9. Kapitel - Das Neue Ich

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Oh mein Gott. Was ist grade passiert? Meine Gedanken tönten seltsam in meinem Kopf so als ob plötzlich nichts mehr dort war, abgesehen von diesem Gedanken.

Fassungslos sah ich immer noch auf mein Spiegelbild. Oder das, was es eigentlich sein sollte. Als ich mich darauf konzentrierte, erkannte ich, dass mir grüne Augen, grüner als sie es gewöhnlich waren, entgegen sahen. Sie stachen aus meinem weißen Fell hervor. Es war so weiß, wie die Schneeflocken die langsam auf den Boden sanken. Erst jetzt merkte ich, das es erneut begonnen hatte zu schneien.

Ich blinzelte und drehte mich langsam um. Es war völlig ungewohnt auf allen Vieren zu gehen, weshalb ich mich nur ganz langsam bewegte.

Als ich einen Ast knacken hörte, sprang ich herum konnte aber nichts erkennen. Eine Pfote vor die andere setzend machte ich mich auf die Suche nach dem Ursprung dieses Geräuschs. Je näher ich kam, desto mehr spannte ich mich an. Schließlich hörte ich erneut ein Knacken gefolgt von einem leichten Wimmer. Meine Ohren drehten sich ganz automatisch in die Richtung aus der das Geräusch dieses Mal kam. Mit wachsendem Selbstvertrauen schlich ich nach rechts, wo ich, zu meiner Überraschung, einen weiteren Wolf sah, das sich um sich selbst drehte und verzweifelt aussah.
Ob das auch ein Werwolf ist? Fragte ich mich. Als ob der Wolf noch gehört hätte, drehte er sich und sah mich mit aufgerissenen Augen an. Der Wolf hatte tiefschwarzes Fell. Einzig seine Pfoten waren weiß, sodass es wegen dem Schnee so aussah, als ob er bis zu der Hälfte seiner erstaunlich langen Beine im Schnee stand.

Seine Augen drückten tiefes Erstaunen und gleichzeitig auch Entsetzen aus. Langsam kam ich näher und versuchte beruhigend zu wirken. Schon im ersten Moment, in dem ich den zweiten Wolf gesehen hatte, hatte ich gewusst, dass er sich so wie ich heute zum ersten Mal verwandelt hatte.
Was geschieht mit mir? Schien der Wolf mich zu fragen. Als Antwort schüttelte ich sachte den Kopf. Ich hatte nur eine Ahnung, die sich langsam in meinem Kopf formte, die ich aber einfach nicht glauben konnte. Ich setzte mich in Bewegung und als ich meine Kopf wandte, erkannte ich, das der Wolf mir folgte. Immer sicherer auf meinen Pfoten ging ich zunächst gen Norden, tiefer in den Wald. Sobald ich spürte, das ich immer sicherer wurde, verfiel ich in eine Art Joggen. Oder zumindest hätte ich es so bezeichnet wenn ich noch ein Mensch gewesen wäre. Es wunderte mich sehr, das ich nicht total ausflippte. Das einzige, was ich ich gerade wusste, war, dass es nicht normal war, wie gut ich mich bereits nach wenigen Momenten auf allen Vieren bewegen konnte.

Immer weiter lief ich, bis ich schließlich rannte. Alles was ich sah, waren die wirbelnden Schneeflocken über all um mich herum und die Bäume die um mich herum standen. Das einzige Geräusch das ich vernahm war das leise Knirschen meiner Pfoten und dem von dem Unbekannten Wolf und die fast unhörbaren Atemgeräusche von uns. Meine Gedanken flogen wild umher und immer deutlicher wurde das Gefühl, dass das hier der Teil von mir war, von dem ich immer gewusst hatte, das er fehlte.

Als ich einen betörenden Geruch vernahm, blieb ich plötzlich wie angewurzelt stehen. Der Wolf schloss zu mir auf und gemeinsam hoben wir witternd unsere Schnauzen in die Luft. Wir blickten uns kurz an, bevor wir losrannten als wäre der Teufel hinter uns her. Wie ein Automatismus, über den ich keinerlei Kontrolle hatte. Nach ungefähr zehn Minuten Sprint, waren wir an dem Rand eines kleinen Dorfes angekommen. In einem einzigen Haus schien Licht und dort hörten wir, wie eine Mutter ihre Kinder ausschimpfte, weil sie sich ihre Finger eingeklemmt hatten, nachdem sie versucht hatten Holz für den Kamin herein zu tragen.

Ihre Finger bluteten. Der betörende Geruch stammte von ihrem Blut.

Fasziniert sahen wir durch das Fenster auf die Hände der Kinder die blutüberströmt waren.

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