shadow

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Als Yoongi zum ersten mal die leisen Geräusche wahrnahm, ignorierte er sie, so gut er konnte. Schließlich wusste er nicht, was diese Geräusche bedeuteten und für Auswirkungen auf das Leben von ihm, aber auch vielen anderen haben würde. Deshalb zuckte er nur mit den Schultern und aß seinen Jogurt weiter, während eine gute halbe Stunde die Wohnung erfüllt von den Klängen war.

Nach wenigen Tagen, als die Geräusche wieder einmal durch die Wohnung hallten, breitete sich eine ahnende Gänsehaut aus und trotzdem ignorierte Yoongi diese und schloss sich in seinem Zimmer ein, während er sich Kopfhörer aufsetzte. Dies ging immer weiter. Und als gute fünf Wochen vergingen und Yoongi wieder einmal an dem Esstisch saß und wartete, da hörte er sie wieder. Leise tönten sie aus dem Badezimmer und drängten sich in seine Ohren. Am liebsten würde Yoongi seine Hände auf die Ohren pressen und wie die anderen Wochen auch, all diese Geräusche ignorieren. Aber er konnte nicht mehr.

Langsam, leicht zitternd stand Yoongi auf und lief leise zu dem Badezimmer. Er stand vor diesem und wusste nicht, was er nun tun sollte. Eine Minute verstrich, zwei, drei und er stand immer noch vor dem verschlossenen Badezimmer. Bis sich die Tür öffnete.

»Jimin, was machst du da drin?«

Ein gerötetes Gesicht, geschwollene, rote und aufgerissene Augen blickten in sein Gesicht. Und er blickte zurück. Yoongi spührte nicht, wie seine Unterlippe anfing zu zittern. »Jimin, was tust du in dem Badezimmer?«, Yoongi ging einen Schritt auf den Jungen zu. Dieser einen zurück.

»Nichts. B-Bitte lass mich in Ruhe.«, Jimins Stimme war brüchig und zittrig, so sehr, dass Yoongi sein Gesicht verzog und sich an der Wand stützen müsste. Jimin wollte gehen, vorsichtig den ersten Schritt ansetzen, doch Yoongis Hand schloss sich fest um das dünne, zu dünne, Handgelenk und zog Jimin zu sich zurück. Er war so schwach, dass er gegen Yoongis Brust krachte und zeitgleich seine Beine nachgaben, somit auf den Boden fiel. "Jimin..", vorsichtig half Yoongi ihm auf. "Komm"

Sie saßen auf Jimins Bett. Er hatte die Decke schützend um seinen Körper gezogen. Yoongi konnte trotzdem erkennen, wie sehr er zitterte und seine Augen glasig auf den Boden blickten.

»Wie lange weißt du es schon?«

Jimin's zarte Stimme brach die Stille und ließ Yoongi eine Gänsehaut über den Rücken fahren. Er hatte sich geschworen Jimin und die anderen Member zu beschützen. Und nun saß er neben diesen und konnte seine Augen nicht auf ihm Ruhen lassen, weil es so sehr weh tat.

»Seit du angefangen hast.«

Jimin schluckte. »Und du hast nichts getan?«
Sprachlos richteten Yoongi's Augen sich auf das eingefallene Gesicht neben ihm. Jimin's Augen wanderten unruhig im Zimmer umher, immer noch gerötet und glasig. Sein Blick wendete sich wieder von dessen Gesicht ab und legte sich nach draußen. Leise seufzte Yoongi aus.
»Was hätte ich denn tun sollen Jimin..? Du hättest mich angelogen, so wie jetzt auch und du hättest weiter gemacht.«, leise sprach er dies aus. Sekunden später nahm er eine Bewegung von Jimin wahr, wie dieser von Yoongi abrückte und die Decke enger um sich schling.

»Woher willst du das wissen? Du hast nur wortlos zugesehen.. nichts getan«, sagte der blondhaarige und versuchte das Beben seiner Lippen zu ignorieren. Yoongi drehte sich um, rückte näher an Jimin heran, obwohl er nicht wusste, was er darauf antworten sollte. Denn es stimmte. Er war ein Feigling und hatte nichts getan und somit Jimin fallen lassen.
»Jimin, es tut mir so sehr leid..«, flüsterte er. Seine Hand legte sich auf Jimin's Schulter und spürte das Zittern. Tränen bildeten sich in Jimin's Augen. »Wissen denn auch die anderen Member Bescheid?«

»Nein, nur ich.«

Ein Damm brach. Leise schluchzte Jimin auf und krümmte sich zusammen. Große Tränen flossen aus seinen schönen Augen, sofort bedeckte er sein Gesicht mit den Händen.
Yoongi wusste nicht, was er nun tun sollte. Er konnte Jimin nicht allein lassen, nicht schon wieder und doch war er überfordert. Dennoch legten seine Hände sich um Jimin's Oberkörper, ohne dass er dies richtig kontrollieren konnte. Er drückte den dünnen Oberkörper, welcher so zerbrechlich wirkte, gegen seinen und streichelte sachte über die Haare seines Gegenübers.

»W-Was wäre passiert, wenn du eher etwas gesagt hättest..«, schluchzte Jimin auf und sah mit tränenden Augen hinauf in Yoongi's Gesicht. Sie sahen sich an.
»Vielleicht wäre ich nicht so tief hineingerutscht. Vielleicht hätte ich aufhören können... so vieles hätte anders werden können.«

Yoongi musste schlucken. Flatternd schlossen sich seine Augen, tief atmete er ein.
»Aber du hast es ignoriert«
Ein Herzschlag von Yoongi setzte aus. Sein Magen verkrampfte sich. »Jimin, ich hätte etwas tun müssen. Es tut mir leid. Es tut mir so leid, ich war so feige.«, sprach er leise und drückte den Körper noch näher an sich. Sein Herz schmerzte so sehr, dass er schreien wollte.
»Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich wusste einfach nicht.. ich-«

»Ich weiß.. ich hätte dir das nicht zumuten sollen.«, unterbrach Jimin ihn. Er rückte etwas ab, weshalb Yoongi's Herz noch viel mehr schmerzte.

»Bitte erzähl niemanden davon.«

Yoongi's Augen weiteten sich, sein Atem stockte. »Jimin, nein. Wir müssen es den anderen Membern erzählen, zumindest Namjoon. Und, du brauchst einen Therapeuten.«, sprach er. Mit jedem Wort, welches seinen Mund verließ rückte Jimin weiter hinweg, sein Blick wurde trüber.

»Jimin Stoß mich nicht von dir, bitte. Ich habe den Fehler begangen, aber lass mich dir helfen. Lass mich dir wenigstens jetzt helfen, auch wenn es zu spät ist.«

»Ich will keine Hilfe Yoongi!«, Jimin schluchzte auf.

»Die brauchst du aber..«

Langsam näherte er sich wieder der kleinen, zerbrechlichen Gestalt. Sein Herz pochte schnell und Yoongi hatte das Gefühl, in seinem Kopf würde sich alles drehen.
Wieder einmal nahm er Jimin in seinen Arm und drückte ihn, so fest er konnte, gegen seinen Oberkörper. Der zarte Körper zitterte schrecklich in seinen Armen.

Als Yoongi spürte, sie eine Träne über seine Wange lief, schob er sachte den Stuhl zurück, auf welchen er saß. Er konnte deutlich hören, wie das Würgen aus dem Bad immer lauter wurde, als er diesem näher kam. Immer weitere Szenarien, wie Jimin aussah, wenn er dies tat, oder wie er in Yoongi's Armen zitterte, schluchzte und weinte, spielten sich in Yoongi's Kopf ab. Was wäre, wenn er wirklich Wochen warten würde und nichts tun? Würde das Gespräch wirklich so ablaufen? Was würde passieren?

Es war nun das zweite mal innerhalb von drei Tagen an dem Yoongi das Würgen aus dem Badezimmer, das schwere Atmen und unterdrückte schluchzen vernahm. Yoongi war nicht dumm, er wusste was in diesem Zimmer passierte und Jimin sich antat.
Einzelne Tränen liefen seine Wangen hinunter, sein Herz schmerzte immer mehr.

Sachte klopfte Yoongi gegen die weiße Tür.

»Jimin, bitte mach die Tür auf... Wir sollten reden.«

ℴ nℯSℋOℸSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt