Kapitel 16

140 14 3
                                    

Das nächste Mal als ich aufwachte war alles dunkel und vermutlich tief in der Nacht. Ich wurde von Jack aufgeweckt, der sich unruhig von einer Seite zur anderen wälzte. Ich setzte mich im Bett auf und legte meinen Handrücken an seine noch immer heiße Stirn.
,,Sshh", versuchte ich ihn zu beruhigen, aber vergebens.
,,Irgendwas beobachtet mich", seine Stimme war heiser und nur ein Hauchen.
,,Alles ist okay. Es ist keiner hier nur ich", wieder umklammerte er meine Hand. Er wimmerte leise und ich umgriff sie stärker und strich mit meinem Daumen über seine trockene Haut. Er beruhigte sich wieder und als ich mir sicher war, dass er schlief, legte auch ich mich erneut zu ihm.

Ein Klopfen riss mich das nächste Mal aus meinem Schlaf. Erschrocken schreckte ich hoch, was Jack zum Seufzen brachte. Verdammt. Ich hatte total vergessen, dass ich heute in die Schule musste. Ich konnte ihn hier aber nicht alleine zurück lassen.
,,Ally? Bist du wach?", hörte ich meine Mutter rufen. Sofort stolperte ich zur Tür und machte sie einen Spalt weit auf. 
,,Mir geht es nicht gut, ich glaube ich sollte zuhause bleiben", durch das schnelle aufstehen war mir tatsächlich etwas schwindelig und ich krallte mich am Türrahmen fest. Meine Mutter legte eine Hand auf meine Stirn und eine auf ihre.
,,Du scheinst zwar kein Fieber zu haben, aber wenn es dir nicht gut geht dann bleibe zuhause", ich konnte mir ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken und nickte schnell.
,,Dann bis heute Mittag", bevor sie noch etwas erwidern konnte schlug ich ihr die Tür vor der Nase zu.
Wenig später hörte ich sie aus der Tür gehen und ging in die Küche. Ich schob mir ein Brot in den Toaster und gleich danach auch eins für Jack. Ich beschmierte beide mit Butter, klemmte mir eine Wasserflasche unters Kinn und brachte alles zurück in mein Zimmer. Als ich wieder ans Bett kam saß Jack darin und schaute mich musternd an.
,,Bist du wach?", fragte ich und blieb an der Stelle stehen. Jack nickte.
,,Gott sei Dank", ich fiel ihm um die Schultern, aber er rührte sich nicht. Ich löste mich wieder. Jetzt wo er ansprechbar war, hatte er mir so einiges zu erklären.
,,Brauchst du was gegen Kopfschmerzen, ein Freund von mir hat mir Tabletten gegeben und gesagt ich soll sie dir geben, wenn du wach bist", ich streckte ihm die Packung entgegen und er nahm sie.
,,Du hast jemanden von mir erzählt?", er schaute mich panisch an.
,,Du wärst sonst nicht mehr am Leben und er wird dicht halten", er nickte und schluckte die Tablette mit einem Schluck aus der Flasche. Auch ich schluckte. Länger könnte ich die Frage nicht mehr zurück halten.
,,Warum darf ich niemandem von dir erzählen?", er setzte sich etwas weiter hoch. 
,,Ich wollte nicht, dass das Schlagzeilen macht", das war sein Grund? Ich hätte gerne gelacht, stattdessen schaute ich ihn nur entgeistert an.
,,Momentan denkt die ganze Welt du wärst tot. Ich denke da würde es keinen interessieren ob du voll gepumpt mit Drogen bist", Jack lies den Blick von mir ab und strich über die Bettdecke. Das vor mir war nicht mein Jack. Er sah aus wie Jack, sprach wie er, lebte in dem selben Körper, aber es war nicht er. Er hatte das Jungenhafte verloren, dass ich so an ihm gemocht hatte, er wirkte gebrochen.
,,Ich wollte das nicht", ich lachte sarkastisch auf.
,,Was wolltest du nicht? Dass die halbe Welt um dich trauert? Menschen zerstört werden wegen dir?", erst jetzt merkte ich die Wut, die ich auf ihn hatte und die bisher durch die Sorge um ihn verdrängt worden war.
,,Man, denkst du ich habe mir das hier ausgesucht?!" dieses Mal war er es der lauter wurde. Ich schwieg.
,,Ich werde es dir irgendwann erklären... Aber jetzt noch nicht. Ich will nur, dass du weißt, dass ich auf nichts davon stolz bin. Ich wollte mit Sicherheit kein verdammter Drogenchunkie werden", er schaute wieder zu mir. Ich nickte langsam.
,,Kann ich deiner Familie von dir erzählen? Den Jungs?", er legte seinen Kopf schief und etwas in seinem Ausdruck änderte sich.
,,Noch nicht"

Eine Weile hatte keiner von uns mehr etwas gesagt und jeder schweigend sein Brot gegessen, bis ich nicht weiter nichts sagen konnte.
,,Warum bist du bei mir? Und vor allem wie hast du mich gefunden", er zuckte mit seinen Schultern.
,,Irgendwie gab es für mich keine andere Lösung mehr. Ich habe von-", er stockte.
,,Von jemandem erfahren, dass du hier bist", ich seufzte er wollte einfach nicht mehr Preis geben.
,,Und warum bist du auf kaltem Entzug?", Jack rieb sich mit seiner Hand über sein Auge.
,,Zugegeben war das unbeabsichtigt", ich schaute ihn ernst an.
,,Du hast aber nichts mehr, oder?", Jack schüttelte den Kopf.
,,Solltest du wieder anfangen solange du hier bei mir bist, werde ich dich rausschmeißen", versuchte ich so trocken wie möglich über meine Lippen zu bringen, wusste aber, dass das eine leere Drohung war. Er nickte bedrückt.
,,Habe es nicht vor", flüsterte er.
,,Kann ich vielleicht duschen gehen und etwas neues zum anziehen haben? Macht sich nicht so gut in voll geschwitzten Sachen", er lachte leise und ich zeigte ihm das Bad, noch konnte ich darüber nicht lachen.
Ich rief Lewis an, der auch zuhause war, da er bereits mit der Schule fertig war und erzählte ihm, dass Jack wach war und fragte ihn nach einigen Klamotten für Jack. Wenig später stand er dann auch für der Tür und ich lies ihn rein.

,,Wo ist er?", fragte Lewis nachdem er in mein Zimmer ging.
,,Noch duschen", ich nickte zu der anderen Tür die aus meinem Zimmer führte.
,,Geht es dir gut?", er schaute mich abscannend an.
,,Ja, ist nur viel schätz' ich"
,,Kann ich mir vorstellen. Hat er dir etwas erzählt?", ich schüttelte den Kopf.
,,Kaum", in dem Moment schwang die Tür in das angrenzende Bad auf und Jack kam mit einem Handtuch um seine Hüfte gewickelt ins Zimmer. Seine Rippen traten deutlich hervor und alles an Muskeln was jemals dort gewesen war, war nun verschwunden. An seiner Ellenbeuge waren deutliche Einstichpunkte zu sehen und mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.
Lewis ging sofort zu Jack und reichte ihm seine Hand.
,,Lewis, ich bin Allys... Nachbar", Lewis lächelte freundlich, Jack erwiderte den Handschlag überfordert.
,,Jack", gab er kurz von sich, hatte aber auch keine Zeit sich weiter vorzustellen denn Lewis drückte ihm sofort eine Tasche in die Hand.
,,Dort sind Anziehsachen drinnen", erklärte er kurz und Jack verschwand wieder im Badezimmer.
,,Ally, können wir kurz reden?", Lewis packte mich am Arm und zog mich aus dem Zimmer raus.

,,Das ist Jack Avery von Why don't we, der eigentlich für Tod erklärt wurde oder habe ich da etwas verpasst?", er flüsterte als könnte uns jemand belauschen, ich seufzte.
,,Ja, das ist er. Glaub mir, ich war genauso überrascht wie du", Lewis machte einen Schritt zurück und fuhr sich durch seine Haarmähne.
,,Also sagst du mir gerade wir verstecken hier gerade einen Tod geglaubten Weltstar?", ich lachte.
,,Das fasst es ganz gut zusammen", Lewis lachte trocken auf.
,,Und woher kennst du ihn? Oder die bessere Frage: Warum steht er jetzt gerade in deinem Bad und zieht sich meine Klamotten über?"
,,Ich kenne die ganze Band. Jack war so etwas wie mein bester Freund in Amerika. Oder auch mehr", den letzten Satz flüsterte ich.
,,Hat er etwas angestellt? Ich will bald Medizin studieren und da kommt mir eine mithilfe an einem Verbrechen recht ungelegen"
,,Er hat gesagt es war nichts und ich glaube ihm", Lewis strich sich die Nase entlang und nickte dann.
,,Na gut, dann glaube ich ihm auch. Aber sollte sich da irgendwas rausstellen bin ich raus und da kannst dann auch du nichts mehr daran ändern, verstanden?"
,,Verstanden", Lewis lachte auf und versank seine Hände in seiner Hosentasche.
,,Das hatte ich nicht gemeint als ich dich nach deinen Geheimnissen gefragt habe", nun musste auch ich grinsen. Auch ich nicht.

Jack saß wieder auf dem Bett. Dass weiße Oberteil von Lewis wie einen Sack an ihm hängend und die graue Jogginghose so eng gezogen wie möglich, damit sie ihm nicht wieder von dere Hüfte rutschte. Lewis stand vor ihm und untersuchte ihn von oben bis unten.
,,Einen Krampfanfall hattest du nicht mehr?", Jack runzelte seine Stirn und schaute zu mir. Vermutlich wusste er nichts mehr davon.
,,Nein. Ich glaube Halluzinationen ein Mal in der Nacht", Lewis notierte sich etwas und ich musste schmunzeln, er sah tatsächlich aus wie ein richtiger Arzt.
,,Hast du noch irgendwelche Beschwerden?"
,,Kopfschmerzen und mir ist schlecht", Lewis nickte zufrieden.
,,Alles klar, wir sind auf einem guten Weg. Sehr gut sogar. Deine jetzigen Beschwerden sind normal und werden vielleicht noch eine ganze Weile anhalten, es kann auch sein, dass du dich übergibst, aber auch das ist normal", Lewis stand von dem Bett auf und packte alles an Medizinischem Zeug, das er woher auch immer hatte, zusammen und wand sich dann nochmal an Jack.
,,Wie lange warst du abhängig?", ich lies mein Handy sinken, auf dem ich gerade herum tippte und schaute zu Jack. Das wollte ich auch wissen.
,,Ein halbes Jahr? Vielleicht auch länger. Weiß nicht", nuschelte er und schaute zu Boden. Also schon vor der Tour. Da war es mir aber nicht aufgefallen. Er schien so normal gewesen zu sein.
,,Ich muss wieder los, ich komme später nochmal vorbei. Er muss einfach normal essen, trinken und weder Alkohol noch sonstige Drogen einnehmen, aber das muss ich dir ja nicht sagen", sagte Lewis, nun an mich gewand. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und ging aus dem Raum.

Whatever you do - Why don't we FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt