Epilog - ... dann öffnet sich immer eine andere

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Epilog - ... dann öffnet sich immer eine andere

Ich brauche zwei Anläufe um mit den schweren Einkaufstüten die Klingel zu treffen. Mit dem Fuß setze ich noch zwei klopfende Tritte nach als ich einschätze, dass es mir mit dem Öffnen nicht schnell genug geht und nehme mit Freude zur Kenntnis, wie sich die Tür endlich öffnet.

„Da bist du ja. Hast du alles bekommen?", fragt Raphael direkt, bedenkt mich mit einem umwerfenden Schmunzeln und nimmt mir eine der Tüten aus der Hand. Ich drücke mich an ihm vorbei in den Flur und sehe, wie Sharis schwarzer Haarschopf aus der Küchentür herauslugt. Ihre langen Haare sind zu einem seltsamen Knubbel zusammengefasst, aus dem allerhand Haarsträhnen herausfallen. Sie grinst.

„Ich hoffe es. Du krakelst genauso schlimm, wie Shari." Meine liebste Freundin gibt ein murrendes Geräusch von sich, während mein Freund nur amüsiert lacht. Er streicht mir durch die regenfeuchten Haare und marschiert dann mit beiden Tüten in die Küche. Ich folge ihm mit kurzem Abstand und bestaune sofort die vielen Leckereien, die die beiden bereits fertiggestellt haben. Ein Nachtisch bestehend aus Fruchtspiegel und hellem Cremezeug. Sicher Mousse au chocolate. Mir läuft bereits das Wasser im Mund zusammen. Nur kurz schmult Raphael in die Tüten, stellt sie auf dem Tisch ab und beendet seine vorangegangene Schnippelarbeit. Er schneidet das Fleisch in perfekte Streifen. Während Shari in ebenso grandioser Manier eine Möhre in gleichmäßige Scheiben teilt, nehme ich mir ein Glas aus dem Schrank und versuche nicht ganz nutzlos auszusehen. Gar nicht so einfach. Die Zwei sind in ihrem Element. Ich gönne mir einen Schluck Wasser und als ich das nächste Mal zur Shari sehe, nimmt sie sich mit medizinischer Präzision eine Paprikaschote vor. Die beiden sind einfach großartig. Ein Rascheln und wiederholtes Knistern ziehen meine Aufmerksamkeit zu dem anderen Mann.

„Sag mal, wo sind die Zucchinis?", fragt Raphael leise, kramt zwei Joghurtbecher aus der Tüte, während ich zu den Schüsseln mit den vorgeschnittenen Gemüsezutaten schleiche. Der Geruch von Möhren und Paprika strömt mir entgegen. Nun schaut die schöne Inderin auf, sieht zuerst zu Raphael und dann zu mir. Ich bin mitten in meiner Bewegung stehen geblieben, strecke meine rechte Hand schon nach der Paprika aus.

„Mark?" Raphael hebt neben eines, der von mir besorgten Gewächse auch seine Augenbraue in die Luft. Ich sehe mehrmals zwischen Schüssel und hochgehaltenen Gemüse hin und her. Meine Schultern zucken nach oben. Langsam glaube ich, dass mit meinen gekauften Zucchinos irgendetwas nicht in Ordnung ist.

„Du bist unbelehrbar, Mark. Das ist eine Aubergine", gibt nun Shari von sich, nimmt Raphael die Eierfrucht aus der Hand. „Wie muss eine Zucchini aussehen?", setzt sie nach, stupst mir mit der stumpfen, dicken Seite des Gemüses gegen den Arm. Lehrstunde die Zweite. Genaugenommen die x-te. Ich weiß nicht mehr, wie oft sie mir schon versucht hat, zu erklären, wie die einzelnen Gemüse- und Obstsorten aussehen.

„Grün?", schlage ich vor, habe nur geraten und ernte ein weiteres Piksen. Okay, das Ding in ihrer Hand ist definitiv nicht grün.

„Richtig. Befindet sich die Farbe dieses Gemüses in einer Wellenlänge zwischen 520 – 565 nm?" Woher hat sie nur diese hochtrabenden Fachsimpeleien? Die Uni bekommt ihr nicht. Es gibt viel zu viele Angeber in ihrem Studiengang. Shari setzt passend zu ihrer Frage ihren Oberlehrergesichtsausdruck auf und streckt dazu noch tadelnd ihren Zeigefinger aus. Wie in der Schule. Ich will schwänzen.

Ich sehe zu Raphael, der breit grinsend gegen den Kühlschrank lehnt und mir gestisch klarmacht, dass er sich nicht einmischen wird. Egal, wie viel Blut fließt.

„Milch und Sahne hat er auch vergessen.", kommentiert er stattdessen und reitet mich noch mehr rein. Das wird er mir später büßen.

„Das stand nicht auf der Liste", kontere ich vehement und krame den Papierzettel aus meiner Hosentasche. Ich halte ihnen die abgearbeitete Liste vor die Nase und stocke, als ich auf der zu mir gewandten Seite weitere Begriffe sehe. Möge mich doch endlich der vernichtende Blitz der Peinlichkeit treffen.

Doors of my Mind 2.0 - Ihr Freund. Mein GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt