Kapitel 14

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Und erneut saß ich in einem Flieger. Doch im Gegensatz zu den letzten Malen erwartete mich dieses Mal kein neues Abenteuer, stattdessen die alte Hölle.

Wir haben dich lieb und werden dich vermissen!

Lächelnd las ich die Nachricht und steckte mein Handy zurück in meine Hosentasche. Alle waren ein letztes Mal zu dem Flughafen gekommen um mich zu verabschieden, sogar Kristin und Isla waren da gewesen. Vergeblich hatte ich mir vorgenommen nicht zu weinen, aber spätestens als ich mir ein letztes Mal Tevas Jungstipps anhören musste, heulte ich wie ein kleines Baby, dem man seinen Schnuller geklaut hatte. Ich hatte mir vorgenommen mein Flohmarkt - Leben, neu und gleichzeitig auch alt, mit positiven Gedanken zu beginnen, aber Freude spürte ich trotzdem nicht als das Flugzeug in die Höhe stieg und ich zurück in den Sitz gedrückt wurde.


Viel zu schnell hatte ich Amerika hinter mir gelassen und stand im Hamburger Flughafen, er kam mir viel kleiner vor als noch beim letzten Mal und beinahe beim ersten umherschauen, erkannte ich sie auch. Meine Mutter. Ich schleifte mich zu ihr. Ihre dunklen Augen direkt auf mich gerichtet, ihre schmalen Lippen zu einem breiten Lächeln gezogen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihre sonst so blasse Haut nun einen gesünderen rötlichen Ton hatte. Mit jedem Schritt den ich auf sie zukam schien sie... Nervöser zu werden. 
,,Ally, ich freue mich so dich zu sehen!", sagte sie als ich bei ihr ankam und ich kaufte es ihr tatsächlich ab. Für einen Moment schien sie mich umarmen zu wollen, zuckte dann aber wieder zurück und nahm mir stattdessen mein Gepäck ab. Schweigend folgte ich ihr zu dem kleinen hellblauen Auto und setzte mich auf den Beifahrersitz. Wir fuhren aus Hamburg heraus in ein etwas kleineres Dorf und hielten an einem Mehrfamilienhaus. Ich hatte schon wieder vergessen wie sehr sich Deutschland und USA unterschieden.

,,So, willkommen zuhause. Es ist vielleicht etwas kleiner als dein altes Heim, aber ich hoffe es gefällt dir trotzdem", sie schloss die graue Tür auf und ich betrat nach ihr die Wohnung. Ich stand direkt in der Küche, was auch gleichzeitig das Wohnzimmer und Esszimmer war. Meine Mutter stand unentschlossen neben mir, ihre Arme verschränkt und ihr Kopf zur Seite geneigt. 
,,Ich habe dein Zimmer vorbereitet. Wenn du irgendwas spezielles haben willst, dann sag mir Bescheid, dann schaue ich ob wir das hinbekommen, hm?", ich nickte und sie schien enttäuscht als hätte sie eine andere Antwort erwartet. Ich konnte nicht leugnen, dass ich sie mit Absicht hinhielt. Ich kaufte ihr dieses Gute - Mutter - Ding jedoch einfach nicht ab.
Sie zeigte mir mein Zimmer. Der Boden war mit braunem Teppich bedeckt wie auch die restliche Wohnung. In einer Ecke stand ein silbernes Bett mit rotem Bettbezug und in der anderen Ecke ein Holzschrank.  Hier und dort standen Topfpflanzen und ein Foto von mir und Teva war auf dem Tischchen neben dem Bett aufgestellt worden.
Ich setzte mich seufzend auf das Bett und legte meine Tasche mit meiner Kleidung neben mich. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und schrieb Teva und meinem Dad. Das hier war also mein neues Zuhause.


Es dauerte nicht lange bis ich mich irgendwie eingewöhnt hatte. Ich ging in das Gymnasium in der Nähe, hatte schnell ein paar Leute gefunden an die ich mich halten konnte und es hatte sich Normalität in meinem Alltag ausgebreitet. Meine Mutter bemühte sich immer noch eine Beziehung aufzubauen und ich wartete jeden Tag darauf, dass sie endlich ausrasten würde und wieder werden würde, wie ich sie kannte. Den Tag über war sie zum Glück immer arbeiten und so hatte ich die Wohnung für mich alleine bis sie Abends wieder zurück kam. 

Mittlerweile waren knapp drei Monate vergangen und ich saß in meinem Zimmer mit Lewis. Er wohnte eine Etage unter mir und leistete mir Nachmittags oft Gesellschaft, so auch heute.
,,Du bist also tatsächlich so ein richtiger Nerd?",kicherte ich. Lewis zuckte mit den Schultern und lachte. Er lag auf dem Bauch auf dem Boden und blätterte in dem Comicheft vor ihm herum dessen Inhalt er mir gerade geschildert hatte.
,,Das hätte ich echt nicht von dir gedacht", lachte ich und er schaute mich aus seinen blauen Augen enttäuscht an.
,,Nicht, dass das etwas schlechtes wäre", fügte ich hinzu und seine Mundwinkel zuckten vergnügt.
,,Und so hat jeder seine Geheimnisse", sagte er und setzte sich in den Schneidersitz und schaute mich interessiert an. Seine wild in alle Richtung stehenden blonden Haare sein Gesicht umspielend.
,,Wie sieht es bei dir aus?", fragte er und wischte mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich schluckte.
,,Wie meinst du?", er verdrehte lachend die Augen.
,,Nun ja, ich weiß, dass du mit zweitem Namen May heißt und eine unglaublich große Wassermelonen - Sucht hast. Aber wie sieht es sonst so aus? Was macht dich Ally?", er musterte mich. Was machte mich mich? 
,,Sag es mir. Was macht mich aus?", fragte ich stattdessen so beiläufig wie möglich. Aber mich interessierte es tatsächlich.
,,Nun, du bist natürlich enorm süß und hübsch. Aber irgendwas an dir ist geheimnisvoll. Das mag ich", er grinste und legte eine Hand auf meine Wange, er kam mir näher und statt seine Handlungen zu imitieren stieg Panik in mir hoch. Ich konnte das nicht. Ganz sicher nicht. Ich stieß ihn zurück und er schaute mich erschrocken an. Er stand auf und lief zur Tür.
,,Sorry, ich muss gehen", presste er heraus und griff nach seiner Jacke und ging aus dem Zimmer. Ich sprang auf und lief ihm nach. Verdammt, ich war so dumm noch direkter hätte ich ihm mein Desinteresse nicht zeigen können.
,,Lewis es tut mir Leid. Ich-", er hatte die Haustür bereits hinter sich hergezogen.
Das war ja klar. Ich hatte gerade die Chance bekommen eine normale Beziehung zu führen, ohne komplizierte Bandmitglieder, die es einem schwer machten und ich vermasselte es.

Bevor ich meine Jacke anziehen konnte um mich bei Lewis zu entschuldigen, klopfte es an der Tür. Gott sei Dank. Lewis war selber wieder zurück gekommen. Erleichtert öffnete ich die Tür.
,,Hör zu, das war wirklich-", ich stockte und alles in mir zog sich zusammen. Ich würde jeden Moment zusammenklappen. Das konnte nicht wahr sein. Das war nicht möglich. Irgendwas in mir wollte lachen, etwas anderes schreien, heulen, auf ihn einschlagen.
,,Jack?", der Junge vor mir, der aussah wie er brach zusammen, genauso wie meine Welt.

Whatever you do - Why don't we FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt