CHAPTER SIXTEEN

489 20 0
                                    

Am nächsten morgen brachte Lucy Rica in die Kita. Anschließend nahm sie den Bus und erschien pünktlich bei Mr. Fletcher um ihre Arbeit aufzunehmen. Nachdem sie erklärt hatte, die Symptome hätten doch eher zu einem grippalen Infekt geführt, statt zu Masern, saß sie bis zum Ende des Mittags an ihrem Schreibtisch.

Verträge, Berichte, das Ticken der Uhr an der Wand und Mr. Fletchers Kommandos, zeigten Lucy auf eine seltsam skurrile Art, dass sie trotz all der vergangenen Action wieder in ihrem Alltagstrott angekommen war.

Wie durch einen Schleier, sah Lucy diesen langweiligen und ereignislosen Tag an sich vorbeiziehen und erst am Abend, als Rica schon wieder im Bett lag, kam Lucy wieder richtig zu sich.

Gedankenverloren, saß Lucy mit einem Roman auf ihrer Couch und las den oberflächlichen Mist, der Seite um Seite füllte. Für einen Moment überlegte sie sich, wie gern sie jetzt ein Buch über Verwandlung gelesen, oder einen Zaubertrank gebraut hätte, der diese furchtbare Monotonie enden lassen würde.

Ein Klappern ließ sie aus ihrem Tagtraum aufschrecken und aus irgendeiner alten Gewohnheit heraus, packte sie ihren Zauberstab, der immer noch unberührt direkt vor ihr gelegen hatte.

Zutiefst erschrocken starrte Lucy auf ihre Hand, die den silbernen Stab so seltsam vertraut umklammert hielt und bemerkte gar nicht, wie ihre Tochter langsam die Tür aufschob.

"Mummy ich kann nicht... ist das auch so ein Stab, wie Ginny ihn hat?", verwandelte sich Ricas leises Geflüster in einen aufgeregten Ausruf. Begeistert stürmte Rica zu ihr und blickte neugierig hoch zu ihrer Mum.

Den Blick von dem hölzernen Stab losreißend blickte Lucy zu ihrer Tochter und ließ den Stab fallen. Was hatte sie getan? Reichte der kurze Kontakt schon um...?

Im nächsten Moment kam die Antwort. Ja, es hatte gereicht.

Wie ein Film in schlechter Qualität, zogen Bilder um Bilder vor ihrem inneren Auge vorbei und von dieser Vielfalt überwältigt schlug Lucy die Hände vor dem Gesicht zusammen. Nein, nicht jetzt wo doch Rica neben ihr saß! Doch all die Stoßgebete brachten nichts, stattdessen flirrten und surrten verschiedene Ereignisse nur noch schneller und verrückter durch ihr Gehirn. Wann hatte das denn ein Ende? Nie war es so schlimm gewesen wie heute! Geräusche, ein Krachen, Bild, Bild, Bild. Ein Strudel, der sie immer weiter zog und in dem sie kurz davor war zu ertrinken.

Plötzlich spürte Lucy eine kühle kleine Hand an ihrer Schläfe und mit einem Mal konnte Lucy wieder klar und deutlich sehen. Ihre Hirnwindungen schienen wie leer gefegt und nur ihr leises Keuchen zeugten noch von dem eben erlebten Horror.

Lucy blickte direkt in die ängstlichen Kinderaugen ihrer Tochter, die immer noch ihre kleine Hand an der Seite des Kopfs ihrer Mum liegen hatte.

Allerdings hatte sich die Augenfarbe ihrer Tochter erheblich verändert. Statt dem dunklen Nachtblau, dass sie als Morgan-Mädchen geerbt hatte, strahlten ihre Iris in einem leuchtenden gletscherblau, dass Lucy nur aus einer einzigen Situation kannte.

"Nein!", rief sie entsetzt und wich so schnell zurück, dass sie sich den Kopf an der Wand anschlug und Rica, nach dem Verlust des Kontakts zu der Stirn ihrer Mum, taumelte. Dennoch hatte es den gewünschten Erfolg und das Gletscherblau nahm wieder die dunklere Farbe an. Der Gedankenstrom kam allerdings auch nicht wieder zu Lucy zurück.

"Frederica! Ich... wie...", sprachlos starrte Lucy ihre Tochter an. "Seit wann kannst du..."

Mit Bedacht und absolut nicht so aus der Fassung wie ihre Mum, zog sich Rica auf die Couch und setzte sich neben Lucy. Dann schaute sie immer noch neugierig den Zauberstab an, der auf den Teppich unter den Tisch gekullert war.

"Mummy, ich kann das schon lange. Also einfach Bilder sehen. Einmal", sie grinste verschwörerisch," einmal hab ich gesehen, dass so ein Junge Connor schlagen wollte. Da hab ich Connor schnell weggezogen und Miss Pea hat es dann gesehen. Aber ich hab noch nie... so viel gesehen!"

Die Angst war auf Ricas Gesicht zurückgekehrt.

Seufzend rieb sich Lucy das Gesicht und schielte auf die Uhr. Allzu viel Schlaf würden sie wohl beide nicht mehr in dieser Nacht kommen.

"Mäuschen, wir haben doch neulich über Zauberei gesprochen", begeistert nickte Rica, "aber ich hab dir damals nicht alles erzählt. Das, was du jetzt gleich erfährst, darfst du niemandem sagen, ja? Nicht Connor, nicht dem Postboten, und schon gar nicht Ginny oder George. Hast du das verstanden?"

Erst als Lucy in Ricas Augen gesehen hatte, dass die Dringlichkeit auch wirklich in ihrem Gehirn angekommen war, begann sie zu erzählen.

Und es wurde eine sehr lange Nacht.

TOMORROW   ||Fred Weasley||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt