fake love

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Ich war dick und unglücklich

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Ich war dick und unglücklich. Nun bin ich dünn und unglücklich.

Leer, ausdruckslos starrten meine Augen auf den Spiegel. Sagen sich selbst, mein Gesicht, meinen Körper. Wie von selbst wendete mein Blick sich ab, nur um wieder zu dem Spiegel zu wandern. Grob betastete ich meinen Körper, umfasste meine Taille, fuhr jede einzelne Rippe mit meinen Zeigefinger nach. Langsam bückte ich mich, bekam eine Gänsehaut, als meine Wirbelsäule, jeder Wirbel, zu sehen war. Alle meine Knochen wurden betastet, die Arme und Beine umschlossen. Wie viel Zentimeter fehlten, bis ich meinen Arm ganz, mit nur zwei Fingern umschließen konnte, bis ich meine Beine mit beiden Händen umschließen könne oder meine Taille.

Das morgendliche inspizieren dauerte jeden Tag etwa zehn Minuten, wenn ich mir mehr Zeit ließ auch eine gute halbe Stunde. Mit jeden mal hatte ich das Gefühl, dass noch ein Teil in mir seinen Geist aufgab und langsam abstarb.

Seufzend holte ich die Waage aus dem Schrank unter dem Waschbecken hervor. Mal wieder stand der Zeiger nicht auf 0, ich hasste das. Und trotzdem stellte ich mich auf das Gerät, guckte hinunter und hoffte etwas gutes zu sehen. 56kg.

Einer fehlt noch. Noch ein Kilogramm und ich hab mein Wunschgewicht erreicht. Dann kann dies alles aufhören, dann werde ich wieder normal essen.
Tief im Inneren war mir bewusst, dass ich nicht normal essen werde, dass ich es gar nicht will.
Ich liebe es, wenig zu essen, oder es in mich hineinzustopfen und mich danach zu übergeben. Ich liebe es, doch ich wollte es nicht zugeben.
Nein, ich war mir sicher, dass ich alles unter Kontrolle hatte.

Die Waage wurde wieder in den Schrank geräumt. Ich zog mich an, langsam, da mein Körper heute nicht so wollte, wie ich. Es gab Tage, da konnte ich einen Marathon laufen, aber auch welche, wie heute. Das Aufstehen hatte mich auf den Boden befördert und mir Tränen in die Augen getrieben. Nicht, weil es weh tat, sondern weil ich erkannt hatte, dass ich hineingerutscht war und dies hätte nicht passieren dürfen.
Ich hatte einfach meine Augen vor der Wahrheit verschlossen, bin aufgestanden und mich vor den Spiegel gestellt.

„Willst du wirklich so weg?"

Meine Schwester fragte mich dies nicht schnippisch, gemein oder zickig. Ganz normal.
Ich hasste es, dass sie nicht einfach leise sein konnte. Früher war ich ein Familienmensch gewesen, bestimmt war ich es immer noch, aber ich war so unglücklich, dass ich nur noch eins wollte. Allein sein.

Ich sah in den Spiegel. Meine dunkelbraunen Haare ließen meine Haut noch blasser wirken, dabei wurde mir schon gesagt, dass ich viel zu blass war. Woher kommt das wohl, ihr Vollidioten.
Wenigstens waren die Sommersprossen gut sichtbar, dass einzige was ich vielleicht an mir mochte. Und meine blau-grünen Augen.

„Du siehst aus, wie die weiße Wand hinter dir, wenn du nur schwarz trägst.", sagte sie und ging dann davon.

Klar wusste ich das. Aber eine weite Jogginghose und ein weiter Pulli waren mir lieber, als irgendeine Jeans und anderes, was meine Figur betonen könnte. Ich zog das vielleicht an, wenn ich gute Tage hatte. Aber wann gab es die schon.

ℴ nℯSℋOℸSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt