Der Dachboden

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"... Niklas das ist bescheuert. Warte doch einfach ab" versuchte Jonas sein besten Freund zu beschwichtigen, doch dieser war wild entschlossen. 
"Wenn die Polizei nichts macht dann müssen wir selber etwas unternehmen" antwortete er überzeugt. 
"Du kannst nicht bei diesem Typen ins Haus einbrechen!" versuchte Jonas zu erklären. 
"Doch kann ich. Ich weiß das er es war. Paul ist bestimmt in dieser Drecksbude und ich werde nicht länger rumsitzen Jonas. Entweder kommst du mit oder nicht" sagte Niklas und schaute seinem besten Freund ins Gesicht. 
"Das ist doch Wahnsinn Niklas!" antworte Jonas und schaute auf den Boden. 
"Dann mache ich das ohne dich" sagte der andere und drehte sich von ihm weg. 
"Warte... Ich lasse dich das nicht alleine machen" sagte Jonas dann und legte seine Hand auf Niklas seine Schulter. 
"Warum auf einmal?" fragte Niklas verwundert. 
"Das ist die größte Scheiß Idee, aber ich will dich nicht alleine lassen Niklas" sagte Jonas und lächelte ihn an. Niklas erwiderte das lächeln und beide Jungen machten sich auf den Weg zum Haus des angeblichen Entführers... 

Ein paar Minuten später standen sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite und schauten zum Haus hinüber. Die Lichter waren aus und es wirkte verlassen. 
"Jetzt oder Nie" sagte Niklas dann und machte sich auf den Weg nach drüben. 
"Du bleibst draußen und sagst bescheid wenn der Typ zurück kommt"

Jonas war sich unsicher. Am liebsten würde er einfach weglaufen, aber dafür ist es jetzt wohl zu spät. Also tat er wie ihm gesagt. Er blieb auf der anderen Straßenseite stehen und zog sich die Kapuze über den Kopf. 

Niklas hingegen stand schon vor der kaputt wirkenden Tür. Sogar an Handschuhe hat er gedacht. In seinem Herz brannte das Verlagen danach endlich Paul zu finden. Er war mehr als nur überzeugt davon das hinter dieser zerfallenen Tür die Antwort auf alle seine Fragen liegt. 
Natürlich war die Tür  abgeschlossen, also schaute sich Niklas den Rest des alten Hauses an. Es dauerte nicht lange da enteckte er ein offenes Fenster. 

Nebeneinander waren zwei Fenster, eines von beiden war angeklappt. Das war seine Chance. Also griff er durch die Öffnung, welche gerade groß genug war das seine Hand hindurch passte, und öffnete das andere Fenster. Wenige Sekunden später war er in dem alten Haus. 

Es roch nach Zigaretten und ranziger Kleidung. Direkt wurde Niklas unwohl. Im gesamten Haus brannte kein Licht, aber dennoch konnte er die Silhouetten der Möbel erkennen. Direkt bemerkte er, dass das kleine Haus keine einzige Tür hatte. Es war komplett offen. Die Küche, in welcher er stand, war dreckig und auf dem Tisch standen leere Bierflaschen und ein komplett voller Aschenbecher. Als er auf den Flur kam bemerkte er wie leer die Wände waren. Keine Fotos, keine Bilder... Nichts. 

Das Wohnzimmer war ebenfalls verdreckt und roch muffig. Es bestand nur aus einem Sofa und einem kleinen Röhrenfernseher. Das angrenzende Schlafzimmer war der seltsamste Raum. Als Niklas ihn betrat lief ihm ein Schauer den Rücken hinunter. Auf dem Fußboden lagen überall Zeitungsausschnitte über Pauls verschwinden. 

"Junge verschwindet spurlos"
"Gibt es noch Hoffnungen für Paul?"
"Wochenlang gesucht und immer noch kein Zeichen"
"Anstrengungen auf vollem Alarm"
"Wer ist der Entführer von Paul?"

Überall lagen sie auf dem Boden. Auf dem Bett lag ein Ordner, welche geöffnet war. In ihm waren in Folien geheftete Artikel über Kai. 

"Junge vermisst. Bitten um Mithilfe"
"Kai Winter nach wie vor verschwunden"
"Flucht oder Entführung? So Lebte Kai Winter wirklich"
"Fall offiziell eingestellt. Was wir gefunden haben"

Niklas wurde direkt unwohl. Offenbar schien der Vater sich doch für das Verschwinden seines Sohns zu interessieren. Aber wieso suchte er dann nie nach ihm? Vielleicht wurde Paul von der selben Person entführt wie damals Kai?  Was wenn der Vater selbst nach dem Mörder sucht? 

Als Niklas auf den Flur zurück kam bemerkte er eine Treppe, welche nach oben führte. 
Dort war lediglich ein Bad und ein anderes Zimmer...
Das Badezimmer, welches nur aus Badewanne und Toilette bestand, war dreckig und der Spiegel neben der Toilette war zerschlagen. 

Das andere Zimmer war komplett leer. Die Fenster waren mit Decken überhangen. Oben an der Decke des Zimmers bemerkte er eine kleine Falltür, welche sich mit einem Haken öffnen ließ. Dieser lag günstiger weise mitten im leeren Zimmer. Auf dem Dachboden sah Niklas dann etwas, was sein Leben und seine Sicht auf den Fall für immer verändern sollte... 

Der Raum war sehr klein und hatte keine Fenster. Es war komplett dunkel, weswegen Niklas die Taschenlampe seines Handys nutzte. Als das Licht in den Raum schien atmete er schockiert ein. 
Die Wände des Raumes waren beschrieben mit Nachrichten, voller Kratzer und auf dem Boden lagen überall Zettel. In der Mitte des Raumes lag eine alte kaputte Matratze... Sonst nichts. 

"Womit hab ich das verdient?"
"Es tut mir leid!!!" 
"Hilfe! Helft mir!" 
"Wieso braucht mich niemand?"
"Ich hasse mich!" 

Alles Nachrichten, welche an den Wänden des Raumes in schwarz geschrieben standen. War das das Zimmer von... Kai? 

Niklas fühlte eine Mischung von Trauer und Abneigung. Aber er war geschockt... Hat hier jemand gelebt? Im dunkeln ganz alleine? Auf der kaputten Matratze sah er dann ein Bild... Ein Foto... 

Er hob es auf und sah zwei glückliche Jungen, welche vor einer kleinen Hütte im Wald standen...

Doch ehe Niklas auch nur genauer drüber nachdenken konnte vibrierte sein Handy... Jonas Signal... Herr Winter kommt...

Der HinterbliebeneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt