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Mrs. Jones stöhnte, als sie sich wieder an ihre Tasche voller Mathearbeiten, die berichtigt werden wollten, erinnerte. Beinahe war sie versucht gewesen, es schleifen zu lassen, aber dann überwand sie sich doch und griff in die Tasche.
Nicht wirklich begeistert nahm sie die Kappe ihres roten Stiftes ab und setzte ihn auf die erste Arbeit an. Phil Brono. Ihr Absoluter Hassschüler. Warum war der überhaupt auf der Goode? Der kam doch kaum mit! So oft hatte sie ihm schon gesagt, er solle die Schule wechseln. Aber sein Vater ist ja überzeugt davon, dass er hochbegabt ist. Wer's glaubt.
Zwei von Sechs Punkten. Ihr Stift kratzte über das Papier. Langsam entspannte Mrs. Jones sich. Sie liebte es zu schreiben, war selbst an einem Buch dran. Nur Kurzgeschichten, aber immerhin.
Zwei Stunden später klopfte es an der Tür.
"Ja?" Mrs. Jones sah verwundert auf. Wer war das denn jetzt?
"Liebling?", kam es aus dem Flur. "Hast du nicht eine Lehrerkonferenz?"
Lehrerkonferenz? Lehrerkonferenz! Mrs. Jones Augen weiteten sich entsetzt.
"Shit!", fluchte sie und riss ihre Tasche an sich, drückte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange und stürmte zur Haustür hinaus - ohne Jacke. "Shit!", fluchte sie wieder. Jedoch wusste sie den Weg zu Paul Blofis, bei dem sie sich treffen wollten. Und es war nicht weit, vielleicht fünfhundert Meter. Trotzdem war ihr kalt, als sich die Lehrerin durch den scharfen Wind gekämpft hatte.
Hektisch klingelte sie an der Tür des hübschen Reihenhauses.
"Hallo?" Ein junger Mann, Mrs. Jones schätzte ihn auf zwanzig, öffnete. Sein Blick glitt wachsam über sie, als wolle er feststellen, ob sie eine Gefahr war. Mrs. Jones kannte diesen gehetzten Blick, bevor sie Franz kennen gelernt hatte, hatte sie selbst unter Paranoia gelitten.
"Hallo, ich bin Olivia Jones, ich bin zu spät, ist dein Vater da?"
Ein amüsiertes Zucken regte die Mundwinkel des Anderen.
"Wohl kaum." Er öffnete die Tür weiter, so dass sie eintreten konnte. "Dad ist so gut wie nie da, er lebt in der Nähe des Olymp."
"Griechenland?"
Wieder ein Zucken. "Manchmal auch Rom." Er nahm ihr die Jacke ab und hängte sie auf. "Und sie sind nicht zu spät, eher zu früh. Ich habe Paul schon so oft gesagt, er soll nicht so nuscheln, wenn er drei Uhr sagt.", sagte er grinsend.
"Drei Uhr? Nicht zwei?" Olivia war erleichtert. "Kann ich so lange bei euch bleiben?", erkundigte sie sich dann.
"Natürlich." Er führte sie zur Küche, wo der Backofen an war. Leckerer Duft stieg Olivia in die Nase.
"Das sind die Cookies meiner Mom.", erklärte der junge Mann. "Ich bin übrigens Percy, Percy Jackson."
"Der Mädchenname von Mrs. Blofis.", erkannte Olivia.
"Richtig. Meine Mum und mein Dad hatten eine Affäre, mehr war da nie." Percy schloss resigniert die Augen, als er Babygeschrei hörte. "Ich muss los, sagen Sie meiner Mom, ich habe Sie reingelassen."
Damit verschwand er aus der Küche und stieg die Treppe hinauf zum ersten Stock.
Mrs. Jones wartete. Ein wenig später kam eine etwas ältere Frau herein, mit fröhlichen Augen und Lachfältchen hinter ihnen. Trotzdem runzelte sie misstrauisch die Stirn, als sie Olivia sah.
"Darf ich fragen, wer Sie sind?" Mrs. Blofis musterte Olivia. Ihre Hand verkrampfte sich um den Besen, den sie hielt. Ein wenig fürchtete sich Olivia nun doch, es sah so aus als wolle Pauls Frau ihr gleich eine überbraten.
"Olivia Jones, eine Kollegin von Paul. Ihr Sohn hat mich reingelassen. Percy, nicht?", antwortete sie ruhig.
Mrs. Blofis entspannte sich. "Oh, okay. Ja, Percy." Sie lächelte wieder. "Verzeihen Sie mir, ich habe gerade eine anstrengende Zeit hinter mir."
"Das Baby?", vermutete Olivia.
"Estelle? Ja, sie ist ein Goldschatz. Einer mit einem kräftigen Organ." Fröhlich griff Pauls Frau in den Backofen und holte die Cookies heraus, die Percy eben erwähnt hatte. "Wollen Sie? Ich bin übrigens Sally."

"...und deshalb bin ich überzeugt - oh, hey Percy."
"Hey Paul." Percy sah erschöpft aus. "Hey Pauls Kollegen." Er schlurfte zum Küchentresen und ließ sich auf einen Hocker fallen, da die Stühle von den Lehrern voll besetzt waren.
"Alles okay?" Paul sah besorgt aus.
"Alles gut. Charlie bekommt nur wieder Zähne und ist soo unleidlich.", beschwerte sich der Zwanzigjährige, ohne darauf zu achten, dass die gesamte Lehrerkonferenz ihn anstarrte.
"Und eine von Kellis Freundinnen war wieder da." Er stöhnte genervt und ließ seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. "Ich hasse Kelli.", ertönte es dumpf.
"Ich weiß. Kommt Annabeth nicht gleich?", fragte Paul. "Weil ... du weißt schon ... Lehrerkonferenz?"
"Hm? Ja, jede Minute." Percy hievte sich hoch und schlurfte zur Tür. "Warum noch mal habe ich mich bereit erklärt, auf die Kleine aufzupassen?"
"Weil es deine ist und Annabeth die letzten zwei Tage nur noch schlecht gelaunt war?", sagte Paul belustigt.
"Oh. Stimmt." Eine Pause. "Ist es normal, dass ihre A-A grün ist?"
"Percy!"
"Ich sag doch nicht Exkremente! Sie ist ein Baby, kein Professor!"
Das Klingeln der Tür unterbrach sie.
"Ich geh schon mal." Percy verließ die Küche.
"Es ist normal!", rief Paul ihm hinterher. "Wo waren wir?"
"Seines?! ", fragte Mrs. Green schockiert. Olivia hatte ebenfalls die Stirn gerunzelt, sagte jedoch nichts.
"Ja, seines. Wieso?"
"Er ist doch höchstens zwanzig!"
"Neunzehn." Paul schien verärgert.
"Das ist viel zu früh!"
"Und das können Sie entscheiden?" Percy sah zur Tür herein. Eine blonde Lockenmähne war hinter ihm und hielt sanft seine Schulter, blitzte Mrs. Green jedoch genauso empört an. Die beiden schienen nicht nur verärgert, sonderen regelrecht wütend. "Haben Sie eine Ahnung, dass es ein Wunder ist, dass ich immer noch lebe? Nein! Ich will mein Kind nicht mit neun Jahren alleine lassen. Oder noch jünger. Und falls sie mir jetzt mit Verantwortung kommen: Ich habe genug davon. Und meine Frau auch. Auf Wiedersehen." Er knallte die Tür zu.
Eine Pause entstand. Dann meldete sich Olivia. "Was meint er damit, dass es ein Wunder ist, dass er immer noch lebt?"
Paul sah deprimiert aus. "Sein Körper ... er hat eine Genvererbung, die ihn nicht sonderlich alt weren lässt. Zu unerforscht, um zu sagen, wie alt er wird. Aber er ist ein Krieger. Er wird es schon schaffen." Er seufzte und schob die Cookies, die er vorher fröhlich in sich hereingefuttert hatte, weg. "Wollen wir weiter machen? Ach ja. Ich bin überzeugt ..."

Halbgötter One Shots (Percy Jackson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt