Ian
Ich klopfe an Leas Tür, eine Premiere für mich, denn früher habe ich das nie getan. Nicht als wir Kinder waren und schon gar nicht später, als ich sie wie meine persönliche Haussklavin behandelt habe, nur um sie auf Abstand zu halten und dafür zu bestrafen, dass sie unsere Freundschaft beendet hat. Und weil ich mit meinen eigenen Gefühlen für sie nicht klarkam.
Ich öffne die Tür und trete ein, bleibe aber in der Nähe der Tür stehen, denn Lea liegt mit einem Buch in der Hand auf ihrem Bett. Und Lea und Bett sind für mich im Moment eine schlechte Kombination.
»Ian«, sagt sie überrascht.
»Ich wollte nur danke sagen, weil du vorhin alle von meiner miesen Laune abgelenkt hast.«
»Und das habe ich getan, obwohl niemand hier dich anders als mies gelaunt kennt«, sagt sie und lacht.
»Ja«, stimme ich ihr zu und lasse meinen Blick über ihre Beine gleiten, die jetzt noch nackter sind, weil dieses Hosen/Kleid-Ding ganz nach oben gerutscht ist. Ich verziehe das Gesicht und sehe genervt weg. »Du solltest so was wirklich nicht anziehen.«
Sie sieht an sich runter. »Wieso?«
»Weil du es mir damit nicht leichter machst.«
Sie zupft an dem Teil rum und zieht es über ihre Oberschenkel nach unten. »Oh«, sagt sie. »Es ist von Penny. Sie wollte, dass ich etwas »Feminineres« anziehe, also hat sie mir Sachen für die Tage nach der Hochzeit mitgegeben.« Sie macht mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, als sie Feminineres sagt und grinst. »Es ist doch nicht viel anders als das, was ich auf dem Feld trage«, verteidigt sie sich.
Ich fahre mir durch die Haare. »An das Eine bin ich gewöhnt, das Andere nicht. Vielleicht drehe ich auch einfach nur gerade durch. Lass uns was zusammen machen. Raus hier. Ins Pub«, schlage ich vor, denn ich will wirklich für ein paar Stunden aus diesem Haus raus.
Lea schüttelt den Kopf und senkt den Blick. »Lieber nicht. Ich bleibe lieber hier. Morgen geht es früh los«, meint sie.
Eigentlich hat sie recht, aber mein Drang, hier zu verschwinden, ist doch größer, also nicke ich ihr zum Abschied zu und fahre mit dem Pick-up in die Stadt runter in das Pub, in dem wir uns früher oft mit den anderen getroffen haben. Ich nehme den Pick-up, weil ich dann nicht in die Versuchung komme, zu viel zu trinken. Das ist mein Entgegenkommen für Lea. Mehr kann ich ihr im Moment nicht geben.
»Einen Pitch und ein Glas«, sage ich zu dem Mädchen hinter der Bar.
»Mach zwei Gläser draus«, sagt jemand neben mir. Trevor. Verdammt. Von allen, die ich hier hätte treffen können, treffe ich ausgerechnet ihn.
»Du sitzt nicht im Knast«, sage ich zu ihm. Eine Feststellung, keine Frage.
»Weil ich einen Porno rumgeschickt habe? Ist ja nicht so, als hätte Stella nicht mitgemacht.« Trevor grinst breit, nimmt den Pitch und die Gläser und geht an einen Tisch in der hintersten Ecke.
»Sie war völlig weggetreten«, sage ich und setze mich zu ihm. Eigentlich habe ich keine Lust, mich mit Trevor zu unterhalten, aber ich will auch noch nicht wieder zurück. Ein paar Bier brauche ich, sonst mache ich heute Nacht kein Auge zu, im Wissen, dass Lea nur eine Tür weiter schläft. Und Trevor und ich müssen ja nicht wieder Freunde werden, nur weil wir hier sitzen und uns unterhalten.
»Als wir angefangen haben nicht.«
»Das war abgefuckte Scheiße«, sage ich vorwurfsvoll.
»Ich weiß. Dein Vater hat mich vor Gericht rausgehauen, deswegen hab ich nur Bewährung bekommen, wegen der Sache mit dem Video. Lass uns über was anderes reden.«
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The Distance between us
RomanceDie letzten beiden Jahre hat Lea damit verbracht zu vergessen, sich selbst einzusperren und gegen ihre Ängste anzukämpfen. Jetzt soll sich alles ändern. Leas erstes Semester am College beginnt und sie verspricht sich selbst, dass sie ab sofort das L...