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Ian

Seit diesem Abend am See sind ein paar Tage vergangen. Heute ist Donnerstag und morgen ist das Elternwochenende. Ich weiß nicht, ob Lea sich von mir zurückgezogen hat, oder ob es sich für mich nur so anfühlt. Aber wenn wir die Nachmittage gemeinsam im Café verbringen, konzentriert sie sich einzig auf ihre Arbeit, schenkt mir nur hin und wieder ein Lächeln und beobachtet mich, wenn sie glaubt, dass ich es nicht bemerke. Jeden Abend fahre ich sie nach Hause, dann unterhalten wir uns noch eine Weile über alles Mögliche. Sie erzählt mir von River Falls und ich erzähle ihr von meiner Mutter und meinem Bruder. Aber wir küssen uns nicht mehr. Berühren uns nicht mehr. Und das, obwohl mich die Sehnsucht nach ihr innerlich auffrisst.

»Und Lina?«, frage ich sie neugierig.

»Sie geht auf die NYU.« Lea zeigt mir auf ihrem Handy ein paar Fotos auf dem Facebookprofil von Lina, eine der Cheerleaderinnen, die in ihrer Klassenstufe waren.

»Wen haben wir vergessen?«, will ich wissen und grinse, weil wir beide wissen, dass wir das hier nur tun, um nicht darüber nachdenken zu müssen, was wir eigentlich tun möchten. Also reden wir über gemeinsame Freunde und Mitschüler.

»Und du?«, frage ich sie.

»Was soll mit mir sein?« Sie sieht mich überrascht an.

»Es sind zwei Jahre vergangen, vielleicht haben sich deine Pläne geändert und du bist nur noch immer Cheerleader, weil du glaubst, dass es von dir erwartet wird.«

Sie schüttelt lachend den Kopf, dann sieht sie mich aufmerksam an. »Ist das bei dir so? Möchtest du kein Profi mehr werden?«

»Doch, will ich.« Meine Antwort ist knapp, weil ich an meinen Plänen nie Zweifel hatte. Das wird sich wahrscheinlich auch erst dann ändern, wenn ich keine Chance bekomme. »Aber ich habe mittlerweile einen Notfallplan«, sage ich grinsend, weil ihr immer wichtig war, dass ich einen habe. Nur für den Fall, dass meine Wünsche sich nicht erfüllen.

»Oh, und der wäre?« Sie klingt erfreut und so sieht sie auch aus.

»Sportjournalist.«

Sie reißt die Augen auf. »Ian, das ist super. Ich freu mich für dich.«

»Und dein Notfallplan?«

»Noch immer Theaterwissenschaften.«

Ich nicke. »Unverändert.« Ich wende mich ihr zu. »Du hast mit mir nie über Trevor gesprochen, Warum er?«, frage ich sie und kann zusehen, wie ihr Gesicht sich verändert, jedes Lächeln daraus verschwindet und sich ihr Körper anspannt. Sie verschränkt die Finger in ihrem Schoß, dann lockert sie sie wieder und beginnt, an ihren Nägeln zu zupfen.

»Lass uns lieber nicht über Trevor reden«, sagt sie flüsternd.

»Mochtest du ihn?«

»Für einen kurzen Moment«, ist ihre knappe Antwort, dann sieht sie zum Seitenfenster raus und versteckt ihr Gesicht vor mir.

»Okay, dann lass uns über unseren Kuss reden. War das für dich nur ein Ausrutscher?«

Ihr Kopf zuckt herum und ihr Mund klappt auf. »Wie kommst du darauf?«

»Weil wir seit vier Tagen jeden Tag in diesem Auto sitzen und es vermeiden, darüber zu reden oder uns zu küssen.« Sie presst die Lippen zusammen. »Es liegt an Liz«, sage ich.

Sie sieht mich erstaunt an, nickt dann aber. »Wir können das nicht tun, wenn du und sie ein Paar seid.«

»Was nicht tun?«, hake ich nach und lache leise.

The Distance between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt