part twelve

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Oder der Part, in dem ich Lance kennenlerne ...

patience - cory wells

*


Ich weiß nicht, wie lange meine Starre anhält. Wahrscheinlich sind es nur wenige Sekunden, trotzdem fühlen sie sich an wie ewige Stunden. Stunden in denen ich schnellstmöglich überlege, was ich zu Lance sagen soll.

Klar zu denken ist eindeutig nicht möglich bei der Menge an Alkohol, die ich bereits geschluckt habe. Deswegen mache ich auch das wahrscheinlich Dümmste, was ich hätte machen können. Ich tue so, als würde ich Lance nicht kennen. Denn ein Teil von mir wünscht sich, ich wäre ihm nie begegnet. Ein Teil von mir wünscht sich, endlich nicht mehr wütend und verletzt sein zu müssen. Mein Herz sehnt sich danach, den klaffenden Riss nicht mehr zu spüren.

"Hey, ich bin May", sage ich also und unterdrücke ein viel zu breites Grinsen. "Lance, du kommst mir irgendwie bekannt vor." Ich lege den Kopf schief und mustere ihn genauer. Er trägt ein schwarzes Shirt und seine dunkelbraunen Haare hängen ihm wirr in der Stirn. Meine Finger zucken bei dem Gedanken daran, ihm durch seine Haare zu wuscheln.

"Maya, wie viel hast du getrunken?", fragt mich Lance und seine Gesichtszüge nehmen an Härte zu. Um seine Frage wirklich zu verstehen, muss ich sie ein paar Mal im Geistlichen wiederholen. Wollte ich nicht eigentlich mit Mango tanzen gehen?

"Weißt du, Lance." Ich mache einen Schritt auf ihn zu und lege ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich darf so viel trinken wie ich möchte. Schließlich muss ich einen gewissen Typen irgendwie aus meinem Gehirn verbannen." Grinsend wende ich mich von ihm ab und blicke Mango abwartend an.

Dieser verschränkt lachend die Arme vor der Brust und sieht mich erstaunt an. "Für ein Mädchen, das sich betrinkt, um einen bescheuerten Kerl zu vergessen, machst du mir einen viel zu nüchternen Eindruck." Ich könnte ihm einen Knutscher auf die Wange drücken, dafür, dass er mich versteht und nicht verurteilt. "Weißt du, mein Kumpel Lance hier hat letzte Woche genau das Gleiche getan. Seit er bei mir eingezogen ist, kommt er gar nicht mehr richtig in die Gänge. Dauernd ist er wegen irgend etwas schlecht gelaunt." Mango legt mir einen Arm auf die Schulter.  Allerdings nehme ich das kaum wahr, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt bin, seine Worte aufzunehmen. Erstaunt sehe ich zu Lance, ihm geht es schlecht?

"Ja, reicht dann auch, Phil. Man, ich bin drinnen." bevor Lance sich allerdings wirklich Richtung Haus bewegt, wirft er mir einen langen Blick zu. "Maya, du solltest diesen Kerl wirklich vergessen, er ist es nicht wert." Er spannt den Kiefer an und trottet dann Richtung Eingang. Mango, aka Phil, sagt etwas zu mir, aber ich lasse seine Worte unbewusst an mir abblättern. Stattdessen kann ich meinen Blick nicht von Lances Rücken abwenden. Er weiß doch, dass ich von ihm gesprochen habe. Was meint er damit?

"Erde an Maya." Phil schnipst vor meinem Gesicht. "Wolltest du nicht tanzen gehen?" Jace, der Kerl der vorhin neben Lance aufgetaucht ist, hat sich zu ein paar anderen Typen gesellt. Irgendwie ist mir die Lust daran, mit meinem neuerworbenen Freund Zeit zu verbringen, vergangen.

"Weißt du was, Mango? Wir sollten uns viel eher noch einen Drink holen." Ich warte seine Antwort nicht ab, stattdessen schiebe ich die Wohnzimmertür auf und begebe mich ins Innere des Hauses. Langsam scannen meine Augen den Raum ab, nach Leuten, die ich kenne. Oder eben auch nicht kenne, wenn ihr versteht, was ich meine. Ich brauche eine Auszeit, eine kurze Auszeit in der ich mir im Klaren darüber werden sollte, was ich hier gerade mache und wie verdammt hirnrissig das ist.

Tja, leider ist es im Augenblick kaum vorstellbar, mir eine vernünftige Auszeit zu nehmen, da es nicht möglich ist, innerhalb einer Minute komplett auszunüchtern. Also mache ich bloß wieder das, was mir am sinnvollsten in meiner momentanen Situation erscheint. Ich bahne mir einen Weg zur Küche durch, um mir noch ein Getränk zu mischen.

my heart I surrenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt