten Schlauch des Apparierens gepresst.

Ein wenig schummrig versuchte sie, als sie kurz drauf wieder festen Boden unter den Füßen hatte, ihre Tochter festzuhalten, die das unbekannte Gefühl nach dem Apparieren beinah umgeworfen hätte.

"Ginevra Weasley, wehe dir, wenn du das noch einmal tust!", fauchte die Blonde sofort ihre Entführerin an.

"Oha, ich dachte du heißt Ginny", unterbrach Rica sie allerdings, der es nach dem Apparieren erstaunlich gut ging, bevor Lucy Ginny alle Sorten von Drachenpocken an den Hals fluchen konnte, die sie kannte.

"Ich heiße Ginevra, aber Ginny ist mein Spitzname. Der ist schließlich auch viel schöner, nicht wahr? ", meinte Ginny ungeachtet Lucys Fluchen zu der erstaunten Dreijährigen hinunter.

"Wie cooool! Ich hab ich nen Spitznamen. Weißt du, eigentlich heiße ich Fre...", wollte Rica schon erzählen, wurde allerdings von ihrer Mum unterbrochen.

Diese war sich nämlich plötzlich wieder ihrer Umgebung bewusst geworden und hatte die Küche des Fuchsbaus erkannt. Als hätte sich in all dieser Zeit nichts verändert, sah immer noch alles genau so aus, wie vor Jahren, als sie das letzte mal hier gewesen war.

"Pscht Mäuschen, darüber können wir später noch reden. Einverstanden?", murmelte Lucy abwesend und suchte nach Spuren des Lebens in diesem Haus, doch trotz der Größe dieser Familie schien nirgends ein Mitglied der rothaarigen Truppe zu sein. Seltsam.

Ginny hatte nach Ricas Satz eine Augenbrauen hochgezogen. Was für einen Namen hatte Rica? Dass das kein vollständiger Name war, war Ginny schon klar, aber stand auf ihrer Geburtsurkunde tatsächlich die weibliche Form des Namens ihres Vaters? Hatte sich doch gerade beinahe so angehört!

Leise hörte man aus dem Wohnzimmer des verwinkelten Häuschens das Klappern der Gartentür und eine mollige Frau kam herein geweht.

Ohne ein Wort zog sie nach einem prüfenden Blick in Lucys Gesicht diese in eine feste Umarmung, in der Lucy für einen Moment schon meinte, ihre Knochen knacksen zu hören. Dann spürte sie die Wärme der Frau und ihre mütterliche Liebe in ihrem ganzen Körper und für eine kleine Ewigkeit war sie wieder 17.

Molly hatte sie geliebt. Von Anfang an hatte die rundliche Frau sie akzeptiert und sie wie eine zweite Tochter behandelt. Sie war es gewesen, die ihr den Trost spendete, den ihre von Todessern ermordete Mutter ihr nicht mehr geben konnte. Molly war es gewesen, die ihr einen Heuler geschickt hatte, als sie sich das einzige mal von ihrem Freund getrennt hatte und sie war es auch gewesen, die ihr ein Zuhause angeboten hatte, als Lucy ihres verloren hatte.

Für diesen einen Moment erlaubte sich Lucy, ihre Mauern fallenzulassen. Für diese eine Umarmung durfte sie den Schmerz zulassen, den sie jahrelang in einen Käfig gesperrt und tief in sich vergraben hatte.

Und während sich Lucy diesen Zuspruch gab, brachen auch schon alle Dämme und die seit Jahren fälligen Tränen bahnten sich den Weg in diese Welt.

TOMORROW   ||Fred Weasley||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt