6. Kapitel - Oh Julia!

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Gerade träumte ich etwas seltsames von Kathi, Vani und mir, das wir Wölfe waren, als plötzlich helles Licht in mein Zimmer schien. Ich verdeckte meine Augen mit den Händen und murmelte: Was ist denn jetzt los?

Schatz es ist Zeit zum Aufstehen! Es ist Viertel nach Acht! Ich öffnete blinzelnd die Augen und sah meine Mutter an meinen Fenster stehen. Sie hatte die Gardienen zu Seite gezogen und grinste mich jetzt an.

Wieso bist du noch hier? fragte ich müde, während ich mich langsam aufsetzte und mich fragte, wieso meine Mutter so gute Laune hatte.

Die Firma hat mir eine neue Stelle als landesweite Koordinatorin der Verkäufe angeboten! Meine Mutter strahlte mich an und setzte sich auf die Bettkante. Eigentlich wollte ich es dir gestern Abend schon gesagt haben, aber du hast tief und fest geschlafen. Stell dir das mal vor! Wir beide in New York City! Ist das nicht unfassbar? Sie nahm meine Hände und stirch darüber. Ihr ganzes Gesicht leuchtete förmlich, so sehr freute sie sich.

Ich riss meine Hände aus ihrem Griff und starrte sie entgeistert an: Was?! Soll das ein schlechter Scherz sein? Ich bin in meinem letzten Schuljahr Mum! Ich kann jetzt nicht ans andere Ende des Landes umziehen! Mein Bewusstsein war hellwach und die Kopfschmerzen- die der Kater verursacht hatten- waren so gut wie verschwunden. Dennoch beschwerte sich ein Teil, das ich jeden Tag so unsanft aus meinen Träumen gerissen wurde. Gestern hatten wir verschlafen und jetzt verkündete meine Mutter mir, das wir umziehen sollten?! Niemals.

Das Lächeln meiner Mutter verschwand und sie sah mich an:Verstehst du denn nicht, dass das eine einmalige Chance für mich ist? So eine Stelle bekommt man nur einmal im Leben angeboten!

Ich lehnte mich an das Kopfende meines Bettes und schloss einen Moment die Augen, während ich überlegte. Ich musste versuchen ruhig zu bleiben. Sonst kamen wir zu keiner guten Entscheidung:Kannst du die Stelle denn nicht erst in einem Jahr annehmen? Oder von hier aus arbeiten? Meine Augen öffneten sich und bittend sahen sie meine Mutter an.

Sie meinten ich müsste mich jetzt entscheiden. Bedauernd sah meine Mutter mich an. Tut mir leid Spatz, aber ich hab schon zugesagt. Das darf ich mir nicht entgehen lassen...

Ich sah sie an und wusste, das sie wirklich schon zugesagt hatte, ohne mich vorher gefragt zu haben. Ich war echt enttäuscht, denn ich hatte immer gedacht, dass meine Mutter jemand war, der jede große Entscheidung mit mir zusammen traf. Das sich mich mit einbezog und mir vertraute. Vertrauen war das wichtigste seid wir nur noch zu zwei waren. Doch anscheinend hatte ich mich geirrt. Ohne noch etwas zu sagen stand ich auf, ging zu meinem Kleiderschrank, öffnete ihn und zog Klamotten heraus. Ohne ein weiteres Wort lief ich, vielleicht mit einem etwas zu heftigen Schritt ins Bad. Dort duschte ich mich, zog mich anschließend an und lief, ohne meine Mutter, die immer noch am Rand meines Bettes saß, eines Blickes zu würdigen, die Treppe herunter.

Ich hörte wie sie ebenfalls herunter ging und sich hinter mich stellte. Hör zu Soph. Ich weiß dass das ein Schock ist, aber du musst doch verstehen das- begann sie, doch ich unterbrach sie, indem ich herumwirbelte und sie wütend ansah. Ich hatte genug um die Ohren und konnte nicht auch noch damit umgehen, dass meine Mutter mit mir als andere Ende des Landes ziehen wollte: Ich muss verstehen? Ich muss gar nichts! Hast du überhaupt eine Sekunde lang über die Folgen, die diese neue Stelle für mich hat, nachgedacht? Mag sein, dass das ein Once-In-A-Lifetime-Job ist, aber du hast eine Tochter auf die du Rücksicht nehmen solltest! Ich sah sie mit verschränkten Armen an.

Als meine Mutter Versuche unternahm, mich zu beruhigen, hörte ich nicht zu und nahm mir etwas Obst, stopfte es in meine Tasche und sagte dann tonlos: Schönen Tag Mum. Mit diesen Worten ließ ich sie stehen und machte mich auf dem Weg zur Schule. Als ich zu meinem Fahrrad wollte, fiel mir ein, dass es immer noch bei Kathi stand. Mich selbst verfluchend ging ich zu Fuß zur Schule.
Noch während ich ging wurde mir klar, dass ich vielleicht zu heftig reagiert hatte, aber ich fand es unglaublich, dass sie diese Stelle einfach angenommen hatte, ohne mich zu fragen.

MoonshadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt