Es war Samstag, der 9. März und das bedeutete, dass Luna und Dan heute beide dreizehn Jahre alt waren. Rückblickend war die Entdeckung, dass sie am gleichen Tag geboren worden waren vermutlich einer der größten Schritte zu ihrer Freundschaft gewesen. Luna nannte es gerne eine "Verbindung, die so junge Menschen, wie du gar nicht nachvollziehen können, Leo" und dass sie ganze sechzehn Tage älter waren als er, war für das gesamte erste Schuljahr Lunas größtes Ass im Ärmel gewesen, wenn es darum ging, sich über Leo lustig zu machen. Dann, nach den Sommerferien, hatte sie festgestellt, dass sie größer war, als die beiden Jungs, was sich natürlich noch viel besser dafür eignete.
Wie auch immer, es war auf jeden Fall Lunas und Dans Geburtstag und es war Samstag und da es der dreizehnte Geburtstag der beiden war, war Luna der Meinung gewesen, dass sie auch ebenso viele Schulregeln brechen mussten (eigentlich ja sogar 24, hatte sie argumentiert, weil sie ja beide dreizehn wurden - Luna war vor Hogwarts nicht die beste in ihrer Matheklasse gewesen).
Also hatten sie lange darüber nachgedacht, welche Schulregeln sie brechen wollten. Ein Ausflug in den Verbotenen Wald war ihnen zu gruselig, ein Duell zu gefährlich und die Regel, dass man keine fremden Gemeinschaftsräume betreten durfte, hatte sich ja schon lange erledigt. Keiner von ihnen las besonders gern, von daher war auch die verbotene Abteilung der Bibliothek kein besonders reizvolles Ziel und keiner von ihnen war in der Lage einen gefährlichen Zaubertrank zu brauen.
Na gut, sie würden es nicht schaffen, dreizehn Regeln auf einmal zu brechen, aber sie hatten sich auf vier geeinigt und das erschien ihnen schon eine ganze Menge, zumindest dafür, dass sie sich in der Regel an die Schulordnung hielten ("Ich meine, es gibt die Regeln aus guten Gründen. Und man kann auch so viel Spaß haben.").
Es war auf jeden Fall nach Beginn der Nachtruhe und drei Zweitklässler schlichen durch die Korridore. Eigentlich nur zwei, denn Dan stand bereits frierend am Treffpunkt - einer kleinen Besenkammer in der Nähe der Küchen. Zugegeben, er hatte auch den kürzesten Weg. Aber Tilly, ihre liebste Hauselfe, hatte ihnen letztens verraten, dass sie schon lange nicht mehr als Abstellraum genutzt wurde und das machte es natürlich zum idealen Ort für eine Übernachtung.
Den ganzen letzten Tag hatten sie unauffällig Decken und Snacks in den kleinen Raum gebracht und jetzt kamen endlich auch Luna und Leo an und sie atmeten erleichtert auf, als sie die Tür (magisch) hinter sich verschlossen ohne erwischt worden zu sein.
"Hi!", sagte Luna begeistert und grinste, als sie die Lampe anknipste, die sie mitgebracht hatte. Der kleine Raum füllte sich mit schummrigem Licht und für einige Momente genossen alle drei die Atmosphäre und die Tatsache, dass sie bereits zwei Regeln gebrochen hatten (nämlich Kein Herumwandern In Den Gängen Während Der Nachtruhe und Keine Magie Auf Den Korridoren).
"Alles Gute zum Geburtstag!", sagte Leo dann breit grinsend und holte zwei kleine Päckchen und ein in Serviette gewickeltes Etwas hervor. "Ich habe Kuchen und Geschenke mitgebracht!"
"Oh, Kuchen!", freute sich Luna und Dan nahm das Bündel und wickelte es auf. Es enthielt drei Stücken Zitronenkuchen vom Mittagessen, aber das war egal, denn in diesem Moment war es der beste Geburtstagskuchen der Welt.
Dann öffneten die beiden Teenager, die sich jetzt tatsächlich so nennen durften, ihre Geschenke. Leo hatte für Luna einen Origamischmetterling gefaltet. Sie liebte Schmetterlinge über alles (was sie sehr deutlich mit Schmetterlingsohrringen und Schmetterlings-T-Shirts und Schmetterlingsspangen und Schmetterlingsbroschen an ihrer Schultasche zeigte) und sie liebte das, was Leos Mutter gern "Staubfänger" nannte - Dekogegenstände.
"Ich habe ihn selbst gefaltet.", erklärte Leo, nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme, denn das hatte ihn mehr Zeit gekostet, als er jemals zugeben würde.
"Das sehe ich." Luna grinste und betrachtete ihn von allen Seiten. Leo biss sich auf die Lippe, denn er hatte ein bisschen Angst, dass sie ihn nicht mochte (wie sich herausstellte, hatte er seine Origamikünste massiv überschätzt). Statt jedoch einen ihrer sarkastischen Kommentare zu machen, breitete sich auf Lunas Gesicht ein strahlendes Lächeln aus. "Ich liebe ihn, er ist klasse!", erklärte sie begeistert und drückte Leo sogar einen Kuss auf die Wange. Er lief ein bisschen rot an, aber hauptsächlich freute er sich einfach darüber, dass er ihr eine Freude gemacht hatte.
Jetzt packte auch Dan sein kleines Päckchen aus und für ihn hatte Leo noch an Weihnachten in London ein neues Zauberschnippschnapp-Spiel gekauft, weil sein Kartensatz, mit dem sie immer spielten, inzwischen doch arg abgegriffen war.
"Hey, coole Idee.", meinte er grinsend. "Ich hab die ganze Zeit schon gedacht, dass ich mir mal ein neues holen sollte." Und er schlug sogleich vor, es auszuprobieren.
"Au ja!" Luna klatschte fröhlich in die Hände und Dan begann schon, die Karten auszuteilen. Leo jedoch hob die Hände.
"Wartet!", sagte er feierlich. "Habt ihr nicht etwas vergessen?" Und er griff in die kleine Umhängetasche, die er mitgebracht hatte und holte eine kleine Flasche Butterbier hervor. "Ein bisschen Bestechung hat noch jeden meiner Cousins weich werden lassen.", prahlte er.
"Ha!", spottete Dan. "Wie viele musstest du fragen, bis dir einer eine Flasche in die Schule geschmuggelt hat?"
"Vier.", gab Leo zu. "Aber jetzt weiß ich, mit wie viel ich bei jedem von ihnen anfangen muss. Und wie sich herausstellt, ist das bei Roxanne Weasley eine Galleone und das Versprechen, dass sie mir in den Osterferien jeden Tag die Nägel lackieren und mich einmal schminken darf." Er öffnete die Flasche Butterbier.
"Auf die dritte gebrochene Regel!", meinte Luna, als sie als erste einen Schluck nahm und sie dann an Dan weiterreichte. "Und Leo...wir wollen Fotos!"
Eine Weile spielten sie Zauberschnippschnapp und tranken das Butterbier - im Endeffekt hatte ein halber Liter verteilt auf drei Schüler keine Wirkung in irgendeiner Form auf sie, was ein bisschen enttäuschend, aber am Ende nicht ganz so schlimm war.
Schließlich sah Dan auf seine Armbanduhr.
"Es ist fast Mitternacht.", erklärte er und alle drei sahen sich aufgeregt an, bevor sie aufstanden und vorsichtig die Tür zum Korridor öffneten. Er war leer, ebenso, wie die anderen Gänge, die sie auf dem kurzen Weg zum Schulhof durchqueren mussten und so erreichten sie das Ufer des Sees ungesehen, wo sich der spektakuläre vierte Regelbruch und Höhepunkt der Geburtstagsaktion vollziehen würde.
"Ok, wer zuerst?", wisperte Luna, als sie in gebührendem Abstand von der Peitschenden Weide inne hielten. Keiner sagte ein Wort.
"Du bist die Älteste.", flüsterte Dan. "Und die Größte. Du gehst zuerst."
Luna sah ihn empört an.
"Ich bin ein Mädchen! Man schickt keine Mädchen nach vorne, das gehört sich nicht so.", protestierte sie. Leo verdrehte die Augen.
"Du jammerst schon immer über Sexismus, wenn wir dir die Tür aufhalten, also versuch gar nicht erst, so aus der Nummer raus zu kommen.", meinte er.
"Ich habe gehört, dass letztes Jahr ein Viertklässler ein Auge verloren hat, als er die Weide anfassen wollte.", berichtete Dan und schauderte.
Einen Moment wurde es still zwischen ihnen. Dann sagte Luna:
"Ich finde, wir haben die Regel schon weit genug gebrochen, dass wir hier draußen sind." Sie sah die beiden Jungs an. "Außerdem sind wir ganz schön nah an dem blöden Baum dran."
"Du hast recht." Leo nickte eilig und auch Dan stimmte zu. "Wir haben die Regel fast gebrochen. Das muss reichen."
Also schlichen sie sich wieder zurück in die Besenkammer, breiteten Decken aus und kuschelten sich aneinander. Bevor sie einschliefen, dachte jeder für sich, dass es alles in allem doch eine ziemlich gute Geburtstagsfeier gewesen war.
Ein kleines bisschen Hogwarts-Fluff als kleine Atempause in der ganzen Natasha-Rain-Hochzeits-Baby-Geschichte, mit der wir übermorgen weitermachen.
Wie findet ihr die drei eigentlich?
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Rain III - Snapshots
FanfictionSchnappschüsse aus dem Jahr 2023 des Rain-Universums: Leo Granger ist in Hogwarts und arbeitet mit seinen Freunden an der ultimativen Lösung, um Häuserdifferenzen ein für allemal zu beseitigen. Blöd nur, dass niemand auf ein paar Zweitklässler hö...