Kurz darauf saßen wir schon wieder in seinem Audi und fuhren in Richtung Stadt, oder eher Städtchen. Es war dieselbe Stadt, in der Leo und ich vor Monaten einkaufen waren. Damals war ich gerade dabei gewesen mich für ihn zu erwärmen, ich hätte niemals gedacht, dass ich ihm eines Tages regelrecht verfallen sein würde.
„An was denkst du?“, Leo schielte zu mir hinüber. Ich hatte total geistesabwesend aus dem Fenster gestarrt. Jetzt drehte ich meinen Kopf um ihn anschauen zu können.
„An dich.“, gab ich leise zu und spürte wieder einmal meinen viel zu schnellen Herzschlag nur weil er nach meiner Hand griff und sie festhielt. Ich betrachtete unsere ineinander verschlungenen Hände und musste feststellen, wie gut meine kleine Hand in seine große passte.
Leo führte mich in ein kleines und rustikales Lokal. Es war dunkel und alt. Die Einrichtung bestand aus Tischen und Stühlen, die allesamt aus dunklem Holz bestanden. Die Kerzen und die liebevolle Dekoration verliehen dem Raum allerdings ein gewisses etwas, sodass man sich sofort wohl fühlte. Wir nahmen ungefragt an einem kleinen Tisch Platz und Leo schnappte mir sofort die Karte weg, nach der ich gerade gegriffen hatte. „Hey, ich wollte die lesen!“, beschwerte ich mich und versuchte die Karte zurück zu erobern. „Vergiss es, du isst was ich bestelle!“, grinste Leo und schmiss die Karte auf den Nachbartisch. Ich sah ihn fragend an. „Was für eine Gemeinheit hast du vor?" Leo lachte laut und ich musste feststellen, dass seine Lache ansteckend war. Er lachte überhaupt viel zu selten so richtig, das fiel mir jedoch erst in diesem Moment auf. Als ich in seine strahlenden blauen Augen blickte war es mit meiner Skepsis vorbei, verliebt blickte ich ihn an und kam mir dabei schon selbst dämlich vor. Doch Leo schien es nicht zu bemerken, er gab die Bestellung auf als der Kellner an unseren Tisch kam und ich hing noch immer mit meinen Blicken an seinen Lippen und lauschte seiner rauen Stimme. „Die Muscheln und die Garnelen! Leos Aussage schien erst Sekunden später bis in mein Hirn durchgedrungen zu sein. Entsetzt riss ich die Augen auf und starrte ihn an. "Igitt!“, hauchte ich schließlich. „Probier es doch erst einmal!“ „Ich esse so etwas nicht, niemals!“ „Roxy, sei offen für etwas Neues. Vertrau mir!“ „Na schön!“, geschlagen gab ich nach, doch sicher war ich mir bei der Sache immer noch nicht. Ich aß Fisch, Lachs und solche Sachen, sowie es sich für eine Kanadierin gehörte. Doch Muscheln, dieses widerliche glibbrige Zeugs, aß ich nicht. Als der Kellner meine Cola vor mir abstellte nahm ich sofort ein paar kräftige Schlucke. Schließlich stellte der Kellner eine Platte mit schwarzen Muscheln vor uns ab, die wirklich seltsam rochen, und einen Eimer mit Garnelen. „Die servieren das Essen in einem Eimer?“, fragte ich perplex. Leo lachte erneut und nickte nur. Dann reichte er mir eine Serviette und legte eine Garnele auf meinen Teller. Völlig ungeschickt und unerfahren versuchte ich die harte Schale vom Körper dieses Meerestiers zu bekommen. Eine Weile beobachtete Leo mich belustigt, er hatte schon damit begonnen sein Tier zu verspeisen. „Hör auf so zu grinsen! Wie soll das denn bitte funktionieren?“, fragte ich schließlich und legte das Besteck neben meinem Teller ab. „Da ist man ja verhungert bis man mal etwas davon abbekommt!“ Leo half mir ganz gentlemanlike, nachdem er mich natürlich ausgelacht hatte, dann spießte ich ein kleines Stück auf meine Gabel und nahm es genau unter die Lupe. Ich sah es von allen Seiten an und roch daran. Schließlich schob ich es in meinem Mund und musste feststellen, dass es wirklich super schmeckte. „Und?“, Leo hatte mein Prozedere gespannt beobachtet. Ich nickte jetzt begeistert und schob gleich das nächste Stück in meinen Mund. Nachdem wir den kompletten Eimer Garnelen vernichtet hatten reichte er mir eine Muschel. Er machte es mir vor, ich sollte es nachmachen. Ich beobachtete Leo und stellte fest, dass man dieses glibbrige Zeugs nur aus der Muschel schlürfen und schlucken musste. Also tat ich es und es war schrecklich. Noch niemals in meinem Leben hatte ich etwas so widerliches gegessen. Augenblicklich verzog ich das Gesicht und spülte dieses schleimige Etwas mit meiner Cola hinunter. Leo brach in schallendes Gelächter aus während ich die komplette Cola leer trank und gleich die nächste bestellte. „Das ist ja widerlich!“, hauchte ich schließlich und sah Leo tadelnd an. Er zuckte nur mit den Schultern und schlürfte die nächste Muschel. Angeekelt sah ich ihm dabei zu. „Eines steht fest, ich küsse dich niemals wieder!“, sagte ich schließlich ironisch. „Doch, das wirst du!“, entgegnete Leo ungerührt. Ich wusste, dass er Recht hatte…
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Mein weiter Weg zurück
RomanceDer tödliche Unfall ihres Turnierpferdes Daylight hat in der dreiundzwanzigjährigen Roxy Fleming tiefe Wunden hinterlassen. Sie allein gibt sich die Schuld für den Tod des Pferdes. Um der Ranch ihres Großvaters in Kanada und den Erinnerungen zu entk...