53. Kapitel

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Aus Sophies Perspektive

Ich räkelte mich im Bett. Hm, irgendwie hatte ich echt gut geschlafen. Ich streckte meine Arme nach hinten und stieß gegen einen Widerstand. Was war denn das? Ich öffnete die Augen und schaute mich um. Der Raum kam mir nur sehr vage bekannt vor. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Vorsichtig setzte ich mich auf. Es zog zwischen meinen Beinen. Was war denn das? Ich hob die Decke nach oben und sah dass ein Schlauch aus meinem Netzhöschen heraus ragte. Na toll. Einen Katheter auch noch. Sonst noch irgendwelche Überraschungen? Genervt entfernte ich die Kabel der Überwachung, was natürlich sofort einen Signalton auslöste. Ich hörte schnelle Schritte die näher kamen. Nathan betrat das Zimmer und lächelte mich an. Mit einem Schritt trat er zum Monitor und schaltete ihn aus. Endlich Ruhe!

"Hey, du bist wach. Wie fühlst du dich?" Ich erwiderte sein Lächeln nicht. 

"Kannst du mir das erklären?" Ich deutete auf den Schlauch. "Außerdem hatten wir doch eine klare Abmachung!" Meine Wut stieg langsam an. Nathan trat noch einen Schritt näher und nahm mein Handgelenk. 

"Ich denke ich brauche dir nicht wirklich erklären, warum man einen Katheter bei dieser Art von Eingriff verwendet." Sagte er nonchalant, während er auf seine Uhr schaute und gleichzeitig den Puls maß. "Aber anscheinend geht es dir deutlich besser. Die alte Sophie ist wieder zurück." Er grinste mich breit an. Ich wollte und konnte an dieser Stelle jetzt nicht klein beigeben. 

"Ziehst du mir den jetzt, oder muss ich das selbst machen?" Ich schaute ihn streng  an. 

"Wenn du lieb bitte sagst...morgen vielleicht..." Versuchte Nathan schon wieder mich abzulenken. Das würde dieses Mal definitiv nicht funktionieren. 

"Weißt du Sophie, nach meinem 14 Stunden Tag hätte ich mir auch etwas anderes vorstellen können, als eine nicht kooperative Patientin zu operieren. Die OP ist übrigens gut verlaufen, falls dich das interessiert." 

Mein schlechtes Gewissen klopfte leicht an und ich senkte den vorher noch so provokativ gehobenen Kopf. 

"Nee, nee... Madame, du schaust mich jetzt schön an!" Nathan trat zu mir und hob meinen Kopf an, so dass ich gezwungen war, ihn anzuschauen. Ich wehrte mich kurz dagegen, ließ es dann aber zu. Dieses Machtspiel hätte ich ohnehin verloren. "Die örtliche Betäubung hat nicht funktioniert. Das hast du wegen des Zäpfchens nicht mitbekommen. Ich bin mir außerdem sicher,  dass es dir als traumatisierte Patientin nicht unbedingt gut getan hätte, wenn ich  das ohne Betäubung durchgeführt hätte. Dann wären wir nämlich genau wieder an dem Punkt gewesen, wie in deiner letzten OP. Und so operiere ich nicht! Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich abgebrochen hätte?" Nathans Griff an meinem Kinn verfestigte sich. Ich spürte, dass er gerade sehr stark mit sich rang um die Kontrolle zu bewahren. 

"Nein", flüsterte ich leise. 

"Na also." Er ließ mein Kinn los. Ich drehte kurz den Kopf hin- und her. Nathan wand sich ab und atmete kurz durch. 

"Gut. Also ich musste eine Tasche einlegen, weil das Drüsengewebe schon so angegriffen war. Die kommt dann demnächst wieder raus." 

"Okay..." Sagte ich immer noch kleinlaut. 

"Gut. Dann würde ich sagen packen wir es." 

"Ja, ich freue mich auf mein Bett!" Nathan schaute mich vielsagend an. 

"Du wirst heute definitiv nicht alleine schlafen." Ich verdrehte die Augen. Nathan war schneller wieder bei mir, als ich gucken konnte. 

"Willst du etwa schon wieder widersprechen?" Er funkelte mich an. Ich musste ohne, dass ich es groß kontrollieren konnte grinsen. Ich wusste, dass es gerade echt nicht angebracht war und versuchte an etwas blödes zu denken, biss mir auf die Lippe... aber es brachte alles nichts. Ich konnte nicht anders und platzte heraus mit Lachen. Nathan schaute mich einen Moment irritiert an, dann begannen jedoch auch seine Augen zu funkeln und er lachte mit. Der Spaß weilte allerdings nur kurz, da das heftige Lachen ganz schön in dem frisch operativen Bereich zog. Ich verzog das Gesicht. 

"Kleine Sünden bestraft Gott sofort..." Sagte Nathan. Ich lächelte ihn nur an. Die schlechte Stimmung zwischen uns beiden war gebrochen. 

"Hast du eine Couch?" Fragte ich ihn.

"Hab ich."Sagte er, wieder mit einem Funkeln im Gesicht. 

"Gut, dann wirst du da heute schlafen!" Vorsichtig setzte ich mich auf, während Nathan nur amüsiert das Gesicht verzog. 

Dann mal los." Nathan half mir vorsichtig auf und in die Kleider und befestigte den Urinbeutel an meinem Waden. Noch einmal tauschen wir uns finstere Blicke aus. Er hatte schon wieder gewonnen. 
Nur wenige Minuten später saßen wir in seinem Auto. Spannung und Vorfreude machten sich in mir breit. Auch wenn ich mir unsere erste gemeinsame Nacht etwas anders vorgestellt hatte.  

Teil 3 Herzblatt - Anna und Timo & FriendsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt