Es war einmal ...

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Inmitten eines Stroms aus Schülern bewegt sich Leano auf den Ausgang des Schulgebäudes zu. Zuschlagende Spindtüren und lautes Gelächter erfüllt die stickige Luft mit belebenden Geräuschen. Manche mögen Massen als einengend und bedrängend empfinden, doch Leano durchquert sie geschmeidig wie ein Fisch das Wasser. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Abgesehen von dem strengen Geruch ist es eine Wohltat unter Leuten zu sein.

Mit dem Rest der Schüler verlässt Leano das Gebäude. Es ist ein grauer Plattenbau mit blauen Elementen - groß, breit und hässlich. Wie ein riesiger deplatzierter Karton steht er in der Innenstadt. Eine Ziegelsteinmauer umgibt die Schule und zwei große Tore - eines auf der linken und eines auf der rechten Seite vor der Schule - erlauben den Weg in die Freiheit. Immerhin ragen vereinzelt kleine Bäume aus dem gepflasterten Schulhof. An ihren Ästen sprießen Knospen und die grünen Tupfer sind ein Vorgeschmack der Schönheit des Frühlings. Tief atmet er die frische Luft ein und streckt sein Gesicht dem wärmenden Sonnenschein entgegen. Gemeinsam mit einigen anderen begibt er sich zur nahegelegenen Bushaltestelle.

"Bastard!" Er braucht sich nicht umzublicken, um zu wissen, wer ihn gerufen hat. Diese tiefe, knurrende Stimme ist ihm nur allzu gut bekannt.

Erst von links, dann von rechts wird er angerempelt als Silvan und sein Rudel an ihm vorbeigehen und sich dann vor ihm aufbauen. Obwohl sich Leano seiner misslichen Lage bewusst ist, lächelt er Silvan an. Ein ehrliches Lächeln. Schließlich weiß Silvan es nicht besser. Das hat er noch nie.

Das Rudel besteht aus neun Lykanthropen. Lykanthropen gehören zu den Therianthropen, die von den Menschen manchmal auch Gestalten- oder Formwandler genannt werden. Lykanthropen sind jene Wesen, die sich in Wölfe verwandeln können. Es gibt noch weitere Unterarten wie Arktanthropen, Bären; Ornianthropen, Vögel; Skylanrhropen, hundeartige Wesen neben den Lykanthropen, und weitere.

"Hallo, Silvan. Wie war dein Schultag?", fragt Leano höflich.

Dieser knurrt ihn an. "Mach dich nicht über mich lustig, Bastard."

"Das tue ich nicht", antwortet Leano schlicht.

"Wenn ich wollte, könnte ich dir jeden einzelnen Knochen zerbeißen. Wisch dir dieses dämliche Grinsen aus dem Gesicht. Halt dich von Zia fern. Sollten wir dich noch einmal dabei erwischen, wie du mit ihr redest, werden wir dir dein Leben zur Hölle machen."

Er seufzt und hört auf zu lächeln. "Ziara war die letzten drei Tage leider krank. Wir haben Mathe und Französisch zusammen und da ich anscheinend die besten Mitschriften mache, hat sie mich darum gebeten, sie ihr auszuleihen, um sie abschreiben zu können. Da werde ich wohl kaum nein und Tschüss sagen."

Silvan nährt sich ihm gefährlich langsam. Seine breite Statur und die schwarzen Haare in Kombination mit den dunklen Augen, die seinen Groll offen zur Schau stellen, lassen ihn von Natur aus unheilvoll wirken. Die anderen Leute an der Bushaltestelle, hauptsächlich Mitschüler, entfernen sich hastig von dem Szenario und wenden ihre Augen auffällig unauffällig von den Geschehnissen ab. Leano muss seinen Kopf in den Nacken legen, um den Augenkontakt aufrecht zu erhalten. Er ist klein für einen achtzehnjährigen Jungen.

"Ich mache keine Witze. Das sollte dir doch hoffentlich bewusst sein." Die Gewaltbereitschaft des Rudels kann Leano mit jeder Faser seines Körpers spüren. Aggressivität funkelt in den Augen der Lykanthropen. Lächerlich, denkt er amüsiert.

"Das ist es. Allerdings ändert das nichts an meinem Standpunkt, Sil-"

Silvans Faust trifft sein Gesicht unvorbereitet. Beinahe wäre er hingefallen, doch kann er sich beim Zurückstolpern auffangen. Er kann von Glück reden, dass Silvan nicht seine gesamte Kraft aufgewandt hat. Leano reibt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht übers Kinn und seufzt kaum hörbar auf. Wirklich lächerlich.

"Ich wiederhole mich nur noch einmal: Halte dich von Zia fern!" Mit dieser Aussage machen Silvan und sein Rudel kehrt und verschwinden die Straße hoch. Nochmal seufzt Leano.

Der Schlag eben ist nicht der erste den Leano von Silvan oder einem anderen des Rudels einstecken musste, jedoch kamen sie noch nie so plötzlich. Meist gründete die Schikane auf Leanos gemischter Abstammung, nicht auf persönlicher Abneigung. Bevor sie ihn in eine ruhige Ecke oder ein leeres Klassenzimmer zogen, deutete wochenlange Hänselei darauf hin. Das heute ist definitiv neu. Und gefallen tat die plötzliche Wendung Leano ganz und gar nicht.

Mit einem Lächeln steigt er in den Bus. Langsam verliert das Erlebnis an Bedeutung und er konzentriert sich auf den restlichen Tag.

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