Einmal das Streitmenü zum mitnehmen, bitte!

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Kapitel 12 Einmal das Streitmenü zum mitnehmen, bitte!

Das Gesicht meines Vaters blickt mir aus der runtergekurbelten Autofenster entgegen. Er lehnt sich umständlich über den Beifahrersitz zu mir. Ich straffe meine Schultern, schniefe lautlos und wische mir unbewusst über die Nase. Die Frage nach seiner Anwesenheit beantwortet sich mit der Tatsache, dass Maya hier ist. Er hat sie vermutlich hergefahren. Warum muss er ausgerechnet hier stehen? Warum ist er überhaupt noch hier? Zudem wird mir langsam bewusst, dass es nicht das erste Mal ist, dass er eine Auseinandersetzung zwischen mir und Raphael mitbekommen haben könnte. Ich atme noch einmal durch und lehne mich ins Autofenster.

„Papa, hey...", sage ich übertrieben fröhlich in der Hoffnung, dass er nichts von meinem peinlichen Theater mitbekommen hat. Wenn dann hätte er sich sicher früher bemerkbar gemacht. Das rede ich mir zu mindestens ein.

„Hallo, mein Sohn. Was machst du denn hier?" Seine Frage ist neutral gehalten. Ich schöpfe weitere Hoffnung, dass mein Auftritt unbemerkt geblieben ist. Dennoch mustert er mich aufmerksam.

„Und warum hast du nur einen Schuh an?" Diesmal ist die Frage eher argwöhnisch.

„Ähm, ich war gestern hier um die Ecke mit Danny unterwegs. Es ist etwas spät geworden und da durfte ich auf Raphaels Couch pennen." Er sieht mich aufmerksam an, während ich abwäge, wie viele Informationen ich preisgeben kann. Im Grunde ist das nicht einmal gelogen, aber keine richtige Antwort auf seine Frage. Ich schlüpfe in den Schuh und lächele dämlich.

„Du trinkst unterhalb der Woche?", fragt er skeptisch und ich lifte meine Augenbraue. Ich durchschaue die Frage.

„Getrunken? Von trinken habe ich nichts gesagt. Wir haben einfach nur gequatscht." Ich lege meinen Finger unter mein rechtes Auge, ziehe es leicht runter und stecke meinem Erzeuger fast frech die Zunge raus. Er packt mich sachte an der Nase und lächelt.

„Touché. Soll ich dich eben nach Hause fahren? Wenn ich schon den Chauffeur für Maya spiele, kann ich auch gleich bei dir weitermachen." Er schiebt seinen Laptop vom Beifahrersitz, doch ich schüttle den Kopf.

„Nein, danke. Ich habe gleich Vorlesungen und die Uni ist, ja gleich um die Ecke." Während ich ablehne, deute ich in die ungefähre Unirichtung und lächele. Mein Vater nickt und ich richte mich auf.

„Na gut, dann sei, aber vorsichtig. Nicht, dass du den Schuh noch komplett verlierst", sagt er zögerlich und danach übertrieben witzig.

„Immer, weißt du doch! Mich haut sowieso so schnell nichts um. Grüße Mama ganz lieb", versichere ich lügend und lächelnd. Ein Profi würde sofort erkennen, dass an meinem Lächeln nichts echt ist. Ich winke meinem Vater zu, knie mich runter um den Schuh zu zubinden und wende mich dann zum Gehen.

„Mark?", ertönt es noch einmal. Ich wende mich zu ihm, doch er winkt nur ab. „Schon gut. Wir sehen uns Freitag." Damit fährt er die Scheibe hoch und ich sehe dabei zu, wie er davonfährt. Hat er doch etwas gemerkt? Ich fühle mich elendig. Zum einen, weil die Reste des Alkohols noch immer in Form eines Seeigels Kreise in meinem Blut schwimmen und zum anderen, weil es sich anfühlt, als hätte man mir mit einem Beil das Hirn und das Herz gespalten. Ich will das nicht mehr. Ich kann es nicht mehr. Meine Hand presst sich gegen meine Brust und ein weiteres Mal beuge ich mich vor, in der Hoffnung der Schmerz würde sich dadurch lindern. Vergeblich. Nichts passiert.

Hingegen meiner vorigen Aussage nehme ich doch den Bus und fahre in meine Wohnung. Dort wechsle ich die stinkenden Klamotten und schnappe mir die Unterlagen für die Uni. Das alles geschieht in einem eigenartigen Dämmerzustand. Mein Kopf ist leer und ich fürchte, dass es den restlichen Tag so bleiben wird. Vielleicht sollte ich zu Hause bleiben. Doch, dann werden die Gedanken sicherlich schneller zurückkehren und mich erbarmungslos auffressen.

Doors of my Mind 2.0 - Ihr Freund. Mein GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt