somehow?

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Mia ist an viele Geräte geschlossen. Ihr Gesicht ist bleich und Augenringe verdunkeln ihr Gesicht. Als sie mich sieht, lächelt sie schwach. Ich würde gerne zurück lächeln aber ihr Anblick schockt mich. Meine Eltern hätten doch etwas sagen können. "Mia hat eine Art Trauma von dieser Situation. Bei ihr besteht die Gefahr für eine Panikattacke, deshalb müssen wir sie im Auge behalten. Eine Kamera wird sie beobachten aber keine Sorge, wir hören euch nicht", erklärt mir der Arzt. Ich nicke nur aber schaue dabei die ganze Zeit Mia an. Was hast du gesehen?
Nach einer Weile verlassen alle den Raum und ich und Mia sind nun unter uns. Es herrscht Stille. "Mia geht es sir gut?", frage ich. Ja das ist eine dumme Frage aber ich will eine ehrliche Antwort. "Nein", flüstert sie. Ich strecke meinen gesunden Arm nach ihr aus und nehme ihre Hand. "Was hast du gesehen?", frage ich sie sanft. Ich habe zum Glück nicht viel von dem Ganzen mitbekommen und trotzdem belastet es mich, ich will mir gar nicht erst vorstellen wie es Mia geht. "Da war so viel, so richtig viel Blut. Dann dieser Schuss und wie Steven zusammen gesackt ist", sie schluchzt und ich drücke ihr Hand fester, "ich haben so viele Menschen sterben sehen. Und jetzt sind meine Eltern natürlich auch noch weg. Ich bedeute ihnen nichts. Sie sind nie da wenn ich sie brauche." Ich überlege. Was Mia gerade durchgemacht ist wirklich schlimm. Sie hat so viel gesehen, zu viel gesehen. "Mia es tut mir so leid. Ich verstehe dich. Diese Anblicke sind wirklich schlimm. Besonders wenn man Leute sterben sieht, die man kannte. Aber wenigsten gibt es viele Überlebende. Es gibt uns. Ich weiss es ist schwer momentan alles positiv zu sehen aber wir stehen das gemeinsam durch, dafür gibt es beste Freundinnen." Mia sieht traurig zu mir rüber und deutet auf mein Armband: "Es tut mir leid." Das ist alles was sie sagen kann. Sie hat Recht. Es tut mir auch Leid Steven. Es tut mir Leid das ich noch hier bin und du nicht. Es tut mir Leid das deine Familie jetzt trauern muss. Es tut mir Leid das ich dich nicht abhalten konnte. Ich will weinen aber ich weiss das es nichts ändert. Mia und ich sitzen da. Stille. Ich will nie wieder Stille vernehmen. Stille heisst, dass danach etwas passieren muss um sie zu unterbrechen. Aber ich will nicht das etwas passiert. Sachte lasse ich Mia's Hand los und drehe mich zur Seite. Ich muss versuchen zu schlafen. Es ist der einzige Ausweg.

Am nächsten Tag
Ein Kuss auf meine Stirn trägt mich aus dem Land der Träume und in die Wirklichkeit zurück. Auf meiner Bettkante sitzt meine Mom mit einer Schüssel in der Hand. "Frühstück", grinst sie mich an und überreicht mir die Schale. Joghurt. Ich esse es schnell da ich nicht lange aufgehalten werden will. Plötzlich kreischt Mia neben mir. "OMG, omg, das glaubst du nicht! Y/n das ist der beste Tag meines Lebens", schreit sie laut. Ich sehe sie leicht genervt aber auch fragend an. "Heute kommt Billie Eilish in unser Krankenhaus um die Kinder zu besuche. Omg! Ich kann es nicht glauben. Ich liebe sie. Sie ist mein Idol." Billie Eilish. Ich kenne sie habe aber noch nie ein Lied von ihr gehört. Ich bin kein verrücktes Fangirl. Aber Mia schon. Schon seit etwa einem Jahr schwärmt sie von Billie. Ich freue mich für Mia aber ich werde vermutlich im Zimmer bleiben. "Das beste kommt noch. Sie wird mit jedem von uns, also wirklich jedem einzelnen, reden. Unter vier Augen. Ich glaub es nicht." Ok, jetzt kann ich es vergessen. Dann rede ich halt mit ihr. Abwechslung wird mir schon nicht schaden. "Cool", sage ich nur und fange mir damit einen angepissten Blick von Mia ein. Meine Mom sieht mich verwundert an aber geht dann. Ich nehme meine Kopfhörer und mein Handy. Bevor Billie kommt, will ich wissen mit wem ich zutun habe. Auf Spotify finde ich ein Album von ihr, es heisst "when we all fall asleep, where do we go?" Interessant. Shuffle. Der erste Lied Titel heisst: when the party's over. Ich schliesse meine Augen und vertiefe mich in der Musik.
Es beginnt mit einem sanften Chor aus ihren Stimmen. Es ist wunderschön. Langsam verstehe ich was Mia meint. Danach beginnt sie zu singen. Ihr Stimme ist bezaubernd. Sanft aber trotzdem aussagekräftig. Sie beginnt tief und arbeitet sich geschmeidig in die Höhe. Ich denke an Steven. Als ich auf den Text achte bekommt ich eine Gänsehaut. Steven. Langsam löst sich eine Träne und tropft auf meine Decke. Nein. Ich darf nicht weinen. Nicht hier, nicht jetzt. Später. Ich bemerke wie sich mein Körper langsam entspannt. Sie ist ein Engel. Mein Herz schlägt im Takt der Musik. Langsam. Sanft. Gemütlich. Wie schafft es ein Mensch, ein Mensch den ich nicht kenne, mich so zu verstehen. So als wäre ich nicht mehr alleine. Es fühlt sich an wie eine warme, einladende Umarmung. Billie.
Das nächste Lied heisst I love you.
Es startet mit einer Gitarre die leise und ruhig eine Melodie spielt. Als Billie einsteigt werde ich noch ruhiger. Ich höre nur noch ihre Stimme und meinen Herzschlag. Die Geräusche um mich herum kann ich ignorieren. Die Sirenen sind weg. Der Text. Erneut taucht Steven vor mir auf. Aber auch ich. Ich entdecke mich in ihren Texten. Es fühlt sich so an als würde sie mich kennen. Als wüsste sie wer ich bin, was ich fühle und was ich denke. So als kennt sie all meine Geheimnisse. Wie schaffst du das Billie? Sind wir so gleich oder, oder interpretiere ich das alles nur? Billie?
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen als die Tür auf geht. Und dort steht sie.

My strange addiction (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt