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Lea

Ich ducke mich erschrocken und kann dem Football, der nach mir geworfen wurde, im letzten Moment ausweichen. Das Haus von Kappa Tau Phi ist hell erleuchtet und auf dem Balkon und im Vorgarten tummeln sich eine Menge Studenten, lachen und brüllen sich gegenseitig Beleidigungen zu, von denen die meisten hoffentlich nicht ernst gemeint sind. Es ist ein schönes Backsteinhaus mit einem Balkon in der ersten Etage und einer kleinen Veranda unten. Auch hier hängt eine Fahne mit dem Maskottchen der Uni vom Geländer des Balkons.

Im Vorgarten stehen mehrere Grüppchen und als wir den Weg entlangkommen, sehen sie uns alle an. Ich habe das Gefühl, sie sehen nur mich an und bekomme ganz zittrige Knie. Mein Herz rast heftig, ich war noch nie eine große Partygängerin, was wohl auch an meinen Erfahrungen mit Ians Freunden liegt. Viele meiner Freundinnen vermieden Partys und Alkohol, um nicht in Versuchung zu geraten, den Pakt zu brechen. Ein wenig war das auch mein Grund, aber es gab noch einen anderen. Meine Angst.

»Ian Ward scheint es auf dich abgesehen zu haben«, meint Mandy, eine von meinen neuen Verbindungsschwestern lächelnd, aber den Ausdruck in ihrem Gesicht kenne ich viel zu gut, um nicht zu bemerken, dass ihre Begeisterung nicht echt ist. Ich habe ihn viele Jahre in der Highschool gesehen. Ich versteife mich, ich will einen schlechten Start mit meinen Schwestern gerne vermeiden. Besonders da Ian absolut kein Interesse an mir hat. Er hat den Ball aus Hass nach mir geworfen, um mich zu verletzen, nicht, weil er in irgendeiner Weise Interesse an mir hat.

»Wir waren nicht gerade befreundet«, werfe ich eilig ein, als ich Mandys verführerisches Lächeln bemerke, das sie Ian zuwirft, während wir an ihm vorbei in das Verbindungshaus gehen, aus dem uns laute Technomusik, alkoholgeschwängerte Luft und Gelächter entgegenschlagen. Die Lüge dreht mir den Magen um, aber Lügen ist etwas, das ich in den letzten Jahren perfektioniert habe, obwohl ich es hasse, und ich will mein Zusammenleben mit meinen neuen Schwestern nicht unnötig kompliziert machen. Außerdem bin ich froh, wenn ich Ian nicht sehen muss. Eigentlich wäre es mir lieber, ich müsste ihm gar nicht begegnen.

Besser wäre natürlich, ich müsste gar nicht erst auf diese Party, aber meine Verbindung nimmt es offensichtlich mit den Regeln sehr ernst. Für die Omega Phi Alpha ist die Partnerschaft zwischen den Sportlern und ihrer eigenen Verbindung scheinbar eine der wichtigsten Traditionen überhaupt. Nur zu erwähnen, dass ich lieber nicht mitkommen möchte, hat mir eine Menge lautes Gekreische und einstimmige Entrüstung und die Androhung von Strafe eingebracht.

Ich habe also schon am ersten Tag auf dem Campus lernen müssen, was es bedeutet, in einer Schwesternschaft zu sein. Eine Schwesternschaft, auf die ich gern verzichtet hätte, aber meine Chancen auf eine Profikarriere als Cheerleader sind deutlich größer mit einer Verbindung im Rücken, die mich stärkt und die schon über wichtige Kontakte verfügt. Und ich will jede Chance nutzen, will dass sich mein Training gelohnt hat, all die Arbeit, die Wettkämpfe. Ich brauche das hier, weil es mir dabei hilft, mich sicher zu fühlen. Es gibt mir Halt und bringt mich vielleicht weit weg von Ian und River Falls. Ich kann ihn nicht ewig von seinem Zuhause fernhalten.

»Oh man, ich hoffe, das ist nur Wasser, das sie hier verdampfen«, stößt Liz aus und hakt sich bei mir unter. »Letztes Jahr hat irgendein Spaßvogel Drogen in die Nebelmaschine gegeben. Die Party ist total aus dem Ruder gelaufen. Danach hätte die Verwaltung die Bruderschaft fast verboten. Dass es sie noch gibt, haben sie nur dem Einfluss einiger sehr berühmter, älterer Mitglieder zu verdanken.«

Mein Nicken ist nur beiläufig, denn eigentlich interessiert mich Tratsch wenig, besonders wenn es um die Dinge geht, die Ian in den Jahren angestellt hat, in denen er nicht in meiner Nähe war.

Ich lasse mich von Liz in das Wohnzimmer des Hauses ziehen, wo alle Möbel an die Wände geschoben worden sind, um in der Mitte Platz für eine Tanzflächen zu schaffen. Ein paar Gäste tanzen schon, ein leicht bekleidetes Mädchen sogar auf dem Tisch, aber die meisten anderen sitzen oder stehen in Gruppen um die Tanzfläche herum und halten rote Plastikbecher in ihren Händen.

The Distance between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt