In einer gigantisch schnellen Reaktion schoss Lunas Zauberstab nach vorne und berührte zwei gleiche Karten. Resigniert setzte Dan einen weiteren Strich auf seine Liste hinter ihren Namen.
"Wie kannst du so schnell sein?", empörte sich Leo. "Ich habe die Karten noch nicht einmal gesehen und du hast schon deinen Zauberstab drauf!"
"Tja!" Luna grinste, nicht ohne Stolz. "Ich bin halt schnell."
Leo sammelte die Zauberschnippschnapp-Spielkarten auf und Dan legte die Liste in die Mitte, auf der recht offensichtlich war, dass Luna das Spiel gewonnen hatte, wieder einmal.
"Wir könnten stattdessen Schach spielen.", schlug er vor.
"Man kann Schach aber nicht zu dritt spielen, Dummie.", erinnerte ihn Luna.
"Dann spielen wir halt ohne dich.", schlug Leo vor. "Du kannst es ja eh nicht."
Luna streckte ihm die Zunge heraus.
"Wir können auch dieses Muggelspiel spielen.", schlug Dan vor. "Das mit den Buchstaben, was du letztens mitgebracht hast."
"Scrabble?", fragte Leo stirnrunzelnd.
"Au ja, das war lustig.", stimmte Luna zu. Leo zuckte mit den Schultern.
"Ich hab das unten im Schlafsaal, aber ich kann es holen, wenn ihr wollt.", meinte er. Die anderen beiden nickten, also stand Leo auf. "Ihr könnt auch mitkommen.", schlug er vor. Kurz sahen sich die Gryffindor und der Hufflepuff zögernd an, dann sprangen sie auf.
Gemeinsam verließen die drei Zwölfjährigen die Bibliothek, wo sie sich bisher aufgehalten hatten und machten sich auf den Weg nach unten. Sie waren meistens hier oder in der großen Halle, einfach, weil es neutrales Terrain war.
Natürlich war es nicht verboten, fremde Gemeinschaftsräume zu betreten und sie waren auch schon das ein oder andere Mal bei den Hufflepuffs gewesen, die generell am wenigsten gegen Besucher hatten. Und Leo wusste auch, dass Dan schon ein paarmal mit bei Luna gewesen war. Aber sie hatten sich noch nie getraut, Luna mit zu den Slytherins oder Leo mit zu den Gryffindors zu nehmen.
Was sie jedoch regelmäßig taten, war vor dem Gemeinschaftsraum auf die anderen zu warten und deshalb kannten Luna und Dan den Weg in die Kerker auch schon recht gut. Vor der Steinwand warteten sie, während Leo den Gemeinschaftsraum betrat.
Er war recht leer, nur einige Schüler der älteren Klassen lernten an den dafür bereitstehenden Tischen. Auf einen Sessel nahe dem Kamin hatten sich Schulsprecher Albus Potter und sein Freund Scorpius Zabini gequetscht, die leise lachten und über irgendetwas flüsterten. Leo seufzte und beeilte sich, zu den Korridoren zu gelangen, die zu den Schlafsälen führten. Es war ihm einfach unangenehm, Pärchen zu beobachten, wenn sie zu zweit waren, selbst wenn es in der Öffentlichkeit war und sie offenbar kein Problem damit hatten, gesehen zu werden.
Aber dieses Problem hatten Albus und Scorpius so oder so nie gehabt. Schon als Leo letztes Jahr nach Hogwarts gekommen war, hatten alle davon gewusst, dass der Slytherin-Vertrauensschüler einen Freund hatte - und es hatte interessanterweise auch niemanden wirklich interessiert. Sie waren beide Slytherins, das war sehr viel wesentlicher. Leo verdrehte die Augen, als er daran dachte, wie sehr die Schülerschaft doch noch auf die Trennung der Häuser fixiert war. Wie oft er und seine Freunde sich schon dumme Sprüche hatten anhören müssen, weil sie aus unterschiedlichen Häusern kamen.
Leo erreichte seinen Gemeinschaftsraum, wo zwei seiner Mitbewohner, John und Calby, auf einem der Betten saßen und sich unterhielten. Sie grüßten einander und Leo machte sich sofort daran, das Spiel zu suchen. John und Calby führten ungerührt ihr Gespräch weiter und jetzt fiel Leo auch auf, dass zwischen ihnen eine Quidditch-Zeitung lag.
"Ich finde einfach, dass Spinnet sich besser als Jäger macht, als Flint, auch wenn sie eine Gryffindor war.", meinte Calby gerade.
"Dagegen sage ich ja auch gar nichts.", wandte John ein. "Aber du musst zugeben, dass Slytherins grundsätzlich besser sind. Klar gibt es da Ausnahmen, aber ganz allgemein gesprochen sind wir besser."
"Ich denke nicht, dass das Haus so einen großen Einfluss auf uns hat.", erklärte Calby. "Hey, Leo, was meinst du, du hängst doch viel mit anderen Leuten rum."
Leo drehte sich zu ihnen herum, überrascht, angesprochen worden zu sein.
"Ich finde, dass Häuser total überbewertet werden.", erklärte er ehrlich. "Ich meine, Häuser waren doch die planloseste Idee überhaupt."
"Hä, aber es ist doch prima so.", sagte John abweisend. "Die Ravenclaw-Nerds haben um sich herum nur andere Nerds und nerven sich nicht gegenseitig. Und bei den anderen Häusern ist das doch genauso."
"Ja klar, es ist bestimmt eine klasse Idee, alle Idioten aus Gryffindor zusammenzustecken, ohne jemanden, der sie darauf hinweist, wann man vielleicht aufhört, unsinnige Risiken einzugehen. Madam P. aus dem Krankenflügel sagt, die Hälfte ihrer Patienten sind aus Gryffindor und die sind alle da, weil sie irgendeinen Unsinn gemacht haben, um anderen was zu beweisen."
"Dude, chill mal.", beruhigte John ihn und hob abwehrend die Hände. "Es will dich und deine Freunde ja niemand angreifen. Aber die Gründer haben sich da sicher schon was bei gedacht."
"Ich meine ja nur, vielleicht ergänzen wir uns besser gegenseitig, wenn Leute miteinander zu tun haben, die unterschiedliche Stärken und Schwächen haben.", verteidigte sich Leo und jetzt hatte er endlich das Scrabble-Spiel gefunden und umklammerte es fest, um seine Unsicherheit zu verbergen.
"Und ich mein ja nur, dass wir besser mit Leuten klar kommen, die so ticken wie man selbst.", erklärte John. "Bleib unter Deinesgleichen und so."
"Also ich finde, ihr habt beide Recht.", mischte sich jetzt Calby wieder ein. "Aber im Endeffekt kann sich ja jeder aussuchen, mit wem er befreundet ist, nicht wahr?"
Klar, ergänzte Leo in Gedanken. Aber manchen wird es leichter gemacht, als anderen. Statt das zu sagen, nickte er jedoch nur und beeilte sich dann, mit dem Spiel den Schlafsaal zu verlassen.
"Ich meine, seinen Versuch, was zu verändern in aller Ehren.", hörte er John noch sagen. "Aber am Ende wird doch eh alles bleiben, wie es ist."
Entschlossen machte Leo sich auf dem Weg nach draußen, vorbei an Albus und Scorpius, die mittlerweile beim Knutschen angekommen waren. Leo verzog das Gesicht. Konnten die älteren Schüler das nicht wo anders machen?
Erleichtert trat er hinaus auf den Gang, wo Luna und Dan auf ihn warteten.
"Und?", fragte Luna. "Hast du es?"
"Ja.", grummelte Leo. "Ich hoffe, ihr wisst es zu schätzen, dass ich für euch unseren Schulsprecher beim Rumknutschen sehen musste."
Die anderen beiden verzogen ebenfalls das Gesicht. Auch sie konnten das nicht nachvollziehen. Beziehungen, Küssen, das alles war eine Welt, von der sie noch weit entfernt waren!
"Achso.", fiel Leo ein, als sie wieder die Eingangshalle erreichten. "Wir müssen uns irgendwas einfallen lassen, um endlich mit dieser Häusersache aufzuräumen. Das ist ja unerträglich!"
So, bevor ich jetzt von euch belagert werde: Ja, ich weiß, es ist unlogisch, dass Scorpius in dieser FF existiert. ABER da ich großer Albus/Scorpius Shipper bin, habe ich beschlossen, es ist mir egal :).
Sonst hoffe ich, dass ihr wieder etwas kommentierfreudiger werdet. Was denkt ihr, welchen Plan könnten die drei aushecken, um "mit dieser Häusersache aufzuräumen"?
Überhaupt - wie seht ihr das mit den Häusern? Gute Idee oder eher kritisch?
Ich freue mich sehr auf eure Meinung und freue mich fast noch mehr auf übermorgen, dann begegnen wir nämlich Rain und Natasha wieder und ich habe das Kapitel mit sehr viel Begeisterung geschrieben!
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Rain III - Snapshots
FanfictionSchnappschüsse aus dem Jahr 2023 des Rain-Universums: Leo Granger ist in Hogwarts und arbeitet mit seinen Freunden an der ultimativen Lösung, um Häuserdifferenzen ein für allemal zu beseitigen. Blöd nur, dass niemand auf ein paar Zweitklässler hö...