Kapitel 1 - neuer Anfang

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Ein mulmiges Bauchgefühl.

Das ist was ich heute zum Frühstück bekomme.

Ein mulmiges Bauchgefühl und Kaffee.

Denn ohne Kaffee funktioniert mal gar nichts.

Die Sonne scheint durchs Küchenfenster und ich setze mich in den warmen Strahl und mache kurz meine Augen zu.

Ein paar Flashback verirren sich wieder mal in meinen Gedanken, kurz sehe ich sein Gesicht und höre, wie ich über seinen Akzent lache. Ich höre seine tiefe Stimme. Doch mit ein bisschen Kopfschütteln und Gedanken umordnen werde ich es wieder los.

6 Monate ist es her, 6 Monate seit ich Jake Andrews auf dem Spielplatz getroffen habe und er die Worte ausgesprochen hat, die noch immer tief in meinem Gehirn eingewachsen sind.

"Ich will nicht mehr mit dir zusammen sein, Junia."

Und glaubt mir, leicht ist etwas anderes. Über jemanden hinweg zu kommen ist das schwierigste, was ich je gemacht habe und es hat noch immer nicht wirklich geklappt.

Doch die neue Stadt, das neue Studium, neue Herausforderungen. Neue Freunde, neue Wohnung, einfach alles was neu ist und mich ablenkt.

Das alles soll mir endlich helfen, mich wieder halbwegs frei zu fühlen. Es gibt nämlich wirklich noch mehr zum Leben. Und ich meine diesmal nicht nur Pizza, Netflix und Kaffee.

Denn ich, Junia Bennet, bin jetzt schon 20 Jahre alt. Nach einem Jahr Pause fange ich endlich an mein Traumstudium in Angriff zu nehmen. Ich bin erwachsen, selbstständig, unabhängig.

Naja.

Am besten Weg dorthin zumindest.

Und heute? An diesem schönen sonnigen Tag, an dem ich in meiner neuen Wohnung meinen Kaffee schlürfe und ein bisschen besser atmen kann als die vergangenen Monate.

Heute habe ich meinen ersten Tag auf der Medizinischen Universität.

Und das mulmige Bauchgefühl ist endlich mal bedingt durch etwas anderes als muskulöser Masse mit Akzent. Denn heute beginne ich diesen neuen Anfang, von dem alle sprechen.

Und diesmal ohne Briten.

Oder generell für eine Weile ohne männliche Verwirrung.

Denn jetzt geht es mal um mich.

-

Eine Stunde später sitze ich in einem Raum mit 500 anderen Studentinnen und Studenten. Ein gutes 50/50 Geschlechterverhältnis. So ist schonmal gut.

Rechts von mir sitzt ein Mädchen, ungefähr so alt wie ich. Sie hat blonde Haare und eine braune Brille, dahinter einen sehr konzentrierten Blick. Als ich sie angelächelt habe, hat sie sich sofort wieder nach vorne gedreht.

Da wird wohl jemand Pathologin.

Links hat sich noch niemand hingesetzt. Langsam habe ich schon Sorgen, ob irgendwas mit mir nicht stimmt. Komischer Geruch? Irgendein Schmutz in den Haaren?

Der Hörsaal ist riesig und schaut genauso aus wie ich ihn mir vorgestellt habe. Riesengroße Fenster, die jedoch mit Platten bedeckt sind. Die Decken sind weiß, mit schnörkeligen Mustern versehen. Der Vorlesende steht vor der weißen Leinwand und reden in sein Mikrofon.

Lehrplan des Semesters, Regeln der Universität. Alles was eine Ärztin oder ein Arzt wissen sollte.

Aufmerksame Ohren lauschen seinem monotonen Gerede. Immer wieder gibt es flüsternde Gespräche. In der Pause finden sich kleine Gruppen zusammen.

Die Neue Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt